Ein Sträßchen in Waldenbuch wird 2018 ausgebaut. Doch wer dies bezahlen soll, ist nach wie vor ungeklärt. Die Hauseigentümer dort sehen den Langen Trieb als historische Straße, welche die Stadt auf eigene Kosten sanieren muss. Die Stadt sieht es anders...

Waldenbuch - Die Stadt Waldenbuch setzt den Schlusspunkt hinter die jahrelangen Diskussionen um den Ausbau der Straße „Langer Trieb“ im Stadtteil Glashütte. Die Ausschreibung läuft, im Frühjahr 2018 sollen die Arbeiten beginnen. Die Zeit drängt. Kaum ist ein Loch geflickt, gibt es anderswo ein neues. „Die Straße ist ein Ärgernis für alle Nutzer. Sie muss erneuert werden“, stellt Werner Kiedaisch, der Kämmerer der Schönbuchstadt, fest.

 

Das sehen auch die Eigentümer so, die entlang der Holperstrecke eine Immobilie besitzen. Ansonsten aber hält sich ihre Begeisterung für das Projekt in Grenzen. Denn nach wie vor ist nicht geklärt, ob die Stadt den Hausbesitzern Erschließungsbeiträge in Rechnung stellen kann. Im Rathaus sieht man die Anlieger in der Pflicht. Diese wiederum haben sich jetzt zu einer Interessensgemeinschaft zusammengeschlossen und wollen beweisen, dass die Stadt die Kosten tragen muss.

Die Rechtslage ist kompliziert

Alles dreht sich um die Frage, ob die 150 Jahre alte Wegverbindung als historische Straße eingestuft werden muss. Wäre das der Fall, handelt es sich um eine Sanierung und die Stadt müsste die Ausgabe schultern. Ist der Ausbau allerdings als erstmalige Herstellung der Straße zu bewerten, sind die Anwohner an den Erschließungskosten zu beteiligen. Einen Bebauungsplan für das Gebiet gibt es nicht. Bei der Klärung der Sachlage lässt sich die Kommune deshalb durch ein Stuttgarter Fachbüro beraten. „Wir haben hier keinen Ermessensspielraum und müssen uns nach den Vorgaben richten“, betont der Sprecher der Stadt.

Die Rechtslage ist kompliziert. Entscheidend ist unter anderem, ob die Gebäude als zusammenhängendes Gebiet vor der Baurechtsreform von 1873 errichtet wurden. Die externe Fachanwältin kommt zu dem Ergebnis, dass dafür keine ausreichenden Hinweise vorliegen. Bei einer Informationsveranstaltung Mitte September im Waldenbucher Rathaus hat sie ihre Expertise vorgestellt. Die Eigentümer aber blieben skeptisch. Sie setzten sich zusammen, bestimmten Boris Manns zu ihrem Sprecher und stellten eigene Recherchen an.

Die Anwohner sagen, sie haben Belege gefunden

Jetzt liegen die Ergebnisse vor. „Eine Reihe von Nachbarn hat Belege dafür gefunden, dass ihre Häuser deutlich älter sind als zunächst angenommen“, berichtet Manns. Alte Sockelsteine über der Tür, Dachziegel mit eingravierter Jahreszahl oder Pläne der Vorbesitzer sollen als Nachweis dienen. „Wir haben alles zusammengetragen und die Materialien zur Prüfung an die Stadt übergeben“, sagt Boris Manns. Schließlich geht es um viel Geld. Wie hoch die Erschließungsbeiträge liegen, steht zwar erst nach Ende der Ausschreibung fest. Mit einer fünfstelligen Summe pro Partei muss aber wohl gerechnet werden.

Ob die Anwohner mit ihrer Eingabe Erfolg haben, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. „Die Kanzlei prüft jetzt, ob die vorgelegten Indizien für die Bewertung der Sachlage relevant sind“, sagt Werner Kiedaisch. Unabhängig davon sollen im Dezember die Aufträge für den Ausbau der Straße vom Gemeinderat vergeben werden. Für die Kanalarbeiten ist ein Budget von 195 000 Euro vorgesehen, in die Wasserversorgung sollen 180 000 Euro fließen und 356 000 Euro fallen in die Rubrik Untergrund und Straße.

Bleiben die Experten dabei, dass sich die Bürger an den Kosten beteiligen müssen, wird eine Hochrechnung für die einzelnen Grundstücke erstellt. „Wir legen den Eigentümern dann Anfang nächsten Jahres ein Ablöseangebot vor, das ihnen Kostensicherheit gibt und in der Regel günstiger ist, als es die Abrechnung der tatsächlichen Kosten wäre“, stellt der Kämmerer in Aussicht.

Die Familien wollen weiter kämpfen

Die betroffenen Familien sind damit nicht zufrieden und wollen weiter kämpfen. Hoffnung setzt man auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf, das in einem ähnlich gelagerten Fall zu dem Schluss kam: „Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss ein Grundstückseigentümer klar vorhersehen können, ob er für sein Grundstück (noch) kommunale Abgaben bezahlen muss. Eine solche Vorhersehbarkeit ist nicht mehr gegeben, wenn die Stadt mehr als 30 Jahre nach der für den Grundstückseigentümer äußerlich erkennbaren vollständigen technischen Herstellung einer Straße Erschließungsbeiträge erhebt.“

Ob das Urteil aus Nordrhein-Westfalen auch Einfluss auf die Situation in Waldenbuch hat, bleibt abzuwarten und wird vor allem im Stadtteil Hasenhof mit Spannung verfolgt. Denn dort wartet mit der Lindenstraße bereits der nächste Sanierungsfall auf die Klärung der Frage, ob die Eigentümer für den dringend notwendigen Ausbau Erschließungsbeiträge zahlen müssen.