Waldenbuch im Kreis Böblingen war mehrere Jahre lang Energiesparstadt. Doch ein knappes Jahr nach dem Aus beim European Energy Award ist in der Schönbuchstadt von den ambitionierten Zielen nicht mehr viel zu spüren.

Waldenbuch - Der Jubel in der 3000-Seelen-Gemeinde Hattenhofen war groß. Zum zweiten Mal ist der Ort zwischen Kirchheim/Teck und Bad Boll jetzt mit dem European Energy Award (EEA) ausgezeichnet worden und hat damit bewiesen: Auch kleine Kommunen können beim Klimaschutz Großes leisten. In Waldenbuch lösen solche Nachrichten Katerstimmung aus. Dort war man hoch gesprungen – und hart gelandet. Im vergangenen Jahr hat die Kommune den Award wieder verloren. Seitdem hat sich nicht mehr viel bewegt.

 

Das Ende kam abrupt. Im Sommer 2018 hatte das EEA-Büro in Berlin den vorzeitigen Schlussstrich gezogen, nachdem erkennbar war, dass der politische Wille zur Teilnahme am Programm in der Kleinstadt im Aichtal erlahmt war. „Wir haben dadurch viele Chancen verpasst“, sagt Manfred Buddrus. Er hatte den Prozess in Waldenbuch maßgeblich begleitet und stellt nun fest: „Mittlerweile haben uns andere Kommunen deutlich überholt.“

Nicht am Ball geblieben

Was also ist geblieben von den ambitionierten Zielen, mit denen das Waldenbucher Energieteam 2012 angetreten war? „Wenn man sich unser Leitbild und das energiepolitische Arbeitsprogramm ansieht, ist nicht mehr viel übrig“, resümiert Manfred Buddrus. Ein paar gute Projekte seien angestoßen worden, aber an den großen Rädern habe man nicht gedreht. „Steter Tropfen höhlt den Stein, und wir sind nicht lange genug am Ball geblieben“, lautet sein Fazit.

Ein Beispiel hat Buddrus parat: den Bürgerbus, der seit März 2018 in der Stadt seine Runden dreht. „Die Idee ist gut, aber dass man für die Touren einen alten Diesel einsetzt, hätte es als Award-Kommune sicher so nicht gegeben“, sagt er. Trotzdem ist der Mitinitiator des Waldenbucher EEA-Prozesses nicht unzufrieden: „Die Stadt hat sich verändert. Das Bewusstsein für den Klimaschutz ist gestiegen.“

Vom Geist des Awards ist nicht mehr viel da

Eine erhöhte Sensibilität für Energiethemen und den Umweltschutz nimmt auch Ralph Hintersehr wahr. Der Waldenbucher Hauptamtsleiter ist davon überzeugt, dass die Jahre als Energiesparstadt deutliche Spuren hinterlassen haben. „Dazu gehören die jährlichen Energiebilanzen für die städtischen Immobilien ebenso wie unser neues Nachhaltigkeitsbüro“, lässt er wissen. An die Stelle des Awards seien punktuelle Projekte getreten, wie zum Beispiel die Installation einer Strom-Ladesäule auf dem Hallenbadparkplatz oder eine gemeinsame Themenwoche zur „Biodiversität“ mit der Firma Ritter, die vom 6. bis 10. Mai 2019 stattfinden soll. Für Ralph Hintersehr steht deshalb fest: „Die Grundgedanken des EEA werden weiterverfolgt.“

Das mag im Hinblick auf die städtische Verwaltung stimmen, doch für die Bürger ist es schwieriger geworden, Anknüpfungspunkte zu finden. Nachdem das Energiebüro am Marktplatz geschlossen wurde, haben die Ehrenamtlichen der Lokalen Agenda die Rolle des Ansprechpartners übernommen. Karlheinz Roth koordiniert die Aktivitäten und kommt zu dem Ergebnis: „Bei den Energiethemen sind wir in Waldenbuch derzeit etwas schwach auf der Brust.“ Vom Geist des Energy Awards sei nicht mehr viel geblieben.

Die Stadt ist nicht mehr beteiligt

Das Team der Lokalen Agenda besteht aus sechs Personen und konzentriert sich darauf, die Bevölkerung mit einzelnen Veranstaltungen zu informieren. „Wir planen Abende zu den Themen Lichtverschmutzung, Schadstoffmessungen und Fotovoltaik“, sagt Karlheinz Roth. Auch ein Mobilitätskonzept ist derzeit in Arbeit. All diese Projekte haben eines gemeinsam: Die Stadt ist daran nicht beteiligt. „Seit dem Ende des Awards gab es keine gemeinsamen Aktivitäten mehr“, berichtet Roth.

Aus Hattenhofen hört man dazu ganz andere Töne. „Wir ziehen hier alle an einem Strang“, sagt Bürgermeister Jochen Reutter. Sein Ziel ist klar definiert: „Wir möchten irgendwann gern den Award in Gold erreichen.“ Treibende Kraft in der Voralbgemeinde sind der Schultes und sein Hauptamtsleiter. „Das ist mir ein Herzensanliegen. Ich bin überzeugt, so wie wir momentan leben, hat das auf Dauer keine Perspektive“, sagt Jochen Reutter und liefert das Rezept für den Erfolg gleich mit: „Man muss einfach an der Sache dranbleiben.“