Wachstum um jeden Preis? Diese kritische Frage kam bei der Einwohnerversammlung in Waldenbuch auf. Nicht alle Bürger befürworten neue Baugebiete. Die Stadt wiederum sieht sich im Wettbewerb mit anderen Kommunen.

Waldenbuch - Zweieinhalb Stunden hatten Stadtverwaltung und Experten am Mittwochabend die Bürger bei der gut besuchten Einwohnerversammlung im Forum der Oskar-Schwenk-Schule informiert, hatten über Digitalisierung, Altstadtsanierung und Hochwasserschutz gesprochen – da blies zum ersten Mal heftiger Gegenwind in Richtung Podium. Der Grund: zwei neue geplante Baugebiete in der Kommune.

 

Da ist zum einen „Liebenau VII“. Dem Entwurf hatte der Gemeinderat Ende Februar zugestimmt. 46 Wohneinheiten sollen entlang der in Richtung der Straße Am Waldrand verlängerten Schillerstraße entstehen. Im Moment ist hier noch eine Wiese, es wachsen Bäume.

Objektive Argumente oder purer Egoismus?

„Das Gebiet hat eine sehr hohe Bedeutung für Pflanzen, Tiere, das Klima und das Landschaftsbild“, sagte Hubert Rüdenauer, ehemaliger Hauptamtsleiter und Gegner des Bauprojekts, und bezog sich auf Aussagen im Flächennutzungsplan, die eine „hohe Beeinträchtigung“ befürchten. Etliche Bürger seien dagegen. „Purer Egoismus“, warf daraufhin ein anderer Bürger Rüdenauer vor, ihm gehe es nur um den Verkehr vor der eigenen Haustür. „Es gibt keinen Grund, das Gebiet abzulehnen“, sagte der Bürger. Dies wiederum ließ ein anderer Waldenbucher nicht so stehen: „Es ist unpassend, mit persönlichen Anschuldigungen vorzugehen, als Gegner habe man objektive Argumente.“

Kritik vom Publikum kam an einem weiteren geplanten Baugebiet. Dieses läuft unter dem Namen „Erweiterung Nord“ und soll auf 4,1 Hektar neue Wohnhäuser östlich der Echterdinger Straße direkt im Anschluss an die bestehende Bebauung bringen. „Wir haben uns wegen der Erschließung zur Echterdinger Straße hin für eine Brückenkopflösung entschieden“, sagte Michael Lutz. Das erlaube eine perspektivische Planung in Richtung des Wohngebiets Gänsäcker/Kühäcker. „Angst, dass wir schon bald zum Hasenhof aufschließen, muss jedoch niemand haben“, so der Bürgermeister, „das braucht noch einige Generationen“.

Waldenbuch sei noch zurückhaltend

Doch auch die Bebauung dieser Fläche ist umstritten. „Eine Initiative von 35 Anwohnern ist gegen diese Planung“, sagte Roland Buchmaier. Sie schlagen das Gebiet östlich der Hasenhofstraße für eine Wohnbebauung vor – „wie schon in einem alten Flächennutzungsplan verzeichnet“, so der Ingenieur. Dadurch wäre eine echte Arrondierung möglich, auch der Kalkofen mit Geschäften und Schule sei näher. „Unsere Kritik an den aktuellen Planungen wurde nicht widerlegt, sondern bagatellisiert“, warf Buchmaier der Stadtverwaltung vor. Das sei keine ehrliche und transparente Vorgehensweise und enttäusche ihn, ergänzte der Waldenbucher. „Wollen wir Wachstum um jeden Preis?“, so stellte Buchmaier die Flächenpolitik grundsätzlich infrage.

Angesichts der Kritik betonte Lutz mehrfach, dass man sich in Waldenbuch im Vergleich mit anderen Kommunen beim Flächenverbrauch zurückgehalten habe. „Aber“, machte sich Lutz für die Baugebiete stark, „wir stehen im Wettbewerb“.