Der Hohnloher Hersteller von explosionsgeschützten Schaltschränken bleibt eigenständig. Die Eigentümerfamilien ließen sich nicht zu einem Verkauf ihrer Aktien an das Detmolder Familienunternehmen Weidmüller verlocken.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die hartnäckig verfolgten Pläne des Elektrotechnikspezialisten Weidmüller zur Übernahme der Waldenburger R. Stahl AG sind geplatzt. Das Unternehmen aus Detmold konnte sich nur Aktien im Wert von etwas mehr als 17 Prozent des Grundkapitals beschaffen. Damit blieb Weidmüller weit hinter seinem Ziel zurück, sich mehr als die Hälfte der Anteile an dem Hohenloher Hersteller von Anlagen und Komponenten für den Explosionsschutz zu sichern. Bis zuletzt hatte sich Weidmüller optimistisch gezeigt, durch ein verbessertes Angebot genügend Aktionäre auf seine Seite ziehen zu können. Die Frist für das Übernahmeangebot war in der Nacht zum Mittwoch ausgelaufen.

 

Nach dem gescheiterten Übernahmeversuch erklärte der Vorstandsvorsitzende von R. Stahl, Martin Schomaker, dies sei eine gute Nachricht „für unsere Aktionäre, Mitarbeiter und Kunden“. Die Eigentümerfamilien hätten zu ihrem Unternehmen gestanden, in der Belegschaft mache sich Erleichterung breit. Von Anfang an sei klar gewesen, dass die Familienstämme Stahl und Zaiser ihre Anteile nicht verkaufen würden. Weidmüller hatte dagegen darauf gehofft, die Abwehrfront der Familien aufbrechen zu können. Die Familien hatten vor dem Angebot etwas mehr als 50 Prozent der Aktien an R. Stahl gehalten, inzwischen liegt ihr Anteil bei rund 55 Prozent. Schomaker sagte, für ihn sei schon frühzeitig klar gewesen, dass das Detmolder Unternehmen auch bei den freien Aktionären nur wenig Chancen habe.

Peter Köhler, der Vorstandsvorsitzende von Weidmüller, erklärte, der Wunsch der Aktionäre nach einer Veränderung bei R. Stahl sei „nicht so groß gewesen, wie wir erwartet haben“. Die geplatzte Übernahme sei „eine verpasste Chance für beide Unternehmen“. Der Elektrotechnikspezialist hatte im Rahmen des Übernahmeversuchs immer wieder betont, man könne R. Stahl helfen, neue Kunden zu finden und neue Absatzmärkte zu erschließen. Dies war von R. Stahl stets bestritten worden. Nach der Verteidigung der  Eigenständigkeit betonte Schomaker, R. Stahl brauche „niemanden, der uns hilft, ein höheres Wachstum zu erzielen“. Schon in den vergangenen neun Jahren sei das Hohenloher Unternehmen im Schnitt um neun Prozent pro Jahr gewachsen. Dies wolle R. Stahl auch in den kommenden beiden Jahren erreichen. 2014 will das Unternehmen mit seinen 1800 Mitarbeitern den Umsatz von 304 Millionen Euro auf 325 Millionen Euro steigern. Angst vor weiteren Übernahmeversuchen hat der Vorstandsvorsitzende nicht. Die vergangenen Monate und die Einigkeit der Eigentümerfamilien hätten den Investoren „gezeigt, dass R. Stahl nicht zu kaufen ist“, sagte Schomaker. Weidmüller erklärte, man wolle die Übernahmepläne „nicht weiter verfolgen“. Das Familienunternehmen werde auch alleine weiterwachsen und sich vor allem im Bereich Industrie 4.0 stark engagieren. Mit einem Umsatz von 600 Millionen Euro und 4600 Mitarbeitern ist Weidmüller deutlich größer als R. Stahl.

„Ohrfeige“ für Weidmüller

Der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, der Stuttgarter Anwalt Brun-Hagen Hennerkes, sagte zu der gescheiterten Übernahme, Weidmüller habe „eine Ohrfeige“ erhalten. Die Signale, die darauf hingedeutet hätten, dass die Übernahme schiefgehen werde, seien ignoriert worden. Weidmüller sei zwar „ein gutes Unternehmen“, für R. Stahl hätte ein Einstieg der Detmolder aber einen Kulturwandel und eine Einschränkung der Handlungsfreiheit für das Management in Hohenlohe bedeutet. Die Eigentümer und die Belegschaft des Unternehmens könne man „nur dazu beglückwünschen“, dass Weidmüller keinen Erfolg gehabt habe. Die Detmolder hatten zwar immer wieder betont, für das angestrebte gemeinsame Wachstum von Weidmüller und Stahl brauche man eher mehr als weniger Mitarbeiter, dennoch hatte der Übernahmeversuch auch bei der Belegschaft in Waldenburg zu Sorgen und Protesten geführt.

Zu dem öffentlich ausgetragenen Tauziehen zwischen den beiden Firmen sagte Hennerkes, Familienunternehmen würden in solchen Situationen die Probleme normalerweise eher intern klären. Dies sei aber schwierig, wenn, wie bei R. Stahl, auch freie Aktionäre mit von der Partie seien. In der Regel hätten Übernahmeversuche zwischen Familienunternehmen Erfolg, meinte Hennerkes. Wer Interesse an einem Kauf habe, bohre normalerweise so lange, bis die Front der Familieneigentümer aufbreche. Bei R. Stahl dagegen hätten „die Familien Stärke gezeigt“, meinte der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen.