Die evangelische Ferienfreizeit in Riedenberg hat jüngst ihr 70-Jahr-Bestehen gefeiert. Wie war das in den 50ern? Einer, der am Anfang dabei war, erzählt.

Die Tür geht auf, und jede Menge gackernde Kinder und Jugendliche treten auf die Straße. Augenblicklich ist es vorbei mit der Morgenstille an der Eichenparkstraße in Riedenberg. Die Gruppe aus dem Waldheim zieht in den Eichenhain, und bei so vielen jungen Leuten in bester Sommerlaune geht das nicht geräuschlos.

 

Für Klaus Wintterlin ist das Lachen Musik in den Ohren. Ans Waldheim hat der 85-Jährige schöne Erinnerungen. In diesem Jahr feiert die Ferienfreizeit der evangelischen Kirchengemeinde – wegen Corona um ein Jahr verspätet – ihren 70. Geburtstag. Und Klaus Wintterlin ist einer, der von Stunde null an dabei war. 1951, im ersten Jahr, hat er als Betreuer Kinder gehütet.

Zehn Freizeiten hat er in seiner Jugend als Onkel Klaus begleitet

14 war er damals. Zehn Freizeiten, davon zwei als Leiter, hat er in seiner Jugend als Onkel Klaus begleitet. Sogar beim Um- und Ausbau der ehemaligen Gaststätte Waldhorn hat er geholfen, ist mit anderen Burschen auf dem Dach herumgekraxelt und hat alte Ziegel entfernt. „Wir haben sie von oben in einen Container geworfen, meist haben wir getroffen“, sagt er lächelnd. Das Riedenberger Waldheim sei nach dem Krieg eines der ersten gewesen. Die Initiative, die leere Gaststätte für die Kirchengemeinde zu kaufen, sei vom damaligen Pfarrer Otto Bossert ausgegangen.

Klaus Wintterlin wirkt sehnsüchtig, wenn er von den Freizeiten von früher erzählt. Im Eichenhain hätten 120 Kinder aus Sillenbuch, Riedenberg und Heumaden gekickt, Lager gebaut, Olympiaden, bei denen es Pappmedaillen zu gewinnen gab, veranstaltet, im Haus hätten die Gruppen mit Namen wie „Wikinger“, „Bären“ und „Wildgänse“ gebastelt, gesungen und Geschichten gehört. „Wir hatten eine Tante, die hat ein ganzes Flötenorchester zusammengesetzt.“

Früher wurden die Kinder vor und nach dem Waldheim gewogen

Bis heute sind die 31 Stuttgarter Waldheime wichtige Einrichtungen, 19 davon sind evangelisch. Tausende Kinder – vor Corona waren es 9500 pro Saison – werden hier im Sommer versorgt. Für berufstätige Eltern ist das eine Entlastung. „Eine größere Rolle hat nach dem Krieg die Ernährung gespielt“, sagt Klaus Wintterlin. Damals habe man die Kinder vor und nach dem Waldheim gewogen.

Der Sillenbucher ist Pfarrer in Rente. Die Tätigkeit als Waldheim-Onkel habe ihm „unheimlich viel gebracht“. Der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen sei ihm stets wichtig gewesen, „im Beruf später mit den Konfirmanden, das war gar nicht viel anders“. Auch das freie Sprechen vor großen Gruppen habe er so schon früh üben können. Am meisten geprägt habe ihn aber das Miteinander.

Der Waldheim-Geist verbindet die Generationen

Immer noch nimmt Klaus Wintterlin nach Möglichkeit an den Eröffnungsgottesdiensten teil. Viele seiner früheren Waldheim-Kinder treffe er heute beim Einkaufen. Wie eng die Verbundenheit ist, zeigt sich, als Julia La Roche vorbeikommt. Die 24-Jährige aus Heumaden ist in diesem Jahr Leiterin. Mehr als 60 Jahre trennen sie und Klaus Wintterlin, dennoch liegen sie sich zur Begrüßung in den Armen, obwohl sie sich eigentlich gar nicht kennen. „Das ist der Waldheim-Geist“, sagt er.

Klaus Wintterlin sitzt im Eichenhain auf einer Bank und schaut den Waldheim-Kindern beim Spielen zu. Immer wieder winkt er vorbeigehenden Jugendlichen zu, die winken und grüßen zurück. Die Freude ist dem Senior deutlich anzusehen. „70 Jahre blüht und gedeiht es bis heute weiter.“