Die Betreuung von Kleinkindern in freier Natur wird immer beliebter. Nach Mönsheim und Heimsheim äußert nun auch Weil der Stadt Interesse an einem Waldkindergarten.

Mönsheim - Spielen in der freien Natur, so wie es früher für Kinder auf dem Land üblich war – das ist es wohl, was sich heute wieder viele Eltern für ihren Nachwuchs wünschen. Evelyn Quass, die Vorsitzende des Vereins Naturkinder Flacht glaubt, dass dies mit ein Grund ist, warum das Konzept der Waldkindergärten so erfolgreich ist. Die Nachfrage nach Plätzen für Kleinkinder wächst, daher will man in der Gemeinde eine zusätzliche Gruppe einrichten

 

15 Kinder ab drei Jahren besuchen derzeit den Mönsheimer Naturkindergarten auf dem Appenberg in der Nähe des Sportplatzes. Ein ehemaliges Vereinsheim ist ihre Unterkunft. Ab Januar werden es 18 Kinder sein, davon 13 aus Mönsheim. Nun sieht der Verein ab September 2018 weiteren Bedarf für zusätzliche zwölf Kinder und möchte deswegen eine Kleingruppe für zehn Kinder einrichten. Im Gemeinderat war man nicht nur von dieser Entwicklung sehr angetan, sondern auch vom alternativen Betreuungsangebot, das als Bestandteil des Kindergartenbedarfsplans wie ein eigener kommunaler Kindergarten behandelt wird.

Gemeinderat steht hinter der Einrichtung

„Die Entscheidung für den Waldkindergarten war absolut richtig“, sagte Gemeinderat Hans Kuhnle (BLM). Durch die Zusammenarbeit mit dem Verein könne man eventuell eine Erweiterung des Kindergartens Wichtelhaus vermeiden. Sein Fraktionskollege Joachim Baungärtner lobte die Arbeit des Vereins und sagte, er sei froh, dass diese Idee jetzt Fuß fasse. Bürgermeister Thomas Fritsch plädierte dafür, den Vertrag über eine Kleingruppe zu beschließen. „Der Zulauf hat mich überrascht und man hört nur Gutes“, sagte er.

Für die neue Gruppe, die ebenfalls eine verlängerte Öffnungszeit mit 30 Wochenstunden hat, benötigt der Verein zwei Erzieher. Kinder von drei Jahren an können aufgenommen werden, in Ausnahmefällen schon ab zweidreiviertel Jahren, sagte Evelyn Quass. Der Gemeinderat stimmte schließlich der Einrichtung dieser Gruppe im vorhandenen Gebäude zu. Dort musste eine Reihe von Elektroarbeiten erledigt werden, an deren Kosten sich auch die Gemeinde beteiligt. So darf der seitherige Kaminofen wegen der Waldbrandgefahr durch Funkenflug nicht mehr betrieben werden. Deckenstrahler mussten deswegen zum Heizen montiert werden. Dazu wurden die elektrischen Leitungen saniert, was aber ohnehin fällig geworden wäre, sobald die Küche zum Kochen genutzt wird.

Der Hühnerstall ist fertig

Wurden in diesem Jahr an drei Elternbautagen schon Hochbeete, ein Kompostbereich und ein Hühnerstall errichtet, so will man 2018 das Grundstück etwas mehr abgrenzen, auch um die Hinterlassenschaften von Hunden zu verringern. „Wir freuen uns aber trotzdem über Spaziergänger“, betonte die Vereinsvorsitzende Quass. Auch soll darüber entschieden werden, ob nun tatsächlich Hühner angeschafft werden – „ohne Hahn“, betonte Quass. Zuvor müsse die Betreuung der Tiere sichergestellt werden. Schon heute gehen die Mönsheimer Waschbären regelmäßig ins Barockreitzentrum nach Heimsheim, um Stallluft zu schnuppern und den Umgang mit Pferden zu lernen.

Ein Bauwagen für Weil der Stadt

Weil der Stadt - Etwa 60 000 Euro hat Weil der Stadt schon in sein Investitionsprogramm für einen neuen Bauwagen eingeplant. „Ja, wir prüfen, ob wir auch hier in Weil der Stadt einen Waldkindergarten einrichten wollen“, bestätigt Tanja Kübler, die Amtsleiterin für Jugend und Soziales der Stadtverwaltung.

Damit reagiert die Stadt auf eine Einladung der Naturkinder Flacht. „Eine unserer Erzieherinnen kommt selbst aus Weil der Stadt“, erklärt Evelyn Quass, die Vorsitzende dieses Trägervereins. „Sie meinte, dass es doch schön wäre, wenn es dort auch einen Waldkindergarten gäbe.“

Konkret sind die Pläne allerdings noch nicht. Der Weiler Förster ist derzeit erst auf der Suche nach einem geeigneten Wald-Grundstück. Im Frühjahr wird der Gemeinderat sich dann mit dem Thema beschäftigen, sich das Konzept anschauen und beschließen, ob ein Waldkindergarten kommen soll. „Ob das dann mit uns als Träger passieren wird, steht auch noch nicht fest“, sagt Quass.

Klar ist dagegen, dass Weil der Stadt zusätzliche Kindergarten-Plätze dringend gebrauchen kann. „Ja, wir sind sehr eng mit unseren Plätzen“, sagt Tanja Kübler von der Stadtverwaltung. Die Planungen für 2018 und 2019 laufen derzeit erst an. Neubaugebiete und Nachverdichtungsprojekte lassen die Kinderzahlen aber auf jeden Fall in den kommenden Jahren ansteigen.

Wann der Weiler Waldkindergarten dann seinen Betrieb aufnimmt – sollte er beschlossen werden – steht noch nicht fest. Sommer 2018 wird aber wahrscheinlich knapp. „Wir planen eher mit Frühjahr 2019“, kündigt Kübler an.

Ein zweiter Bauwagen für Heimsheim

Heimsheim - Am Ende ging es doch viel schneller als gedacht: Die Gruppe des Heimsheimer Waldkindergartens ist voll bis unters Dach – im wahrsten Sinne. Denn der bisherige Bauwagen ist geeignet für zehn bis 15 Kinder. Sobald sich hätte abschätzen lassen, wann diese Marke „geknackt“ wird, wollten die Naturkinder einen zweiten Bauwagen anschaffen. Nach nicht ganz einem Jahr ist dieses Ziel bereits erreicht.

„Mit einer Kleingruppe von zehn Kindern sind wir gestartet“, sagt Evelyn Quass auf Nachfrage. Weil von nun an die Gruppe mit 20 Kindern voll besetzt sei, habe man übergangsweise ein beheizbares Tipi aufgestellt. Doch auf Dauer sei ein zweiter Bauwagen nötig. Der Gemeinderat habe vor Kurzem die Einrichtung vor Ort besucht und sich ein Bild von der Situation gemacht. Nun müssen die Stadt und der Verein eine gemeinsame Lösung finden. Im Haushaltsplan 2018 jedenfalls ist der Posten enthalten und stieß im Gemeinderat bereits auf ein positives Echo.

Mehr Geld fürs Leonberger Seehaus

Leonberg - Der Wald- und Tierkindergarten Seehaus bekommt eine zweite Gruppe und damit einen weiteren Bauwagen. 41 000 Euro schießt die Stadt für die dafür nötige Personalaufstockung zu. Die 89 800 Euro für den neuen Wagen, in dem sich die Kinder aufhalten können, wird mit 67 350 Euro gefördert. Das sind 75 Prozent der Summe, die der Träger Seehaus genannt hat. Der Gemeinderat hat die Gelder Mitte Dezember freigegeben und somit die Erweiterung dieser Einrichtung, die den Kindern die Natur besonders nahe bringen soll, ermöglicht. Der Bedarf ist vorhanden. Nach Angaben der Jugendamtsleiterin Gabriele Schmauder gibt es eine Warteliste mit 17 Kindern, die aus Platzmangel nicht aufgenommen wurden.

Interview: „Die Kinder sind ausgeglichener“

Die Wald- und Naturkindergärten der Naturkinder Flacht kommen gut an. Mönsheim bekommt eine zweite Gruppe, die eine in Heimsheim hat sich schneller gefüllt als gedacht. In Niefern-Öschelbronn eröffnet der Verein im September einen ganz neuen Waldkindergarten, und auch Weil der Stadt war nach einer Anfrage nicht abgeneigt. Doch was steckt hinter der Entwicklung und was bedeutet sie für die Naturkinder?

Frau Quass, wie erklären Sie sich den Erfolg der Waldkindergärten im Allgemeinen und speziell im Altkreis?
Ich glaube schon, dass es eine gewisse Gegenbewegung ist zu den großen Kitas, die gerade überall entstehen, den mächtigen Gebäuden, in denen eine große Anzahl Kinder untergebracht ist. Bei einem Waldkindergarten weiß man, dass dort maximal 20 Kinder sind und keine 120. Noch bedeutsamer ist aber, denke ich, dass den Eltern immer mehr bewusst wird, wie wichtig es für Kinder ist, rauszugehen. Sie sind ausgeglichener, wenn sie häufig im Freien sind, wo sie viel Platz haben und an der frischen Luft sind. Die meisten Eltern kennen das von früher selbst noch, heute fehlt ihnen aber oft die Zeit, mit ihren Kindern selbst in die Natur zu gehen.
Eine neue Gruppe hier, ein ganz neuer Kindergarten da – vor welche Herausforderungen stellt eine solche Entwicklung Ihren Verein?
Die größte Herausforderung ist eigentlich immer die Vorarbeit, vor allem die Absprachen mit den Behörden: Welcher Standort kommt infrage, was gibt es für Regularien und so weiter? Das ist auch immer am zeitaufwendigsten. Die Mitarbeitersuche ist natürlich ebenfalls eine Herausforderung, da sind wir aktuell noch aktiv dabei. Aber wir sind guter Dinge, dass wir gutes Personal finden. Der Vorteil bei uns ist so ein bisschen, dass es in unserem Berufsfeld wenig Fluktuation gibt. Wer einmal im Wald gearbeitet hat, der will nicht mehr ins Haus zurück.
Im Waldkindergarten sind die Kinder fast immer draußen. Aber was machen Sie eigentlich bei einem Sturm wie Burglind?
Da gibt es klare Regularien. Bei Sturm gehen wir natürlich nicht in den Wald und ab einer gewissen Windstärke auch nicht mehr in den Bauwagen. Bis Windstärke 7 gibt es noch eine Notbetreuung in einem festen Gebäude, ab Windstärke 8 fällt der Kindergarten ganz aus. Das ist dann wirklich höhere Gewalt, etwa wie ein Heizungsausfall im Regelkindergarten. Nach dem Sturm haben wir für die Waldbereiche, in denen wir viel unterwegs sind, eine Verkehrssicherungspflicht. Am Montag hatten wir deshalb extra einen Baumgutachter da.

Das Gespräch führte Kathrin Klette.

Die Naturkinder Flacht sind ein Verein, bestehend aus engagierten Eltern, der im Oktober 2015 gegründet wurde. Ziel der Mitglieder ist es, die freie Natur, also Wälder, Wiesen und Felder, für Kinder erlebbar zu machen.

In seiner Gründungsheimat Weissach stieß der Verein mit seiner Idee eines Waldkindergartens auf große Widerstände. Schließlich gründete er im Herbst 2016 die erste Kindergartengruppe in Mönsheim, kurze Zeit später ging die Gruppe in Heimsheim an den Start. Parallel betreiben die Mitglieder an einzelnen Nachmittagen Waldspielgruppen – sowohl für ältere Kinder als auch für Kleinkinder unter drei Jahren als Vorbereitung für den Waldkindergarten.