In einer Serie stellen wir Freizeitangebote im Stuttgarter Norden vor. Dieses Mal war unser Mitarbeiter Benjamin Bauer unterwegs im Waldklettergarten in Zuffenhausen.

Zuffenhausen - Klettern im Wald? Gar nicht mal so ungewöhnlich. Der eine oder andere hat sicher schon einmal davon gehört. Und auch in Zuffenhausen gibt es einen sogenannten Waldklettergarten. Ich habe ihn ausprobiert.

 

Wobei man sagen muss: Richtig klettern ist eigentlich was anderes. In einem Waldklettergarten, auch Hochseilgarten genannt, krabselt und balanciert man mehr. „Auf die Körperspannung kommt es an“, sagt Trainer und Betreuer Joscha Rottler. Der 26-Jährige ist gelernter Sport- und Gymnastiklehrer und genießt im Waldklettergarten die Interaktion mit den Kunden. „Wir sind hier alle per du“, sagt er, als ich ihm die Hand zur Begrüßung reiche. Ob das wohl die Höhenangst mildert? Naja, davon verrate ich erst einmal nichts – aber in der Tat habe ich so akrophobische Tendenzen. Dessen ungeachtet nehme ich meine Ausrüstung – ein Sicherungsgeschirr mit zwei Karabinern und einen Helm entgegen – und lasse mir von Trainerin Antje erklären, wie ich das ganze anzulegen habe. Dann unterweist mich Trainer Sascha in puncto Sicherheit und erklärt erst einmal, wie ich mich mit was wo einhake, um nicht ungesichert durch die Baumwipfel zu spazieren. Das ganze dauert in etwa eine halbe Stunde und sorgt dafür, dass mir der Kopf schon raucht, bevor ich überhaupt einen Fuß auf einen Baum gesetzt habe.

Kletterstrecken haben Namen von Stuttgarter Örtlichkeiten

Doch probieren geht über studieren. Also suche ich mir für den ersten Parcours die „Weinsteige“ aus, die ich so steil gar nicht in Erinnerung hatte. Alle Kletterstrecken in Zuffenhausen haben Namen von Stuttgarter Örtlichkeiten. Beim zweiten Hinsehen wirkt der Weinsteigen-Parcours aber dann doch moderat, wie ich denke, mit vier Metern Höhe und Schwierigkeitsgrad zwei von vieren. Unten an der Leiter also Schnalle eins an den Bauchring, dann Karabiner eins in die Metallschlaufe, Karabiner zwei in Karabiner eins und ab dafür. Der so gesicherte Aufstieg ist mühsam und ich merke, wie meine Hände schon schwitzig werden, bevor ich überhaupt die Plattform und damit die Endhöhe erreicht habe.

Mit wackligen Knien komme ich also auf der ersten Plattform zum Stehen, sichere mich um und betrachte, was da vor mir liegt. Von hier oben sieht das schon gar nicht mehr so moderat aus. Trotz meines pochenden Herzens rede ich mir ein, dass das doch so schlimm gar nicht ist, und gehe in die Übung, wie man so sagt. Auf unterschenkelgroßen Holzplanken balanciere ich also unbeholfen von der einen Plattform auf die nächste – rund acht Meter. Puh, das schlaucht. Ich bin jetzt bereits schweißgebadet und klammere mich wie ein Faultier am Baum fest, während die hölzerne Plattform unter mir wackelt.

Der Weg auf schwankenden Pfaden als Selbsterfahrung

„Das ist alles nicht alltäglich hier“, höre ich die Stimme Joschas in meinem Kopf. „Und eine echte Selbsterfahrung.“ Und genau die mache ich jetzt auch. Das erste, was ich über mich lerne ist, dass ich auch mal ein bisschen schummele, wenn gerade keiner hinguckt. So fasse ich bei der ersten Übung auch direkt das Stahlseil an, um mich zu stabilisieren – obwohl mir das verboten wurde, wegen der Verletzungsgefahr. Das zweite, was ich über mich lerne ist, dass ich mich tatsächlich durch scheinbar gefährliche und ungewohnte Situationen quälen kann.

So steigerte ich mich nach der „Weinsteige“ zum „Killesberg“ – immerhin um anderthalb Meter und einen ganzen Schwierigkeitsgrad. Und den merkt man auch. Ungläubig stehe ich auf einer Plattform in fünfeinhalb Metern Höhe und frage mich, wie in aller Welt ich ohne Flügel von hier nach dort kommen soll. Doch es geht dann schon irgendwie – mit einigen kleineren Schürfwunden und Schwielen an den Händen vom Zu-Fest-Dranklammern.

„Das gehört einfach dazu“, sagt Trainer Joscha mit einer Seelenruhe. Und als ich, völlig nassgeschwitzt, nach rund zwei Stunden mein Geschirr ausziehe, ist es tatsächlich so, wie es Joscha prophezeit hatte: „Am Ende ist man total fertig, aber glücklich.“ Aber Moment – glücklich eigentlich, dass man wieder festen Boden unter den Füßen hat, oder glücklich, weil man über sich selbst hinausgewachsen ist? Ich schätze, es ist von beidem ein bisschen. Und nehme mir fest vor, das nächste Mal den „Fernsehturm“ auszuprobieren – mit elf Metern der höchste Parcours im Waldklettergarten Zuffenhausen.