Die Klasse 8b der Waldorfschule am Kräherwald führt am kommenden Wochenende Johann Nestroys „Haus der Temperamente“ auf.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - Auf der Bühne im Festsaal der Waldorfschule steht ein quadratisches Ungetüm aus Eisenstangen: Vier Zimmer sind darin eingerichtet, zwei unten, zwei oben, eine Treppe führt auf die obere Ebene. Die vier Räume repräsentieren die vier Wohnungen in Johann Nestroys Stück „Haus der Temperamente“: oben links wohnt der cholerische Herr von Braus, oben rechts der sehr heitere Herr von Froh, unten links der phlegmatische Herr von Fad, und unten rechts Herr von Trüb, ein Melancholiker. Jeder der vier hat einen Sohn und eine Tochter; die Töchter sind allesamt Jugendfreunden versprochen, die ähnliche Gemüter aufweisen wie die Väter. Allerdings haben sich die Mädchen in die Söhne des jeweils gegensätzlichen Temperaments verliebt – Walburga Braus etwa liebt Edmund Fad, und Marie Froh liebt Guido Trüb. Dass das den Vätern nicht gefällt, ist klar.

 

Die Klasse 8b der Freien Waldorfschule am Kräherwald bringt dieses Stück am kommenden Wochenende zur Aufführung. „Wir studieren jedes Jahr zwei oder drei Theaterstücke mit den achten Klassen ein“, erklärt die Theaterpädagogin Marion Schlösser, die das Amt der Regisseurin übernommen hat. Neben der Tatsache, dass das „Haus der Temperamente“ das meistgespielte Stück des Österreichers Nestroy (1801-1862) ist, hat Schlösser die Komödie auch ausgewählt, weil sie 22 Sprechrollen bietet – die 8b spielt das Stück in zwei Besetzungen und vier Aufführungen. Daneben ist die Komödie aber auch ein durchaus anspruchsvolles Stück Theater: Die Szene wechselt sprunghaft zwischen den vier Familien, je nach dem, wer gerade spricht, wird der entsprechende Raum im Stahlgerüst auf der Bühne angeleuchtet. Der Rest liegt im Dunkeln; die Schüler verharren wie versteinert in ihren Posen, bis die Szene wieder zu ihnen springt und der Scheinwerfer sie in Licht taucht. „Das erfordert eine irre Geistesgegenwart der Schüler“, erklärt Marion Schlösser. „Sie müssen immer konzentriert sein und in der Rolle bleiben.“ Und das anderthalb Stunden lang – ohne Pause.

Die Regisseurin hat über 20 Jahre Erfahrung

Bei der ersten Durchlaufprobe mit Beleuchtung am Montagvormittag ist deutlich zu spüren, dass die Jugendlichen bereits seit Februar proben: Sie spielen flüssig, es gibt wenige Texthänger. Manchmal macht die Beleuchtung noch nicht mit: es wird ein Raum angestrahlt, der gar nicht an der Reihe ist, stattdessen stehen die, die gerade sprechen, im Dunkeln. „Lauter sprechen, und immer nach vorne, damit die Zuschauer euer Gesicht sehen und euch hören können“, ruft Marion Schlösser als Regieanweisung. Sie weiß, was sie tut: Seit 21 Jahren ist sie Theaterpädagogin, davor stand sie als Schauspielerin selbst auf der Bühne.

Die Nervosität der Nachwuchsschauspieler hält es sich momentan in Grenzen, wie René Böpple (14 Jahre) meint. „Eigentlich waren wir bisher gar nicht nervös – das ändert sich aber sicher noch.“ Chaotisch seien die Proben zu Anfang gewesen, sagt Marie Brußke, ebenfalls 14. „Aber jetzt sind wir fast bereit für die Premiere.“