Mit einem Schweigemarsch, berührenden Liedern und einer Tanz-Performance machen Akteure in Ludwigsburg auf scheinbar vergessenes Leid aufmerksam. Auf Menschenhandel und Sklaverei, sexuelle Ausbeutung und Zwangsprostitution.

Es ist die erste ihrer Art gewesen, aber noch viele weitere sollen folgen. Mit dem „Walk for Freedom“ in Ludwigsburg fand am Freitag eine Aktion statt, die Menschen eine Sprache geben will, die selbst nicht für sich und ihr erlittenes Leid sprechen können, und die in großen Teilen der Gesellschaft vergessen scheinen.

 

Ein Schweigemarsch parallel zu vielen anderen weltweit

An vielen Orten der Welt fand so ein Schweigemarsch parallel zum hiesigen statt. Organisiert war der Ludwigsburger – wie auch die von künstlerischen Akzenten begleitete Kundgebung auf dem Marktplatz – vom Bündnis gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution in Stadt und Landkreis Ludwigsburg, allen voran Gunda Rosenauer und Jörg Maihoff. Weitere Gruppierungen und Menschen haben sich engagiert: Etwa die Studentinnen der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, der Jugendgemeinderat, vertreten durch Natheepa Subaskaran, die eine besonders beeindruckende Ansprache zu Gehör brachte, sowie Hannah Junginger. Judith Raupp, Gleichstellungsbeauftragte in Ludwigsburg, war ebenso eingebunden wie Hochschulpfarrer Stefan Seiler-Thies, Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes, die Organisation Zero Macho, vertreten durch Jörg Kuebart, sowie diverse Schulsozialarbeiterinnen. Einige wandten sich an Umstehende und hoben die Bedeutung der Aktion hervor. Allen ist wichtig, die Aufmerksamkeit auf erschütternde Vorkommnisse zu lenken, die es längst nicht mehr geben dürfte: Und zwar Menschenhandel und Sklaverei, sexuelle Ausbeutung und Zwangsprostitution.

Gegen all das wurde in Ludwigsburg protestiert. Hochgehaltene Plakatausdrucke brachten mit Statements oder Zahlen, etwa „Echte Männer kaufen keine Frauen“ oder „80 bis 90 Prozent der Prostituierten sind Zwangsprostituierte“, Probleme auf den Punkt. Mishka Simon, die als Sängerin auftrat und einst Internationale soziale Arbeit sowie Human Rights studiert hat, hat selbst gesehen, dass die genannten Sachverhalte, die gegen das Menschenrecht verstoßen, existieren. Als Musikbotschafterin für International Justice Mission hat sie inzwischen jedoch erkannt: „Wir alle können etwas dagegen unternehmen. Wir sind nicht mehr nur sprachlos.“ Bei ihren Besuchen in Frauenhäusern – etwa in Uganda, Südafrika oder Marokko – ist sie als Studierende einem 18-jährigen Mädchen begegnet, das „die Hölle auf Erden erlebt hat“ und nur durch eine Polizeirazzia gerettet werden konnte. Völlig erschüttert, „dass es solche schrecklichen Parallelwelten gibt“, hat sie dem Mädchen einen Song gewidmet. „Da ich selbst keine Worte für ihr grausames Schicksal fand, habe ich mir überlegt: „Was würde wohl Gott zu einem solchen Menschen sagen?“ Herausgekommen ist das Lied „I’m here with you“, das sie auch vor den rund 90 Zuhörenden, die sich auf dem Marktplatz versammelt hatten, präsentierte.

Ein Protestzug im Schutze der Polizei

Zu einer musikalischen Botschaft griff auch die Steinheimerin Roswita Roman, die sich trotz schwerer Erkrankung vor das Mikrofon setzte und ihren Protest auf besondere Weise kundtat: Sie gab dem Song von Bettina Wegener der 1970er-Jahre „Sind so kleine Hände“ einen neuen, ebenfalls berührenden Text und löste Betroffenheit aus. Eine 13-köpfige Formation der Hip-Hop-Tanzschule L.U. Dance präsentierte im Anschluss ein nonverbales Tanz-Highlight, bevor sich schließlich der Trupp an still Protestierenden wie ein langer Protestwurm durch die Stadt zog – im Schutze der Polizei.