Seitdem hat er viel gesehen: tief trauernde Tierbesitzer mit ihren Kanarienvögeln, ihren Frettchen und Hausratten. Schluchzende Männer, die ihr Kaninchen zur Einäscherung gaben. Jemand brachte seine Hausmaus in einer kleinen Schale. Und im vergangenen Jahr ein Schimpanse: der 40 Jahre alte Affe hatte im Schwabenpark gelebt und war für die Besitzer wie ein Kind. Um das geschützte Tier einzuäschern, brauchte Walter Rupff eine Genehmigung des Regierungspräsidiums.

 

Viele seiner Kunden hätten vor ihrem ersten Besuch im Krematorium ein beklemmendes Gefühl, sagt er. Sie fürchten sich vor schwarzem Rauch, der aus Schornsteinen quillt, oder vor stechenden Gerüchen. Im Vorführraum verschwindet diese Angst im warmen Orange der Wände. Es ist der erste Raum, den die Tierhalter betreten. Hier stehen in Regalen bunte Urnen aus Kupfer, Messing, Ton, Holz, Keramik, in Herzform oder als ovale Vasen. In Vitrinen liegen silberne Schmuckstücke, Ringe und Kettenanhänger, die mit Asche gefüllt und am Körper getragen werden. An der Wand hängt, in Gips gegossen, der Pfotenabdruck eines Hundes – Andenken gegen die Angst vor dem Alleinsein.

Frauen wie Helga Hoheneder trifft Walter Rupff hier selten. Mit weicher Stimme bittet er sie an einen Tisch, um das Prozedere zu besprechen. Rupff rechnet mit Tränen. Doch die Frau wirkt gefasst. „Daisy war doch nur ein Tier“, erklärt sie und füllt die Auftragsbestätigung aus: Tierart, Gewicht, Art der Kremierung. Eine Urne möchte Helga Hoheneder nicht. „Die Asche wird ja eh in den Boden gestreut.“ Wenn die Erde im Wald wieder aufgetaut ist.

Nicht immer bringen die Halter ihre Tiere selbst ins Krematorium. Oft schickt Rupff einen Fahrer los, um sie abzuholen, mal aus einem Wohnzimmer, mal beim Tierarzt. Was dann folgt, sei immer ein kleiner Verwaltungskrieg, sagt er. Damit ein Tier überhaupt von A nach B gebracht werden darf, brauche es jedes Mal ein sogenanntes Handelspapier. Erst dann können die toten Tiere in reisfesten „Kremationshüllen“ zur Anlage gefahren werden.

Abschied vor der Einäscherung

Im Krematorium wird der Körper gewogen, in einem Buch erfasst und in eines der Kühlhäuser gebracht. In den zimmergroßen Kühlschränken liegen sie bis zur Einäscherung nebeneinander in offenen Stahlfächern. Die Temperatur liegt gerade so im Minusbereich, der Körper soll nicht gefrieren. „So bleibt das Tier noch beweglich und wird nicht nass“, erklärt Rupff.

Walter Rupff ist der Inhaber des Krematoriums. 30 Jahre lang arbeitete er als Tierpräparator. In den 90er Jahren fing es an, dass man ihm immer mehr tote Haustiere zum Präparieren brachte. Rupff, 59, zupft an seinem Schnurrbart und schiebt sich mit seinen kräftigen Händen die Brille zurecht. Von der technischen Seite her sei das kein Problem gewesen, sagt er. Bloß der Umgang mit den Leuten und ihrer Trauer war neu für ihn. Er runzelt die Stirn, seine Augenbrauen wirken jetzt noch buschiger. Irgendwann habe er sich Gedanken gemacht: Warum machen die Leute das? Viele hätten ihm gesagt, sie wollten ihre Tiere nicht in die Tierbeseitigung geben. Das leuchtete Rupff ein. Doch sollte er ihnen dann sagen, dass die Fleischteile, die er dem Tier beim Präparieren herausschneidet, auch dort entsorgt werden? „Die Besitzer bekamen ja nur die Hülle.“ Wie ein würdevoller Abschied sah das für ihn nicht aus.

1998 gründete er deshalb in Winnenden den ersten Betrieb für Tierbestattung in Baden-Württemberg, damals noch ohne eigenes Krematorium. Zur Einäscherung fuhr er die Kadaver nach München, 250 Kilometer, knappe drei Stunden. Damit sich die Strecke lohnte, musste er die Tiere manchmal für den Transport übereinander stapeln. Auch das empfand Rupff als pietätslos. Vor zehn Jahren zog er dann nach Remseck-Aldingen, vereinte Tierbestattung und Krematorium unter einem Dach.

Männer mit Hausmäusen

Seitdem hat er viel gesehen: tief trauernde Tierbesitzer mit ihren Kanarienvögeln, ihren Frettchen und Hausratten. Schluchzende Männer, die ihr Kaninchen zur Einäscherung gaben. Jemand brachte seine Hausmaus in einer kleinen Schale. Und im vergangenen Jahr ein Schimpanse: der 40 Jahre alte Affe hatte im Schwabenpark gelebt und war für die Besitzer wie ein Kind. Um das geschützte Tier einzuäschern, brauchte Walter Rupff eine Genehmigung des Regierungspräsidiums.

Viele seiner Kunden hätten vor ihrem ersten Besuch im Krematorium ein beklemmendes Gefühl, sagt er. Sie fürchten sich vor schwarzem Rauch, der aus Schornsteinen quillt, oder vor stechenden Gerüchen. Im Vorführraum verschwindet diese Angst im warmen Orange der Wände. Es ist der erste Raum, den die Tierhalter betreten. Hier stehen in Regalen bunte Urnen aus Kupfer, Messing, Ton, Holz, Keramik, in Herzform oder als ovale Vasen. In Vitrinen liegen silberne Schmuckstücke, Ringe und Kettenanhänger, die mit Asche gefüllt und am Körper getragen werden. An der Wand hängt, in Gips gegossen, der Pfotenabdruck eines Hundes – Andenken gegen die Angst vor dem Alleinsein.

Frauen wie Helga Hoheneder trifft Walter Rupff hier selten. Mit weicher Stimme bittet er sie an einen Tisch, um das Prozedere zu besprechen. Rupff rechnet mit Tränen. Doch die Frau wirkt gefasst. „Daisy war doch nur ein Tier“, erklärt sie und füllt die Auftragsbestätigung aus: Tierart, Gewicht, Art der Kremierung. Eine Urne möchte Helga Hoheneder nicht. „Die Asche wird ja eh in den Boden gestreut.“ Wenn die Erde im Wald wieder aufgetaut ist.

Nicht immer bringen die Halter ihre Tiere selbst ins Krematorium. Oft schickt Rupff einen Fahrer los, um sie abzuholen, mal aus einem Wohnzimmer, mal beim Tierarzt. Was dann folgt, sei immer ein kleiner Verwaltungskrieg, sagt er. Damit ein Tier überhaupt von A nach B gebracht werden darf, brauche es jedes Mal ein sogenanntes Handelspapier. Erst dann können die toten Tiere in reisfesten „Kremationshüllen“ zur Anlage gefahren werden.

Abschied vor der Einäscherung

Im Krematorium wird der Körper gewogen, in einem Buch erfasst und in eines der Kühlhäuser gebracht. In den zimmergroßen Kühlschränken liegen sie bis zur Einäscherung nebeneinander in offenen Stahlfächern. Die Temperatur liegt gerade so im Minusbereich, der Körper soll nicht gefrieren. „So bleibt das Tier noch beweglich und wird nicht nass“, erklärt Rupff.

Wenn der Halter es wünscht, wird das Tier vor der Einäscherung in einem Rollwagen noch einmal ins Abschiedszimmer gefahren, einen Raum mit dünnen Kerzen und Teelichtern. Es ist der letzte Abschied, manchmal mit Heulkrämpfen, die Rupff durch die verschlossene Tür hört.

Dann wird das Tier in den sogenannten schwarzen Bereich gefahren, wohin kein Kunde mitkommen darf. Im zweistündigen Turnus wird hier der Ofen von dem Anlagenführer Renée Wirtgen beschickt. Ein dumpfes, monotones Hämmern klingt aus dem Raum, in dem es so warm ist wie an einem lauen Sommertag.

Wirtgen, ein schlanker Mann mit grauen, zu einem Zopf zusammengebundenen Haaren, hatte früher eine kleine Gerberei. Die musste er irgendwann aufgeben, die Arbeit mit Tierkörpern ist geblieben. Mit fließenden Bewegungen belädt er die eiserne Wanne. Etwa 60 bis 70 Kilo darf eine Ladung haben. Damit jedes Tier getrennt zur Asche wird, unterteilt er die Wanne mit Trennwänden, legt zu jedem Körper einen nummerierten Schamottstein. „Wir können so immer nachvollziehen, wessen Asche das ist“, sagt Rupff. Der Stein begleitet die Tiere von der Ankunft bis in die Urne. Wenn ein Tierhalter ganz sichergehen will, kann er das Einfahren in den Ofen vom Abschiedszimmer aus auf einem kleinen Bildschirm beobachten.

Endstation mit 850 Grad

Renée Wirtgen schiebt die Fuhre auf den Rollwagen und öffnet die stählerne Ofentür. Langsam gleitet die Wanne über den Schamottboden, einen feuerfesten Baustoff, aus dem auch Kamine, Pizzasteine und Kachelöfen bestehen. Die Temperatur im Ofen liegt konstant bei 850 Grad. Wirtgen führt der Anlage immer wieder Sauerstoff zu, damit die Verbrennung möglichst gleichmäßig verläuft.

Nach etwa eineinhalb Stunden ist der Körper verbrannt. Mit einem Schieber drückt Wirtgen die Überbleibsel in die Auskühlzone. Übrig bleibt fast das gesamte Skelett, feine Knöchelchen, die aber keine mehr sind, sondern lose zusammenhängende Gebilde aus Calcium und Salzen. Schon wenn Wirtgen das ausgekühlte Skelett aus der Wanne in die Aschemühle schüttet, zerfällt es zu feinen Stücken. Eisenschlägel zermahlen den Rest krächzend zu einem Granulat. Zum Schluss schüttet Wirtgen die Asche in das Tütchen mit dem Schamottstein.

Daisy, die Katze, hat diese Prozedur noch vor sich. Helga Hoheneder steht im Abschiedszimmer vor dem Rollwagen und spricht leise letzte Worte. Kurz streicht sie über die rasierte Stelle an Daisys Bein, an dem die Infusion hing. „Sie hatte ein schönes, verwöhntes Leben“, sagt sie und lächelt. „Du warst schon eine kleine Diva.“ Jetzt werden auch ihre Augen wässrig. Mit dem Taschentuch wischt sie ihre Tränen aus dem Gesicht und geht zur Tür. „Tschüss mein Mäuschen, mach’s gut.“