Bei der kommenden Landtagswahl wollte Waltraud Walz Ersatzkandidatin des CDU-Abgeordneten Paul Nemeth werden. Gewählt wurde aber ein Mann – Walz ist enttäuscht.

Altdorf - Zwei Männer werden für die CDU im Wahlkreis Böblingen im kommenden März in den Landtagswahlkampf ziehen: am Freitagabend wurde Paul Nemeth mit 95 Prozent der Stimmen zum Kandidaten gewählt. Spannender war die Frage nach seinem Ersatzkandidaten: hier unterlag Waltraud Walz mit deutlicher Mehrheit Marc Biadacz, der als Favorit Nemeths galt. Walz war von der Frauen-Union des CDU-Kreisverbandes Böblingen nominiert worden, um ein Zeichen für die Förderung von Frauen zu setzen. Die 58-Jährige, die seit vielen Jahren Mitglieder des CDU-Kreisvorstandes ist, erhielt 27 Prozent. Für den 35-jährigen Böblinger Stadtrat Marc Biadacz votierten 71 Prozent. Der Wahl des Ersatzkandidaten kommt vor allem eine symbolische Bedeutung zu: dieser käme nur zum Einsatz, sollte Paul Nemeth während der kommenden Wahlperiode aus dem Stuttgarter Landtag ausscheiden.

 

Waltraud Walz zeigte sich nach der Wahl in der Altdorfer Stadthalle enttäuscht. „Da muss man sich fragen, wie unsere Partei im Jahr 2015 mit der Frage nach der Förderung von Frauen umgeht“, sagte sie nach dem Votum zu dieser Zeitung. Es könne nicht sein, dass Frauen in der CDU „manchmal vor einer Front von Männern stehen“ würden. Marc Biadacz sagte, er habe die Wahl nicht als „Kampf der Geschlechter“ gesehen. Er vermutet, dass die CDU-Mitglieder ihn vor allem aufgrund seiner politischen Erfahrung in der Kommunalpolitik gewählt hätten.

Nemeth-Schützling gegen ehrenamtlich Engagierte

Marc Biadacz gilt als Schützling von Paul Nemeth, in dessen Landtagsbüro er zwei Jahre lang mitarbeitete. Viele Jahre lang leitete der 35-Jährige die Junge Union im Kreis, bis er das Amt vergangenes Jahr aus Altersgründen abgab. Auch dadurch ist er im CDU-Kreisverband gut vernetzt. Biadazc arbeitet seit Kurzem für das Unternehmen Kaufda, die eine Einkaufsapp für Smartphones vertreibt. Biadacz sitzt seit vergangenem Jahr im Böblinger Gemeinderat und gehörte dem Gremium bereits zwischen 2004 und 2009 an.

Waltraud Walz ist im Kreis vor allem für ihre ehrenamtliche Arbeit bekannt. Sie ist stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Organisation Humedica, die im Bereich der Katastrophenhilfe aktiv ist. Außerdem engagiert sich die 58-Jährige für das Leonberger Seehaus, einem Modellprojekt für alternativen Jugendstrafvollzug. Zusammen mit ihrem Mann betreibt Walz in Böblingen eine Firma für Teppichreinigung. Ob sie nach der Wahlniederlage weiterhin bei der CDU mitarbeiten wolle, müsse sie sich erst überlegen, sagte Walz.

CDU will weibliche Wähler für sich gewinnen

Nach der Niederlage bei der Landtagswahl 2011 hatte die baden-württembergische CDU sich eine stärkere Förderung von Frauen auf die Fahnen geschrieben. Mit dieser Strategie wollen die Christdemokraten weibliche Wähler für sich gewinnen. Momentan sind nur 17 Prozent der CDU-Abgeordneten im Stuttgarter Landtag weiblich. Bei den Grünen (28 Prozent) und der SPD (20 Prozent) ist der Anteil höher. Nur bei der FDP ist er niedriger: alle sieben Abgeordneten der Liberalen sind männlich. Als wenig ermutigendes Signal werteten viele Frauen innerhalb und außerhalb der CDU die Wahl des neuen Landtagspräsidenten: bei einer Kampfabstimmung innerhalb der konservativen Fraktion unterlag Friedlinde Gurr-Hirsch dabei Wilfried Klenk. Dieser wurde vom Landtag zum Nachfolger von Guido Wolf gewählt, der als CDU-Spitzenkandidat für die kommende Wahl an die Spitze der Fraktion wechselt. Kritikern entgegnete Paul Nemeth nach der Wahl: „Gewählt ist gewählt.“

Als Gegner der Frauenförderung will er sich allerdings nicht verstanden sehen: so sei die Böblingerin Regina Wagner als neues Mitglied in der Stuttgarter Regionalversammlung entsandt worden. Die Frauen-Union sei sehr aktiv, und bei den Gemeinderatswahlen 2014 hätten viele Frauen auf aussichtsreichen Listenplätzen kandidiert. Der Anteil von CDU-Stadträtinnen bleibt indes niedrig: in der Sindelfinger Gemeinderatsfraktion liegt er bei 23 Prozent, in Böblingen bei 18 Prozent und in Herrenberg bei knapp 13 Prozent. Nur in Leonberg sind unter acht CDU-Stadträten drei Frauen: eine mehr, und die Frauen hätten hier mit den Männern gleichgezogen.