Zwei strahlend weiße Küken sind im erst vor wenigen Wochen auf dem Fellbacher Gewa-Towers installierten Nistkasten aus dem Ei geschlüpft. Der Bruterfolg der geschützten Vögel ist für den örtliche Naturschutzbund ein großer Moment.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Fellbach - Mit dem überraschenden Nestbau auf dem insolvenzbedingt zu einem Betongerippe gewordenen Fellbacher Gewa-Tower hat ein Wander-falken-Pärchen für reichlich Rauschen im Blätterwald gesorgt. Bundesweit berichteten Medien über die Familienplanung der pfeilschnellen Raubvögel und den wohl teuersten Brutplatz der Welt.

 

Jetzt wird eine kleine ornithologische Sensation erneut Schlagzeilen machen. Denn die Fellbacher Falken haben tatsächlich Nachwuchs bekommen. Im erst vor wenigen Wochen von Helfern des Naturschutzbunds auf dem 107 Meter hohen Hochhaus installierten Nistkasten sitzen zwei Jungvögel. Die strahlend weißen Küken müssten nach Schätzungen des Fellbacher Vogelkundlers Michael Eick vor gut zwei Wochen aus dem Ei geschlüpft sein.

Es sind zwei Weibchen

„Jetzt sind die Jungvögel im idealen Alter, um beringt zu werden“, sagt Eick. Kritisch beäugt von Mama und Papa Falke haben Jürgen Becht von der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz und Herbert Kugel vom Naturschutzbund diese Aufgabe erledigt – und den beiden Vögeln einen auf die Dicke des Beins abgestimmten Kennring und eine Nummer der Vogelwarte verpasst. „Die Ringe behindern die Falken nicht“, beruhigt Becht. Die Küken – es sind übrigens zwei Weibchen – bringen ein Gewicht von um die 600 Gramm auf die Waage. Bis sie groß genug für erste Flugversuche sind, wird noch einige Zeit vergehen.

Die Falkeneltern versorgen ihren Nachwuchs derweil reichlich mit Futter. Die Kröpfe der Jungen waren gut gefüllt, im Nistkasten lagen Federn von Elstern, Tauben und einem Star, immerhin der Vogel des Jahres. Die drei Vogelkundler waren sich einig: Der Standort im Hochhaus ist zum Beuteschlag ideal.

Die 34 Stockwerke meistert der 77-jährige Routinier ohne Zwischenrast - und ohne Aufzug

Jürgen Becht hat hunderte Wander-falken beringt, Nistkästen installiert und Brutplätze bewacht. Der Horst auf dem Gewa-Tower ist einer der höchsten Orte, an denen er gearbeitet hat. Die 34 Stockwerke meistert der 77-jährige Routinier ohne Zwischenrast - und ohne Aufzug. „Wir haben uns gewundert, wie schnell wir zu Fuß oben waren.“ Die Aussicht vom Dach sei sehr beeindruckend, gibt er zu. „Kein Wunder haben sich die Wanderfalken für einen solchen Platz entschieden.“

Dabei war lange nicht klar, ob die Falken nun brüten oder nicht – obwohl sie den Kasten gleich am ersten Tag angenommen hatten. Laut Herbert Kugel und Michael Eick ist das Weibchen noch recht jung und relativ unerfahren beim Brüten. „Sie saß manchmal stundenlang vor der Nestbox statt auf den Eiern“, erzählt Kugel. Allerdings übernahm in der Zeit wohl das deutlich ältere Männchen das Brutgeschäft. Vor wenigen Tagen konnten die Aufpasser ein Küken beobachten. „Man sah ein kleines weißes Köpfchen herausschauen“, freut sich Eick. Ab da war klar: Der Wanderfalke ist als Brutvogel zurück in Fellbach. Und: Die schnellsten Vögel der Welt hatten gleich beim ersten Brutversuch Erfolg. Auch für die Experten ist das ein großer Moment – schließlich ging der Plan auf, den Vögeln ein sicheres Domizil zu bieten.

Man hat sich mit Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli abgestimmt

Nebenbei wurde mit der Einrichtung des Nistkastens die Gefahr eines Baustopps vermieden. Eick stellt klar: „Es ist wichtig zu wissen, dass durch unseren Nistkasten eben kein Artenschutzproblem am Gewa-Tower entstanden ist.“ Dieses Problem hätte es gegeben, wenn die Falken „wild“ in einem Stockwerk gebrütet hätten. Deshalb habe man sich eng mit Insolvenzverwalter Ilkin Bananyarli abgestimmt. Mit der Nestbox wurde die Chance auf einen Ausbau gewahrt und nicht – wie immer wieder behauptet wird - der Weiterbau am Tower verhindert. „Die Falken leben auf dem Dach, ein Innenausbau würde nicht stören.“