Dieter Blechinger und Peter Schmitt wandern in mehreren Etappen auf einem Jakobsweg nach Spanien.

Stuttgart-West/Weilimdorf - Unter anderen Pilgern sind die beiden Stuttgarter als „die Kerle mit den Weingläsern“ verschrien. Denn egal wie beschwerlich das Wandern auf den Jakobswegen auch sein mag: auf ihre gläsernen Trinkbehälter mit Stil, bruchsicher in Plastikhülsen verpackt, möchten sie auf ihren Touren keinesfalls verzichten. „Das gehört sich so für guten spanischen Wein“, sagt Dieter Blechinger.

 

Der Weilimdorfer startet seit zehn Jahren mit seinem Kollegen und Freund Peter Schmitt auf gemeinsame Wandertouren. Rund 2750 Kilometer haben die beiden Verwaltungswirte auf drei der bedeutendsten Jakobswege nach Santiago de Compostela – dem Camino francés, dem Camino del Norte sowie der Via de la Plata – zusammen zurückgelegt. Da sie nie drei Monate am Stück Zeit hatten, unterteilten sie die Strecken in jeweils 250 bis 300 Kilometer lange Abschnitte und setzten ihren Weg von Jahr zu Jahr fort.

Los geht’s vor der eigenen Haustüre

Nun hat die beiden eine neue Herausforderung gepackt. Wieder einmal wollen sie nach Santiago de Compostela wandern, diesmal aber vor ihren eigenen Haustüren in Weilimdorf beziehungsweise im Stuttgarter Westen starten. Von dort aus sind es etwa 1900 Kilometer bis in die galizische Stadt. Der Weg führt über die Schwäbische Alb, den Bodensee, durch die Schweiz und Frankreich bis nach Spanien. Im Jahr 2020 wollen die Wanderer an der Kathedrale in Santiago ankommen. Am Sonntag sind sie mit einem „Prolog“, wie sie die erste kleinere Etappe nennen, gestartet.

Der Reiz an den Wandertouren liegt für Dieter Blechinger darin, den eigenen sportlichen Ehrgeiz zu kitzeln, Land und Leute kennen zu lernen, unterwegs der spanischen Küche zu frönen und in der Weite der Natur ein Stück weit zu sich selbst zu finden. „Wenn man unterwegs ist, existiert der Rest der Welt eigentlich gar nicht mehr“, sagt auch Peter Schmitt. Einen Blick auf einen Fernsehmonitor werfen sie während ihrer Wanderungen höchstens abends in einer Bar, um die Wetterkarte zu sehen.

Weniger ist mehr

Das A und O, um gut am Ziel anzukommen, sehen beide in der richtigen Vorbereitung der Reise. Zunächst einmal müssen bequeme und vor allem eingelaufene Schuhe her. Wenn sich doch einmal eine Blase bildet, gilt: „Bloß nicht aufschneiden, sondern tapen. Dann kann man laufen, als wäre gar nichts“, sagt Schmitt. Beim Packen gelte das Prinzip „weniger ist mehr“. Zwischen neun und elf Kilogramm Gepäck hat jeder der beiden zu schultern. Rund zwei Kilogramm nimmt allein der tägliche Wasservorrat ein. Damit frische Kleidung nicht allzu sehr ins Gewicht fällt, sind beide Männer mit Funktionswäsche unterwegs. Die wird abends in der Herberge gewaschen und trocknet bis zum nächsten Morgen wieder.

Am wesentlichsten ist in den Augen der beiden Wanderer jedoch die sportliche Vorbereitung. „Eine Grundkondition ist unverzichtbar“, meint Peter Schmitt. Nicht wenige würden sich überschätzen und nach drei Tagen aufgeben. „Da sieht man, viele wissen gar nicht, worauf sie sich einlassen.“ Aus diesem Grund gehen auch die Ehefrauen der beiden nicht mit auf die Wanderungen. „Ich würde zu dem Lauftempo gar nicht dazupassen“, sagt Elke Blechinger. An den jährlichen Pilgertouren stört sie sich dennoch nicht. „Ich gehe dafür solange in Wellness-Urlaube“, sagt sie und lacht. Um fit zu sein, gehen die Männer das ganze Jahr über zusammen joggen. Blechinger schätzt, dass sie vorab jedes Mal bis zu 1500 Kilometer an Trainingsstrecke zurücklegen. Die Belohnung am Ende der Reise: „Geistige Erholung“, sagt der Weilimdorfer. Das nächste Ziel haben sich die beiden bereits vorgenommen: Von 2021 an möchten sie auf dem Jakobsweg in Portugal wandern.