Die Schwäbische Alb gilt nicht als schwieriges Wandergebiet, doch es kommt immer wieder zu Unfällen. Diese Tipps gibt die Bergwacht Esslingen Wanderern mit auf den Weg.

Anfang Mai ist eine Seniorin bei einem Wanderunfall nahe der Ruine Rauber im Kreis Esslingen tödlich verunglückt. Die 80-Jährige war auf einem Fußweg plötzlich weggerutscht und einen steilen Abhang hinuntergestürzt. Wenige Tage später musste die Bergwacht zwei junge Frauen aus dem unwegsamen Gelände des Albtraufs bei Lenningen bergen. Sie hatten sich auf eine Route aus dem Internet verlassen, doch der Weg verlor sich zwischen den Felsen. Fälle wie diese werfen die Frage auf: Ist Wandern im Vorland der Schwäbischen Alb gefährlich?

 

Nein, sagt Carl Luis Hermann von der Bergwacht Esslingen voller Überzeugung – und das, obwohl allein seine Bereitschaft im vergangenen Jahr zu 20 Rettungseinsätzen gerufen wurde. Der Bergwachtleiter weiß: Nicht schnelle Wetterwechsel, steile Passagen, rutschige Wege, matschiger Boden und Stolperfallen wie Wurzeln und Steine seien die größten Gefahren für Wanderer. „Die größten Gefahren sind Selbstüberschätzung und unzureichende Planung.“ Die Risiken ließen sich jedoch minimieren, betont der Experte. „Eine entsprechende Vorbereitung gehört immer dazu.“

Auch im Kreis Esslingen gilt beim Wandern: Vorsicht!

Viele Wanderer seien unachtsam, würden ihre körperliche Fitness falsch einschätzen und ohne passende Ausrüstung loslaufen, stellt Hermann fest. „Außerdem tragen viele einfach das falsche Schuhwerk. Wir raten zu festen Schuhen mit entsprechendem Profil. Leider sehen wir immer wieder Leute mit Sneakern durch den Wald laufen. Die sind absolut ungeeignet, weil sie nicht ausreichend Halt bieten und das Verletzungsrisiko unnötig erhöhen.“

Die Hauptaufgabe der Bergwacht ist die Rettung von Menschen aus unwegsamem Gelände. Foto: Bergwacht Württemberg

Laut Hermann sollte man sich ein paar grundsätzliche Fragen stellen, bevor man sich auf den Weg macht: Wie lang ist die Strecke? Wie viel Zeit benötigt man dafür? Welche Art von Wegen sind zu erwarten? Wie wird das Wetter? Gibt es Ausstiegsmöglichkeiten, falls man das Ziel nicht erreichen kann? „Das sollte man definitiv bedenken, bevor man die Schwäbische Alb erkundet.“ Wer unterwegs merke, dass der Weg zu anspruchsvoll ist, sollte umkehren, mahnt Hermann eindringlich. „Sicherheit geht immer vor. Das Ego sollte man lieber zu Hause lassen.“

Zahl der geretteten Wanderer im Kreis Esslingen bleibt konstant

Die Mehrheit der Wanderer, schätzt der Bergwachtleiter ein, gehe nicht sorglos und unvorbereitet auf Tour. Das lässt sich auch aus den Einsatzzahlen der Esslinger Bereitschaft herauslesen, die laut Hermann „im Schnitt konstant“ geblieben seien. Seit der Corona-Pandemie, die Umfragen zufolge vielen Menschen das Wandern schmackhaft gemacht hat, habe es nur einen minimalen Zuwachs gegeben, berichtet Hermann.

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Und nur wenige Einsätze der Esslinger Bergwacht seien Wanderunfälle, fügt er hinzu. Gerettet werden zum Beispiel auch gestürzte Mountainbikefahrer und Gleitschirmflieger, die in einer Baumkrone gelandet sind. Am häufigsten würden sie dabei Verletzungen der Extremitäten wie verstauchte Knöchel oder gebrochene Handgelenke sehen. Doch leider, räumt Hermann ein, komme es auch immer wieder zu Unfällen mit Schwerverletzten oder gar Toten.

Bergwacht Esslingen: Beim Wandern lieber auf gedruckte Karte verlassen

Was gehört eigentlich zwingend in den Wanderrucksack? „Die Ausstattung hängt von der Länge und Art der Tour sowie der Jahreszeit ab“, informiert Hermann und zählt auf: eine Kopfbedeckung und Creme gegen Sonne, eine Regenjacke für plötzliche Wetterumschwünge, ausreichend Proviant und Wasser in einer bruchfesten Flasche, ein Erste-Hilfe-Set mit Rettungsdecke, eine Taschenlampe, wichtige Dokumente und ein Hinweis auf eventuell benötigte Medikamente, Einschränkungen oder Allergien, ein voll aufgeladenes Handy, ein Kompass und – auch wenn es im Zeitalter der Digitalisierung altmodisch klingen mag – eine Wanderkarte aus Papier.

Von Online-Karten als Wanderbegleiter hält der Esslinger Bergretter wenig. Diese seinen „Fluch und Segen zugleich“, findet Hermann. „Sie sind zwar für alle verfügbar und oft kostenlos. Sie sind aber auch fehleranfällig“, begründet er seine Ablehnung. „So sind einige Wege falsch oder gar nicht eingezeichnet.“ Internetverbindung und Akkulaufzeit seien ebenfalls unsichere Faktoren. „Wenn ein Handy runterfällt und beschädigt wird, ist die Orientierung weg“, sagt der Bergwachtleiter. „Das passiert mit einer gedruckten Karte nicht.“

Die Helfer im Gelände

Organisation
Die Bergwacht Württemberg ist organisatorisch dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) zugeordnet. Ihre Hauptaufgabe ist die Rettung von Menschen aus unwegsamem Gelände. Sie zählt 19 Bereitschaften, zwei davon sind im Landkreis Esslingen aktiv.

Einsatzgebiet
Das Dienstgebiet der Bergwacht Esslingen erstreckt sich von der Teck über den Breitenstein, bis zum Schafbuckel über Mittagsfels und Wielandstein fast bis Krebstein. Auch die Albhochfläche um Ochsenwang, der Mönchsberg und das Schopflocher Moor gehören dazu. Die Bergwacht Lenninger Tal betreut den vorderen Bereich der mittleren Alb zwischen Jusi und Neidlinger Tal. Hinzu kommt der Bereich der Albhochfläche mit dem Gebiet der Gemeinden Hülben, Erkenbrechtsweiler, Grabenstetten und Römerstein.

Dienst
Der Rettungsstützpunkt der Esslinger Bergwacht ist die Erwin-Wittmann-Hütte am Engelhof bei Bissingen-Ochsenwang. Die Rettungsstation Donnstetten der Bergwacht Lenninger Tal befindet sich in Römerstein. Beide Standorte sind an den Wochenenden und Feiertagen besetzt.

Notruf
Bei einem Wanderunfall sollte man die Notrufnummer 112 wählen. Die rund um die Uhr besetzten Rettungsleitstellen in Esslingen und Reutlingen alarmieren dann alle erforderlichen Hilfskräfte.