Prominente und ihre Hobbys: Der eine entspannt am Klavier, der andere am Herd, Anneliese Hermes geht auf die Jagd. Dort schießt sie Tiere, die sonst ihre Bilder bevölkern – und hat kein Problem damit, denn schließlich gehe es darum, das Gleichgewicht im Forst zu erhalten, erklärt sie.

Wangen - Ist die Frau, die unter anderem für ihre bunten Kuhbilder bekannt ist, privat ein bisschen blutrünstig? Wenn sie von ihrem ersten Rehbock, den sie vor ein paar Wochen geschossen hat, erzählt, strahlt sie über das ganze Gesicht. „Der Schuss saß ganz exakt und der Bock war sofort am Boden“, sagt sie stolz. Dass ihr ein Teil des linken Armes fehlt, scheint sie weder beim Malen, noch beim Schießen zu stören. Das Rehfleisch liegt jetzt in der Gefriertruhe, bereit Gästen als Spezialität serviert zu werden.

 

Nein, Anneliese Hermes liebt den Wald, und sie liebt die Tiere, die darin leben. Dass sie als frisch gebackene Jägerin in Zukunft auch den einen oder anderen Waldbewohner töten wird, ist für sie kein Widerspruch, sondern eher die konsequente Weiterentwicklung einer Beziehung, die jahrzehntelang gereift und gewachsen ist.

Der Nachbar des Bauernhofs war Jäger

„Ich bin schon als Kind gerne im Wald gewesen“, erzählt sie. „Wenn meine Mutter morgens kam, um mich für die Schule zu wecken, und ich lag nicht im Bett, wusste sie, dass ich im Wald bin und bald komme.“ Später sei auch ihr jüngerer Bruder auf die Streifzüge durch den Forst mitgekommen. „Wir wollten immer Rehe beobachten.“ Hermes ist als eines von neun Geschwistern auf einem Bauernhof in der Eifel aufgewachsen. Der Nachbar war ein Jäger, der dem Vater ab und zu einen Hirschbraten vorbeibrachte. „Für mich war es schon als Kind normal, dass Tiere auch geschlachtet und gegessen werden“, erzählt die Malerin, die heute im Wangener Teilort Oberwälden wohnt.

Dass die Natur für sie stets eine große Rolle gespielt hat, sieht man ihren Bildern an. Immer wieder hat sie den Hirsch, den König des Waldes, gemalt, hat Lilien und Sonnenblumen auf Leinwand gebannt, oder Kühe, die sich zufrieden das Fell lecken. Dass ihre Bilder trotzdem nichts Biederes haben, dafür sorgt ihre unverkennbare Malweise, die expressive Elemente, zum Teil poppige Farben und Motive aus dem Alltag und dem Leben auf dem Land zu etwas ganz eigenem verbindet.

Vom Horn blasen zum Jagdschein

Genauso unbekümmert wie sie malt ist sie vor zwei Jahren auf dem Oberwäldener Weihnachtsmarkt an die Jagdhornbläser der Kreisjägerschaft herangetreten und hat gefragt, ob sie vorbeikommen und mitmachen könne. „Jagdhörner fand ich schon immer toll“, sagt sie.

Die Bläser hatten nichts gegen eine Anfängerin in ihren Reihen, und als ihr Mann, der Göppinger Baubürgermeister Helmut Renftle, ihr zu Weihnachten dann auch noch ein Jagdhorn schenkte, war die Sache ausgemacht. Sie lernte das Horn zu spielen – und es dauerte nicht lange, bis der Kreisjägermeister, der Uhinger Bürgermeister Matthias Wittlinger, sie fragte, ob sie und ihr Mann nicht auch den Jagdschein machen wollten. Sie wollte. Ihr Mann lehnte aus Zeitmangel dankend ab.

Ein halbes Jahr lang hat Hermes jeden Tag gebüffelt, Jagdrecht, Wildhygiene, Tierarten, Waldkunde, Hege und natürlich schießen und Waffenkunde. „Das gehört eben einfach dazu“, sagt Hermes. „Wenn man ein überzähliges Tier schießt, kommt das den anderen Tieren im Wald zugute, die sich dann gesund entwickeln können“, sagt sie. Die meiste Zeit verbringe ein Jäger aber mit dem Beobachten und der Pflege des Waldes und seiner Bewohner.

Ein eigenes Gewehr fehlt noch

Ein eigenes Jagdrevier hat Hermes nicht, und sie will auch keines. „Das ist für mich ein Hobby und es soll auch eins bleiben“, sagt sie. Sie begleitet lieber befreundete Jäger in deren Reviere und sitzt mal hier, mal da auf dem Hochsitz. Auch im Rems-Murr-Kreis war sie schon öfter zur Jagd, ganz in der Nähe der Korber Köpfe, eines Skulpturenpfades in den Weinbergen und hat beobachtet, wie Rehe neben den Kunstwerken ästen. Ein eigenes Gewehr, das möchte sie sich allerdings noch anschaffen. Immerhin ist sie, um die Tiere auch künftig stets mit einem Schuss töten zu können und ihnen so unnötiges Leid zu ersparen, auch extra in den Bartenbacher Schützenverein eingetreten.

Zu Hermes Hirschen und Kühen werden sich in Zukunft wohl neue Motive gesellen. Der Wald inspiriere sie, sagt sie. Neulich habe sie zum ersten Mal eine Wildsau gemalt, auf dem Hochsitz lasse sie das Spiel des Laubs im Licht auf sich wirken, zurzeit arbeitet sie an ihrer ersten Serie von Skulpturen. Die will sie am 30. September auf ihrer nächsten Ausstellung in Amstetten zeigen. „Ja – toller Hirsch!“ heißt sie.