Dass man in Wangen im Allgäu verweilen sollte, ist durch den Spruch „In Wangen bleibt man hangen“ allseits bekannt. Doch warum eigentlich?

Wangen - Ein behagliches Nest, ist der erste Gedanke beim Durchfahren der Altstadt von Wangen im Allgäu. Das turmbewehrte Städtchen liegt am Ufer der Argen im sanft ansteigenden Westallgäuer Hügelland. Der Name deutet auf „Grasgefilde“ hin. Die Viehweiden, Obstbäume und Wäldchen reichen bis an die ersten Häuser heran. Rund 26 500 Menschen leben in dem Städtchen, dessen kopfsteingepflasterte Straßen, Plätze und Bauten von 1175 Jahren Geschichte geprägt sind. Seit 1976 steht die Innenstadt mit ihren Türmen, Toren und Fassaden unter Ensembleschutz. Durch das gedrungene St. Martins-Tor, heute auch Lindauer Tor genannt, erreicht man rasch den Marktplatz, den die Martinskirche, das Rathaus mit dem Pfaffentor und der Hinterofenpalast beherrschen. Wie im Mittelalter wird hier noch jeden Mittwoch Markt abgehalten.

 

Heute ist der Marktplatz zum Glück Teil der verkehrsberuhigten Fußgängerzone. Das historische Rathaus an seiner Ostseite erscheint als Barockbau, hat aber gotische und romanische Bauelemente. Von hier aus führt die Herrenstraße, gesäumt von Häusern mit Staffelgiebeln und geraniengeschmückten Erkern, bis zum Liebfrauentor oder Ravensburger Tor. Zur Fasnacht ziehen die Türme ein närrisches Gewand an, die Straßen sind mit lustig flatternden Lumpenleinen überspannt. Beim Herumstreifen durch die Gassen entdeckt man immer wieder Neues: Fachwerkwände, Wandbilder oder am Ende der Schmiedstraße Reste der Stadtmauer, ein Wehrgang, davor die Eselsmühle, in der das Heimatmuseum seinen Platz gefunden, im Mühlestadel das Käsereimuseum. Im Sommer eine ideale Kulisse für Freiluftaufführungen.

Wahrzeichen in Wangen ist der Pulverturm

Durch heimatvertriebene schlesische Zuwanderer gelangten literarische Nachlässe nach Wangen. So entstanden das Gustav-Freytag-Archiv und das Deutsche Eichendorff-Museum. Wahrzeichen der Unterstadt ist der Pulverturm und die Badstube am Argenufer, in der ab 1589 unter gotischen Gewölben die damalige Badekultur gepflegt wurde, in einer Zeit, als es noch keine häuslichen Badezimmer gab.

In der Paradiesstraße zeigt ein barockes Fresko am Café Walfisch die Jonasgeschichte. Der Prophet wird auf seiner Flucht vor Ninive barfuß vom Walfisch verschluckt und später mit Stiefeln wieder an Land gespieen. Vom Frühjahr bis zum Herbst plätschern Brunnen in den Gassen und auf den Plätzen.

In der Oberstadt dominieren die Steinbrunnen, in der Unterstadt die gusseisernen, und seit den 80er Jahren kommen die lustigen „Figurenbrunnen“ aus Bronze dazu. Der Antoniusbrunnen auf dem Saumarkt ist bei den Kindern sehr beliebt, sie reiten mit Begeisterung auf den kleinen Schweinen um den „Sau-Tone“ – so wird der Heilige volkstümlich im Allgäu genannt. Der Badstuben- oder Kopfwäschebrunnen an der Stadtmauer am Argenufer zeigt ein fröhliches Gerangel, während eine resolute Frau dem sich sperrenden Mann den Kopf wäscht Am Übergang von Ober- zur Unterstadt wurde den „verdruckten“ Allgäuern ein Denkmal gesetzt, wobei eine Gruppe Männer übereinander gestapelt liegt, zuunterst ein Geistlicher, auf dem ein „Leisetreter“ und ein „Kartenspieler“ lasten. Eine der Figuren trägt unverkennbar die Züge des früheren Oberbürgermeisters Jörg Leist. Vorsicht, Vorübergehende trifft unvermittelt ein Wasserspritzer!

Bier und Leberkässemmel beim Fidelisbeck

Zwischen all den Sehenswürdigkeiten sollte man die Hinweise der vergoldeten Wirtshausschilder nicht übersehen. Tradition ist es, an Markttagen beim Fidelisbäck zu Bier und Leberkässemmel einzukehren. Das Haus „Zum Kornhausmeister“ verbirgt eine urige altdeutsche Weinstube. Von den Nischen der Zweiertischchen lassen sich durch die Scheiben unbemerkt die Passanten beobachten und das gegenüberliegende Kornhaus am Postplatz, in dem die Stadtbücherei untergebracht ist. So mancher erinnert sich noch gern an die weißhaarige Wirtin Frau Geiger, die für jeden Gast ein freundliches Wort fand, bei der Wahl des Weines beriet und mit alten Bewohnern Wangens im gemütlichen Stammtischwinkel saß. Ein Bild wie aus der guten alter Zeit. Nach ihr war das gemütliche Gasthaus etliche Jahre verwaist.

Der Schwabe Thaddäus Troll fand überschwängliche Worte zum Lobpreis der Stadt: „Wenn ich Wangen höre, sehe ich sandfarbene Kühe, wiederkäuend auf einer Wiese, die von gelbem Löwenzahn gesprenkelt ist. Vollmond, aufgehängt an einem italienischen Himmel über dem Marktplatz, auf dem Gotik, Renaissance, Barock ein architektonisches Trio spielen. Goldgeränderte Plusterwolken über dem weißen Gebiss der Alpen, von denen der Wind einen lindgrünen Vorhang aus Blütenstaub hoch wirbelt. Mit dem Wort Wangen höre ich die knorrige Sprache der Bauern, den Singsang der Anpreiser, das Quietschen der Ferkel auf dem Markt. Wenn ich Wangen höre, rieche ich Alpenkräuter, Käse, Weihrauch und frisches Brot. Wenn ich Wangen höre, schmecke ich deftige Brätknödel in einer kräftigen Brühe.“

Info:

Tourismusamt Wangen, Bindstr. 10, 88239 Wangen im Allgäu,

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 9 bis 17 Uhr, Telefon 0 75 22 /7 42 11. www.wangen.de

Anreise: zum Beispiel mit dem Auto auf der A8 Richtung München, bei Ulm –West auf die B28, dann A7, E43, A96 Ausfahrt 6 Wangen-Nord, ca. 3 Stunden Fahrzeit. Oder mit der Bahn vom Norden nach Wangen mit zweimaligem Umsteigen in Stuttgart und Aulendorf: www.bahn.de

Übernachten: Hotel Alte Post, Postplatz 2, 88239 Wangen im Allgäu, Tel. 0 75 22 /9 75 60, liegt mitten in der Altstadt neben dem historischen Rathaus. Ein Einzelzimmer ist ab 55 Euro zu bekommen. Exquisite Küche. www.hotel-alte-post-wangen.de

Hotel Mohren Post, Herrenstr. 27, 88239 Wangen, Tel. 0 75 22/ 9 78 49 49. Zimmerpreis ab 101 Euro. Das Café –Restaurant hat eine schöne Außenterrasse vor dem Haus in der Fußgängerzone. www.hotel-mohren-post.de

Hotel Gasthaus Oberwirt von Thomas und Renate Vierk liegt ebenfalls zentral und bietet im Gasthaus saisonale Allgäuer Küche, Zimmer ab 62 Euro. www.oberwirt-wangen.de

Essen und Trinken: Originell ist die Altdeutsche Weinstube „Zum Kornhausmeister“, Bindstr.29, 88239 Wangen. Ein Muss ist am Markttag das Fidelisbäck, Paradiesstr. 3, 88239 Wangen, Tel.  0 75 22 / 79 59 31. Mo-Fr 8 bis 22 Uhr, Samstag 8 bis 14 Uhr Spezialität: Leberkäs mit feiner Kruste aus dem Backofen oder Saurer Käs aus dem Allgäu

Unbedingt aufsuchen: Die alte Badstube - Ausstellungen

Die Stadtbücherei im alten Kornhaus, in der man gemütlich und kostenlos viele aktuelle Zeitungen lesen kann und die immer auch interessante Ausstellungen bietet.