Der Warnstreik hat am Montag für viele Bürger Behinderungen bedeutet. Etwa 10 000 Mitarbeiter von Bund und von Kommunen demonstrieren auf dem Marktplatz.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Im ersten Moment war die alte Dame verdutzt. „Da ist ja zu“, musste sie erstaunt am heruntergelassenen Rollgitter der Stadtbahnstation Schlossplatz feststellen. „Dann fahre ich wieder mit der S-Bahn zurück nach Vaihingen“, sagte die 86-Jährige. Plötzlich konfrontiert mit der Tatsache, dass im öffentlichen Dienst gestreikt wurde, zeigte die alte Dame Verständnis für die Anliegen der Beschäftigten: „Ich bin lange berufstätig gewesen, ich weiß, wie das ist.“

 

Der Warnstreik hat am Montag für viele Bürger der Stadt und der Region Behinderungen bedeutet. Weil Busse und Züge der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) in den Depots blieben und etwa 1500 Beschäftigte im Ausstand waren, floss der Verkehr auf den Hauptachsen der Landeshauptstadt nur zäh. Zwischen 7.30 und 10.30 Uhr mussten sich die Autofahrer vor allem auf der B 27 zwischen Degerloch und Charlottenplatz mehr noch als sonst in Geduld üben, auf der B 10/B 14 zwischen Schwanentunnel und Charlottenplatz sowie auf der B 295 bei Feuerbach.

Nur zwei Schüler nutzen den Abiturbus

Weil auch in dieser Woche noch Abiturprüfungen geschrieben werden, hatte Verdi zwei Busse gechartert und am Hauptbahnhof postiert, die insbesondere jene der 743 Prüflinge an beruflichen Gymnasien fahren sollten, die außerhalb wohnen und deren Schule nicht an S-Bahn-Stationen liegen. Nur zwei Schüler hätten das Angebot angenommen, sagte Andreas Henke, Pressesprecher im Verdi-Landesbezirk. Die beiden wollten eigentlich zu Fuß zur Cotta-Schule im Osten, hätten dann aber doch den Bus gewählt, „weil der eben da war“, erzählte Henke.

In den städtischen Krankenhäusern folgten laut Verdi etwa 450 Mitarbeiter dem Streikaufruf. Die Versorgung der Patienten war gesichert, Notfälle wurden operiert, Einschränkungen habe es aber in allen Bereichen gegeben, so eine Kliniksprecherin. Gabriele Sührer von den ehrenamtlichen Grünen Damen im Katharinenhospital, die neue Patienten in Empfang nehmen, war „überrascht“, wie viel trotz des Streiks los war. Kurz nach 10 Uhr zeigte der Zähler 23 Neuaufnahmen. „Sonst sind es um diese Zeit 30 oder auch mal 40“, sagte sie. Ein Schwerpunkt war in Stuttgart wieder das Jugendamt mit 1370 Streikenden, von den 187 Kitas waren 161 mit 8936 Plätzen zu. In vier Einrichtungen betreuten Eltern ihr Kinder selbst. Der Müll wurde nur in einzelnen Bezirken wie in Mitte oder auf den Fildern abgeholt, und auch dort nur zum Teil, weil mehr als 300 Müllmänner streikten.

Kundgebung mit Verdi-Chef

Verdi-Bezirksgeschäftsführer Bernd Riexinger freute sich über den „übervollen“ Marktplatz bei der Kundgebung mit Verdi-Chef Frank Bsirske. Verdi schätzte die Teilnehmerzahl auf 12 500, die Polizei auf 9000. Angereist waren diese auch aus das dem ganzen Land, aus Karlsruhe, Pforzheim, Reutlingen, dem Schwarzwald-Baar-Kreis und Konstanz. „Die Leute wollen endlich mehr Geld und nicht wieder weniger“, sagte Werner Hansenmann aus Pforzheim. Annette Seitz-Goldschmitt, die in einer Kinderkrippe in Möglingen arbeitet, sagte: „Die Eltern wollen eine hochwertige Betreuung ihrer Kinder, wir machen Fortbildungen, das wollen wir auch bezahlt bekommen.“

Am Dienstag sind die Mitarbeiter des Bodenverkehrsdienstes am Flughafen von 6 bis 11 Uhr zum Streik aufgerufen, von 10 bis 11 Uhr die Flughafenfeuerwehr. In dieser Zeit sind am Airport 65 Flugbewegungen geplant, es wird mit Beeinträchtigungen gerechnet.