In der Landeshauptstadt sind für den Mittwoch alle Mitarbeiter der Kommune und des Bundes zu einem eintägigen Arbeitskampf aufgerufen worden.

Stuttgart - Nun ist es offiziell: am nächsten Mittwoch legen die Stuttgarter Beschäftigten im öffentlichen Dienst „von null bis 24 Uhr“ die Arbeit nieder. Am Freitagvormittag sandte die Gewerkschaft Verdi den offiziellen Aufruf zu dem Warnstreik per Fax und E-Mail in die Betriebe und Amtsstuben. In der Landeshauptstadt sind alle Mitarbeiter der Kommune und des Bundes zu dem eintägigen Arbeitskampf aufgerufen worden. Das Gleiche gilt auch für den öffentlichen Dienst in den umliegenden Landkreisen. Verdi erwartet die Teilnahme von 5000 bis 7000 Mitgliedern.

 

Zum Auftakt ist am Mittwoch um 9.30 Uhr eine Streikversammlung im DGB-Haus geplant. Geöffnet ist das Streiklokal bereits von sechs Uhr an. Um 11.15 Uhr folgt eine Demonstration durch die Innenstadt, an die sich um zwölf Uhr eine Kundgebung auf dem Marktplatz anschließt.

„Bei uns dreht sich am 7. März kein Rad“

In der Landeshauptstadt sind bis zu 18 000 Beschäftigte von dem Tarifkonflikt tangiert – etwa 12 000 allein bei der Stadt. Der Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle appelliert daher an die Gewerkschaft und die kommunalen Arbeitgeber, mit konstruktiven Angeboten aufeinander zuzugehen. „Für die üblichen Streikrituale und Muskelspiele haben die betroffenen Bürger wenig Verständnis“, sagt er. In Stuttgart sind neben der Stadtverwaltung die kommunalen Krankenhäuser sowie die SSB und die städtischen Bäder einbezogen – darüber hinaus der Flughafen, wo streikende Servicekräfte den Betrieb aber nicht gefährden können. Auch bei der Filiale der Bundesbahn und der Bundesagentur für Arbeit soll diese ruhen. „Bei uns dreht sich am 7. März kein Rad“, ist von den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) zu hören. Alle Stadtbahnen und Linienbusse blieben in den Depots. „Auch die Kundencenter und der Telefonservice sind außer Betrieb“, teilt eine Sprecherin des Nahverkehrsunternehmens mit. Lediglich die wenigen für die SSB fahrenden privaten Busunternehmer seien planmäßig unterwegs. Ansonsten werden sich die Streikenden wie gewohnt vornehmlich vor Ort aufhalten, um aufzupassen, dass kein Gefährt den Betriebshof verlässt.

Auch Müllabfuhr und Kitas sind betroffen

Fest steht ebenfalls, dass am Mittwoch ein Fünftel der Mülltonnen in der Stadt nicht geleert wird. „Wir holen die Abfuhr aber so rasch wie möglich nach“, verspricht Thomas Heß, der Leiter der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS). Alle neben den Tonnen stehenden Müllsäcke würden kostenlos mitgenommen.

Beim Stuttgarter Jugendamt rechnet man fest damit, dass am Streiktag rund 140 der 185 städtischen Kindertagesstätten geschlossen bleiben. „Wir haben die Familien bereits angeschrieben“, sagt der stellvertretende Amtsleiter Heinrich Korn. „Damit kein Kind vor verschlossenen Türen steht, bitten wir die Eltern, ihre Kinder nicht allein zum Kindergarten gehen zu lassen.“ Alle sollten sich vorher vergewissern, ob dieser offen oder geschlossen sei.

Unterschiedlichen Mobilisierung in den einzelnen Einrichtungen

Verdi spricht von etwa zwei Dritteln der Kindertagesstätten, die an dem Tag dicht bleiben werden. Das habe mit der unterschiedlichen Mobilisierung in den einzelnen Einrichtungen zu tun. Und nicht jede der 2000 gewerkschaftlich organisierten Erzieherinnen misst dem Streik eine solche Bedeutung bei, dass sie auf die Kinderbetreuung verzichten mag. Zu eng ist mancherorts der Draht zu den Eltern, die dadurch zum Umplanen gezwungen werden.

2009 war der Tarifkonflikt an den kommunalen Kindertagesstätten erst nach elfwöchigem Arbeitskampf beigelegt worden. Damals erzielten die Erzieherinnen ein Gehaltsplus von rechnerisch rund 150 Euro monatlich. Verdi zufolge kam eine neu eingestellte Erzieherin somit auf 2240 Euro, nach vier Jahren auf 2400 Euro und nach 18 Jahren Berufserfahrung auf 2864 Euro.

Eingeschränkt wird wohl auch die Kernzeitbetreuung im Rahmen der verlässlichen Grundschule, die in Stuttgart zu den kommunalen Aufgaben gehört.

Grundversorgung im Stuttgarter Klinikum sicherstellen

Ebenso sind die rund 5500 Mitarbeiter des Stuttgarter Klinikums – zu dem das Bürgerhospital, das Katharinenhospital, das Olgahospital und das Krankenhaus Bad Cannstatt gehören – zum Warnstreik aufgerufen. Am Montag werde man mit Verdi über eine Notdienstvereinbarung sprechen, um die Grundversorgung sicherzustellen, hieß es. Ein Arbeitgeber darf den Notdienst nicht von sich aus anordnen. In allen Verdi-Bezirken werde der Krankenhausbereich einbezogen, schildert Günter Busch, der stellvertretende Landeschef. Erstmals würden nicht nur die Operationsbereiche, sondern auch die Pflegestationen davon betroffen sein. So nutze man eine Taktik, wie sie schon an der Berliner Charité angewandt worden sei. In allen Häusern biete Verdi großzügige Notdienstvereinbarungen an. Niemand solle wegen des Streiks zu Schaden kommen. Sogenannte elektive (einbestellte) Fälle wie die lang geplante Operation müssten jedoch verschoben werden. Im Pflegebereich könne es dazu kommen, dass Patienten auf eine andere Station oder gar in ein anderes Haus verlegt werden. Im Prinzip solle der Warnstreiktag aber wie ein Wochenende über die Bühne gehen, sagt Verdi voraus.

Auch Landkreise machen mit

Warnstreiks soll es auch in den Landkreisen Böblingen, Ludwigsburg und Rems-Murr geben. Ebenso im Verdi-Bezirk Fils-Neckar-Alb: In Esslingen setzt sich um elf Uhr ein Demonstrationszug am Gewerkschaftshaus in Bewegung. Es schließt sich eine Kundgebung um zwölf Uhr an. Betroffen von den Warnstreiks sind vor allem die Stadtverwaltung, das Klinikum, der Städtische Verkehrsbetrieb (SVE), etliche Kitas und die Stiftung Jugendhilfe Aktiv.

Verdi-Landesfachbereichsleiter Busch deutet zudem an, dass sich auch Beschäftigte der Diakonie beteiligen wollten. Dabei handelt es sich um zwei Einrichtungen in Stuttgart und eine Esslingen. Weil die Rechtslage im diakonischen Bereich trotz Anwendung des öffentlichen Tarifvertrags (TVÖD) umstritten ist und Verdi einstweilige Verfügungen sowie Druck auf die Mitarbeiter befürchtet, will Busch die Namen der Häuser noch nicht öffentlich nennen.