Verdi ruft Erzieherinnen und Erzieher für den Mittwoch zur Arbeitsniederlegung auf. Warum die Streiks bewusst in den Kitas starten.

Familie/Bildung/Soziales: Alexandra Kratz (atz)

Am Mittwoch ist wieder das Organisationstalent der Eltern gefragt. Denn die Gewerkschaft Verdi ruft die Beschäftigten des Jugendamts, also insbesondere Erzieherinnen und Erzieher, zum Warnstreik auf. Betroffen sind nicht nur Kitas, sondern auch Betreuungsangebote für Schulkinder, zum Beispiel die Schülerhäuser.

 

„Wir hoffen, dass Sie für den Streiktag eine gute Lösung für die Kinderbetreuung finden“, schreibt die Jugendamtsleiterin Katrin Schulze in einem Infobrief, den Eltern vorab erhalten haben. In der Praxis bedeutet das oft, dass diese nebenbei im Homeoffice arbeiten oder aber ihren Nachwuchs bei den Großeltern oder Freunden unterbringen müssen. Eine Notbetreuung gebe es nicht, stellt die Stadt auf Nachfrage klar. Im Brief der Amtsleiterin heißt es dazu, dass die Gewerkschaft solche Vereinbarungen für einzelne Warnstreiktage stets abgelehnt habe.

Nicht alle Einrichtungen bleiben geschlossen

Erfahrungsgemäß seien an Streiktagen in Stuttgart mehr als 80 Prozent der etwa 175 städtischen Einrichtungen ganz oder teilweise geschlossen, informiert die Pressestelle der Stadt. Die Einrichtungsleitungen seien gebeten worden, die Familien rechtzeitig über die genaue Situation vor Ort zu informieren. „Kinder sollten sich auf keinen Fall in ungeklärten Situationen befinden“, heißt es dazu in der Stellungnahme. Für die Mitarbeitenden der Stadt gilt, dass sie ihren Nachwuchs ausnahmsweise mit an den Arbeitsplatz bringen oder aber im Homeoffice arbeiten können, sofern ihre Tätigkeit dies zulässt und sich keine andere Möglichkeit findet.

Auch die Gewerkschaft rechnet mit zahlreichen geschlossenen Einrichtungen. Um 11.15 Uhr ist eine Aktion vor dem Rathaus geplant, erwartet werden rund 1000 Streikende. „Wir starten die Warnstreiks bewusst in den Kitas, weil da die Belastung durch unbesetzte Stellen inzwischen dramatisch ist“, sagt Sidar Carman, Bezirksgeschäftsführerin bei Verdi Stuttgart, und ergänzt: „Die Kolleginnen und Kollegen akzeptieren nicht, dass ihre Forderungen nach mehr Geld und mehr Zeitsouveränität von den Arbeitgebern ausgesessen werden.“ Die Beschäftigten seien es leid, die Arbeit für die vielen unbesetzten Stellen miterledigen zu müssen.

Die Beschäftigten seien empört über den Kurs ihrer Arbeitgeber in der aktuellen Tarifrunde, sagt die stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiterin Hanna Binder. Foto: Verdi

Verdi fordert für die bundesweit mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst Einkommenserhöhungen von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich und höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten. Mit der Ausweitung der Warnstreiks reagiert die Gewerkschaft nach eigenen Angaben auf die Stimmung in den Dienststellen. Die Beschäftigten seien empört über den Kurs der Arbeitgeber in der aktuellen Tarifrunde. Zahlreiche Bürger- und Oberbürgermeister hätten bereits gedroht, öffentliche Dienstleistungen wegen der Forderungen zu kürzen, so die stellvertretende Verdi-Landesbezirksleiterin Hanna Binder. Die nächste Verhandlungsrunde ist für Mitte des Monats geplant.

Am Donnerstag ruft Verdi im Landkreis Ludwigsburg in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes zum Warnstreik auf.