Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, steht vor einer Aussage, auf die Beobachter gespannt warten. Dafür hätte sie aber gerne einen fünften Verteidiger.

München - Wie es ihr so gehe, fragt der Vorsitzende Richter Manfred Götzl im Münchner NSU-Prozess die Angeklagte Beate Zschäpe am 248. Verhandlungstag, woraufhin Zschäpe eine Art Schnute zieht, die zu sagen scheint: Okay. Okay ist eine Menge, wenn man berücksichtigt, dass Zschäpe zuletzt angeblich einen Nervenzusammenbruch erlitten hat, nachdem ihre Zelle durchsucht worden war. Die bisherigen Anwälte Zschäpes – Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl – kommentieren Zschäpes Gesicht mit eisigen, teilnahmslosen und feixenden Blicken. Erkennbar haben sie nichts mehr mit der Verhandlung zu tun. Ihren Rat zu schweigen hat Zschäpe in den Wind geschlagen, am 249. Tag will sie reden – beziehungsweise reden lassen.

 

Zschäpe will aktiv in den Prozess eingreifen

Ihr Anwalt, Mathias Grasel, erklärt das Prozedere. Er will bis in feinste Verästelungen abgestimmte Formulierungen vorlesen, die erläutern sollen, was oder was nicht Zschäpe mit den zehn Morden, 15 Banküberfällen, der Brandstiftung und den Sprengstoffanschlägen des NSU zu tun gehabt hat. Dazu Details zur Vita und zum Leben im braunen Milieu. Heißt es. Wichtig – und dies nicht zur Freude von Manfred Götzl – ist dem Anwalt, dass es damit für diese Woche sein Bewenden haben soll. Ausdrücklich wünscht er sich nach der „starken Belastung“, die er für seine Mandantin voraussieht, eine Unterbrechung des Prozesses. Grasel schildert das alles so, als mache er dem Gericht ein besonders gutes Angebot. Er darf dabei nicht in die Gesichter der Angehörigen schauen, die neben den Anwälten der Nebenklage sitzen und ohnehin schon mehrheitlich daran zweifeln, ob sie in diesem Prozess, der bald in sein drittes Jahr gehen wird, irgendwann noch etwas erfahren, was direkt mit der Wahrheit zu tun hat. Von der Zschäpe-Verlautbarung versprechen sich die meisten nicht viel.

Nur das Gericht soll Fragen stellen dürfen

Zschäpe hingegen erwartet sich, laut Grasel, eine Menge davon, nicht mehr nur Aussagen anhören zu müssen, sondern aktiv, wenn auch nur mittelbar einzugreifen. Aus diesem Grund bittet sie wohl darum, zusätzlich zu Grasel, ihrem nominell vierten Verteidiger, auch dessen Kanzleikollegen Hermann Borchert noch als Pflichtverteidiger zuzulassen. Dazu muss sich das Gericht demnächst erst einmal verhalten.

Wenn Grasel Zschäpes Text verlesen hat, wird das Gericht Fragen stellen können. Ob Grasel sie ad hoc und in direkter Rücksprache mit Zschäpe beantworten will (und wie), ist noch nicht raus. Grasel ist nicht so dumm, dass er nicht wüsste, wie sehr er die Kammer mit diesem Vorgehen reizt. Die Verteidigung des mutmaßlichen Waffenbeschaffers Ralf Wohlleben wiederum ist nicht so dumm, dass sie ihre Karten vor Grasel auf den Tisch legt. „Zurzeit“, befand Wohllebens Verteidigerin Nicole Schneiders, sei man noch nicht so weit. Von einer Absprache mit der Verteidigung Wohlleben hat sich Grasel distanziert. Freilich schätzt Zschäpe sowohl Schneiders wie den höchst intelligenten zweiten Verteidiger Olaf Klemke. Beide leugnen nicht ihre Sympathie für die rechte Szene.