Wartesaal in Besigheim Kein Geld für die Miete – Stadt streicht Kulturverein die Mittel
Der Wartesaal im Bahnhof von Besigheim (Kreis Ludwigsburg) gilt als Kleinod des Kulturlebens. Die Stadt hat jetzt jedoch die Zuschüsse gestrichen.
Der Wartesaal im Bahnhof von Besigheim (Kreis Ludwigsburg) gilt als Kleinod des Kulturlebens. Die Stadt hat jetzt jedoch die Zuschüsse gestrichen.
Der Wartesaal am Besigheimer Bahnhof setzt kulturell Akzente. Nun hat der umtriebige Kulturverein ein Problem: Die Stadt streicht den Zuschuss für Miete und Heizung. Dem Verein fehlt das Geld – die Mitglieder wollen deshalb neue Wege gehen.
Der Wartesaal in Besigheim lässt immer wieder mit interessanten Veranstaltungen aufhorchen. Die Stadt unterstützte den Verein seit seiner Gründung vor 16 Jahren, zuletzt mit einem jährlichen Zuschuss von 2500 Euro. Allerdings ist damit nun Schluss. Ohne diese Einnahmen steht der Verein nach eigenen Angaben vor einer existenziellen Herausforderung.
Der Verein muss somit die monatlichen Mietkosten von etwa 500 Euro an die Deutsche Bahn selbst tragen sowie Gagen für Künstler und Gema-Gebühren. Aus der Not will er jedoch eine Tugend machen und setzt sich ein Ziel: ein jüngeres Publikum anzusprechen.
Die Finanzlage der 12.000-Einwohner-Stadt ist wie die der meisten anderen Kommunen im Kreis Ludwigsburg schwierig. Der Gemeinderat steuerte im Januar gegen und beschloss ein Streichkonzert in den Bereichen Sport, Kultur und Musik. „Wir vertrauen auf Ihr Verständnis und sind zuversichtlich, dass Sie Möglichkeiten finden werden, auch ohne diesen städtischen Zuschuss Ihre wertvolle Vereinsarbeit fortsetzen zu können“, teilte der Bürgermeister Florian Bargmann freundlich, aber unmissverständlich in einem Brief mit.
Für das Wartesaal-Team ist das Nein der Stadt ein herber Dämpfer. „Wir müssen uns sehr strecken, um monatlich 500 Euro zu erwirtschaften“, sagt Bernd Moritz, der als Schriftführer die Pressearbeit für den Verein mit etwa 100 Mitgliedern betreibt. Eine Beitragserhöhung im Umfang der jährlich fälligen 6000 Euro für Miete und Heizung diskutiere man, ebenso wie Solidarbeiträge oder eine verstärkte Mitgliederwerbung.
Aus den Events schlägt der Verein in der Regel keinen großen Profit. „Die meisten Veranstaltungen finanzieren wir, indem wir den Spendenkoffer kreisen lassen“, erklärt Bernd Moritz. Trotz guter Qualität unter den Künstlern halte man die Eintrittspreise niedrig. Der Verein richte sich an Menschen, von denen viele nicht zu den zahlungskräftigsten zählten: „Wir versuchen, Kultur für alle möglich zu machen.“
Ein Beispiel ist der Dokumentarfilmabend der sechsten bundesweiten Reihe „Let’s Dok“, der kürzlich unter dem Motto „Mehr Demokratie wagen!“ im Besigheimer Wartesaal stattfand. Der Bahnhofsraum war damit einer von 200 Veranstaltungsorten, an denen – noch bis zum 29. Oktober – insgesamt rund 70 Filme zu sehen sind.
Drei junge Regisseurinnen kamen in Besigheim mit der Moderatorin Sabine Willmann über ihre zuvor präsentierten Doku-Filme ins Gespräch. Die rund 20 Gäste sahen unter anderem Lebenswirklichkeiten aus der Ukraine – größtenteils stille Bilder, die das Leben der Menschen in dem kriegsgeängstigten Land abseits aller Schlagzeilen einfühlsam dokumentierten.
Die Marbacher Filmemacherin Sabine Willmann ist schon öfter im Wartesaal zu Gast gewesen. „Die Nachwuchsfilmemacher sind Ende 20 oder Anfang 30 – es ist wichtig, ihre Gedanken, Wahrnehmungen in die Welt zu tragen: Es erhöht die Diskursvielfalt“, sagt sie und findet es wichtig, gerade auch junge Leute mit solchen Angeboten anzusprechen. „Sie werden viel zu wenig in den Mittelpunkt der Gesellschaft gestellt.“
Jünger zu werden, das hofft auch der Verein Wartesaal. Schließlich seien die Mitglieder älter geworden – viele seien schon über 60 oder 70 Jahre, erklärt Bernd Moritz. Man wolle nun verstärkt auf Jüngere zugehen und ihnen mit einem neuen Konzept den Reiz der Kulturarbeit in der eigenen Stadt vermitteln.