Internet-Plattformen löschen Terror-Propaganda inzwischen schnell, sagt der leitende Islamismus-Ermittler des BKA. Aber die Algorithmen machen Lösch-Ersuchen zu einem Kampf gegen Windmühlen.
Islamistische Attentäter wählen nach Einschätzung eines leitenden BKA-Experten auch deshalb in Deutschland oft Messer als Tatwaffen, weil Schusswaffen schwerer zu bekommen sind.
Warum agieren potenzielle Täter mit Messern?
„Auch bei Razzien und Durchsuchungen finden wir bislang sehr selten Sturmgewehre oder Pistolen“, sagt der Leiter der Abteilung Islamistisch motivierter Terrorismus/Extremismus beim Bundeskriminalamt, Sven Kurenbach.
„Das ist anders in Frankreich oder Belgien, dort haben islamistische Terroristen immer wieder auch Schusswaffen eingesetzt“, fährt Kurenbach fort. Entscheidend sei, dass der Zugang zu Waffen in Deutschland deutlich stärker reguliert sei. „Zudem sind Schusswaffen – auch auf dem illegalen Schwarzmarkt – nicht billig. Die oftmals jungen islamistischen Täter haben aber meist wenig finanzielle Ressourcen.“
Was fordern Fahnder von Netzbetreibern?
Bei Terror-Propaganda im Internet seien Lösch-Ersuche der Fahnder inzwischen erfolgreicher, weil die Plattformen nun zur schnellen Löschung verpflichtet seien, berichtete Kurenbach weiter. Die durchschnittliche Löschquote liege bei circa 90 Prozent. „Das ist aus unserer Sicht ein ausgesprochen gutes Ergebnis.“
Kurenbach fordert die Betreiber jedoch auf, ihre Algorithmen anzupassen. „Oftmals spült der Algorithmus der Plattformen jungen Nutzern immer wieder neue dschihadistische Inhalte auf die Profil-Seite, wenn sie sich erst einmal dafür interessiert haben“, erläutert der Chefermittler. „Wer sich im Extremfall für Bestandteile, die für den Bombenbau verwendet werden können, interessiert, bekommt neue und günstigere Angebote angezeigt.“
Hat die Verwendung von Messern im öffentlichen Raum zugenommen?
Die Statistik in Deutschland ist eindeutig: Die Zahl der Gewaltdelikte, bei denen ein Messer eingesetzt wird, steigt. Und das in einem erschreckenden Ausmaß und Tempo.Die Justizminister der Länder erklärten, dass die steigende Zahl an Straftaten mit Messern „von der Bevölkerung zu Recht als eine ernsthafte Bedrohung ihrer Sicherheit empfunden“ werde. Das war im Juni 2019.
In Deutschland ist zu einem Anstieg von Messerangriffen insbesondere an Bahnhöfen gekommen. Die Bundespolizei registrierte jüngst in ihrem Zuständigkeitsbereich für die Monate Januar bis August 2024 insgesamt 430 Fälle von Messergewalt an Bahnhöfen – im Vergleich zu 777 im gesamten Vorjahr.
Wie viel Fälle von Körperverletzung mit dem Messer gab es 2023?
Nach der für alle Bereiche geltenden polizeilichen Kriminalstatistik lag die Zahl der gefährlichen und schweren Körperverletzungen mit Messern im Jahr 2023 bei 8951 Fällen. Dies waren fast 800 Delikte mehr als im Jahr 2022.
Wie hoch ist das Strafmaß bei Messergewalt?
Der Einsatz eines Messers kann laut Strafgesetzbuch (StGB) mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert werden. Als Mindeststrafe sieht Paragraf 224 StGB („Gefährliche Körperverletzung“) eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Schon der Versuch, ein Messer einzusetzen, ist demnach strafbar.
Konkret ist in Paragraf 224 auch nicht von Messern als Tatwerkzeug die Rede, stattdessen ist dort unter anderem der Einsatz einer „Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs“ aufgeführt. Wenn der Täter den möglichen Tod des Opfers billigend in Kauf nehme, kommt zudem eine Strafbarkeit wegen eines versuchten Tötungsdelikts in Betracht.