Nach einer Trennung kommen Männer meist sehr viel schlechter mit dem Alleinsein zurecht als Frauen. Sie binden sich deshalb auch schneller wieder, während Frauen sich alles erst einmal gründlich durch den Kopf gehen lassen. Sie haben mehr „Singlekompetenz“.

Stuttgart - Die Wulffs, die van der Vaarts, Heidi Klum und Seal, Katie Holmes und Tom Cruise beweisen es: auch Traumehen sind zerbrechlich. Beinahe im Wochentakt können Klatschmagazine ihrer Leserschaft mindestens einen prominenten Trennungsfall servieren. Das Publikum leidet mit, es diskutiert, spekuliert – und das tut es durchaus kompetent. Denn Promipartnerschaften unterscheiden sich in ihren Grundzügen kaum von den Beziehungen der Meiers und Schulzes nebenan.

 

Zu den Phänomenen, die im bürgerlichen wie im Hollywoodmilieu gleichermaßen zu beobachten sind, zählen vor allem zwei Gemeinsamkeiten: Es ist in der Regel sie, die die Koffer packt und die Scheidung einreicht, dann erst einmal eine längere Zeit braucht, um das Scheitern zu verarbeiten. Er hingegen stürzt sich nach kurzzeitiger Irritation so schnell wie möglich in ein neues Liebesabenteuer.

Frauen haben mehr „Singlekompetenz“

„Das ist tatsächlich kein Klischee“, sagt Lisa Fischbach. Die Diplompsychologin begleitet für die Vermittlungsagentur Elitepartner im Halbjahrestakt wissenschaftliche Studien zur Befindlichkeit der deutschen Singles. „Beim Umgang mit Trennung und der Bereitschaft, eine neue Bindung einzugehen, gibt es zwischen Männern und Frauen sehr deutliche Unterschiede“, konstatiert Fischbach. Frauen kämen mit dem Alleinleben viel besser zurecht. „Sie besitzen mehr Singlekompetenz“, sagt sie. Sie nähmen sich sehr viel Zeit für den Abschied, sie könnten, um sich trösten zu lassen, meistens auf ein gutes Netzwerk von Vertrauten bauen. Die beste Freundin nimmt sie in den Arm, man hält Händchen, darf sich ausweinen, erfährt Zuneigung.

„Frauen fehlt deshalb nach einer Trennung viel weniger als den allein gelassenen Männern“, so hat es Lisa Fischbach in zahlreichen Gesprächen erfahren. In ihrer Hamburger Praxis berät sie Paare und Singles in allen Fragen der Partnerschaft. Bekannt wurde sie auch durch die Mitwirkung an der Dokumentationsreihe des SWR „Die Paarberater – eine neue Chance für die Liebe“.

Fischbach ist überzeugt: es ist vor allem die Angst vor dem Alleinsein, die Männer nach dem Scheitern einer Beziehung schnell eine neue Gefährtin suchen lässt. Die neue Partnerin muss dabei keineswegs gleich die Idealpartnerin sein. „Viele Neusingles legen sich zunächst einmal eine Übergangsfrau zu“, sagt Fischbach. Das ist ein Begriff, der auf der weiblichen Seite kein Pendant hat. Die Übergangspartnerschaft, so die Psychologin, „ist für Frauen kein Modell“.

Unabhängigkeit hat auch etwas für sich

Stattdessen lassen es sich Frauen nach einer Scheidung oder auch dem Tod ihres Mannes gründlich durch den Kopf gehen, ob sie sich auf eine neue Zweisamkeit überhaupt wieder einlassen wollen. „Wir haben in unseren Studien ermittelt, dass ein Viertel aller Singlefrauen nicht bereit ist, mit einem neuen Partner zusammenzuziehen“, erklärt die Psychologin.

Dabei spielt eine große Rolle, dass alleinlebende Frauen heute in der Regel finanziell unabhängiger sind und gesellschaftlich nicht mehr stigmatisiert werden. Je länger sie allein leben, desto behaglicher erscheint ihnen häufig ihr Dasein als unabhängige Solistinnen. Ihre Erziehung zur Fürsorglichkeit kommt ihnen dabei zugute. Sie sorgen und achten besser auf ihre Gesundheit, und sie schaffen sich eher ein gemütliches Zuhause.

Männer vermissen das warme Nest

Gerade dieses warme Nest wird von den männlichen Singles am meisten nach einer Trennung vermisst. Zumal unter Älteren, die plötzlich nach dem Tod der Ehefrau oder einer Trennung allein dastehen, herrsche oft eine sehr große Hilflosigkeit, sagt Fischbach. Wo zuvor in einer Ehe die Rollen klassisch verteilt waren – sie war für den Haushalt zuständig, er fürs Geldverdienen –, kommen zu den emotionalen Problemen ganz prosaische Alltagsfragen für den Singlesenior hinzu: Wie funktioniert die Waschmaschine? Wie wäscht und bügelt man Hemden? Wie backt man eine Tiefkühlpizza auf?

Das unterschiedliche Verhalten von Männern und Frauen nach einer Trennung ist nach Meinung von Lisa Fischbach auf die unterschiedlichen Rollenbilder zurückzuführen, die durch die Erziehung geprägt werden. „Ein Mann, der in einer Konferenz weint, weil er gerade ein Elternteil verloren hat, stößt heute noch weitgehend auf Befremden.“ Männlich ist, wer Stärke zeigt und seine Gefühle unter Kontrolle hat und der nach Erlebnissen des Scheiterns gleich eine neue Herausforderung annimmt.

Sind die Männer die Verlierer des Jahrhunderts?

Fischbach hat in einer Studie Männer gefragt, was sie am meisten an Frauen beneiden. „Zur Antwort bekamen wir mehrheitlich, dass es ihre größere Fähigkeit ist, untereinander über ihre Gefühle zu reden,“ sagt Lisa Fischbach. Unter Männern fehle hier meistens die notwendige Vertrauensbasis. „Sie leiden unter der Angst, dass es ihnen als Schwäche ausgelegt werden könnte, wenn sie sich etwas von der Seele reden wollen“, sagt die Psychologin.

Die unterschiedliche Art des Umgangs mit Trennung und Verlust führt dazu, dass sie aneinander vorbeisuchen, wenn es schließlich doch wieder darum geht, einen neuen Lebenspartner zu finden. Auch weibliche Singles agieren dabei durchaus noch nach überkommenen Rollenbildern. Der Neue sollte sich – was Intellekt, Bildung und gesellschaftlichen Status angeht – mindestens auf Augenhöhe befinden. Wissenschaftlerin und Handwerksmeister – diese Kombination hat nach wie vor Seltenheitswert.

Vom Rollenwechsel sind beide überfordert

Ein halbes Jahrhundert nach dem Start der Emanzipationsbewegung sehen Soziologen Frauen als Gewinnerinnen, während sich die meisten Männer noch in einer Phase des Umbruchs befinden. Die israelisch-amerikanische Autorin Hanna Rosin hat sie gar zu den großen Verlierern der gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen erklärt. In ihrem in dieser Woche auf Deutsch erschienenen Buch mit dem provokanten Titel „Das Ende der Männer“ legt sie dar, wie unflexibel das starke Geschlecht auf Herausforderungen reagiert. Das Wegbrechen klassischer männlicher Arbeitsplätze in der Industrie habe sie in eine Identitätskrise gestürzt. Dennoch sei es für die meisten undenkbar, einen Job etwa in der Altenpflege anzunehmen.

Doch mit dem Rollenwechsel, der die Frau in der Position des Ernährers und den Mann als Hausmann wider Willen sieht, kommen viele nicht zurecht. Immer häufiger, so Hanna Rosin, verzichten die Amerikanerinnen nach einer Trennung darauf, einen neuen Mann zu finden. Mit Beruf und Kindererziehung sind sie zu stark ausgelastet, als dass sie sich noch um einen frustrierten Partner kümmern könnten.