Wer andere misshandelt, gibt nur die Gewalt weiter, die er selbst erfahren hat. Wer klaut, wurde dazu verführt: Warum keiner für sich selbst Verantwortung tragen will und wie man lernt, Fehler zuzugeben.

Stuttgart - Fehler zeigen in unserer Kultur selten ein Gesicht. Lieber leugnet man allenthalben und wenn das nicht mehr geht, schreibt man die Ursachen für das eigene Fehlverhalten eben den Umständen, der Überforderung oder dem System zu. Der Philosoph Odo Marquard (1928-2015) beschrieb „den Ausbruch des Menschen in die Unbelangbarkeit“ in seinem Aufsatz „Die Kunst, es nicht gewesen zu sein“ von 1973: „Die Menschen haben sich von der Vorstellung verabschiedet, dass Gott die Menschen durch Sünde, Schuld und Leid straft und erzieht; sie haben sich selber auf den Platz des obersten Verbesserers der Menschheit gesetzt. Nur: Wer ist dann schuld, wenn es mit der Verbesserung der Menschheit nicht so recht vorangeht? Der Mensch selber? So wird aus der kritischen Frage nach dem gerechten Gott die scharfe Frage nach dem gerechten Menschen – und dessen Antwort lautet, wenn es schiefgeht: ,Dumm gelaufen. Aber ich war das nicht.‘“