Die meisten Frauen haben Catcalling schon mal erlebt. Was hinter dem scheinbar harmlosen Begriff steckt, haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Vor allem Frauen müssen sich im öffentlichen Raum regelmäßig anzügliche Bemerkungen, sogenannte Catcalls, vom anderen Geschlecht gefallen lassen. Dass die Folgen größer sind als man denken möchte, belegt mittlerweile auch eine Studie.

 

Catcalling - Bedeutung

Unter Catcalling versteht man die sexuelle Belästigung ohne Körperkontakt. Gemeint sind damit sexuell besetzte Verhaltensweisen gegenüber dem anderen Geschlecht wie zum Beispiel anzügliche Bemerkungen, Hinterherpfeifen etc. Betroffen sind dabei überwiegend Frauen.

Problematisch ist vor allem die unterschiedliche Auslegung von Kompliment und Belästigung sowie eine allgemeine Verharmlosung, da viele Opfer Catcalling als Belästigung und je nach Situation sogar als Vorstufe von sexuellen Übergriffen empfinden. Eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (KFN - November 2021) zeigt sogar, dass ein großer Teil der Betroffenen durch Catcalling-Erfahrungen in ihrem (Selbst-)Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum erheblich beeinträchtigt werden (1).

Beispiele für Catcalling

Beim Catcalling ist vor allem der schmale Grad zwischen Kompliment und Belästigung problematisch, da sich diese je nach Ansicht und Auslegung überschneiden. So ist das Spektrum verbaler sexueller Belästigung groß. Der Fokus für die Einordnung liegt deshalb auf dem Empfinden der betroffenen Personen. Besonders stark werden die folgenden Situationen als Catcalls empfunden:

  • Anzügliche Bemerkungen / Nachrichten
  • Hinterherlaufen
  • Hinterherfahren / Anhupen
  • Obszöne Gesten
  • Aufdringliche Blicke / Starren
  • Kuss- und Pfeifgeräusche
  • Ungewollte Konfrontation mit aufdringlichen Bildern / Videos

Catcalling ist in Deutschland (noch) nicht strafbar

Obwohl es seit einigen Jahren vermehrt Kritik am Fehlen von Kriterien für verbale Belästigungen gibt, ist Catcalling in Deutschland nicht direkt strafbar (2). Grund dafür ist, dass der Tatbestand der sexuellen Belästigung in Deutschland nur dann geahndet werden kann, wenn es auch einen Körperkontakt gab (3).

Wie es gehen könnte, machen andere Länder vor. In Frankreich, Belgien, Portugal und den Niederlanden ist die verbale sexuelle Belästigung bereits strafbar. Auch wenn Catcalling in Deutschland in manchen Fällen als Beleidigung geahndet werden kann, fordern Bürgerrechtler eine klare Regelung für berührungslose sexuelle Belästigung. Prominentestes Beispiel ist die Petition "Es ist 2020. Catcalling sollte strafbar sein" von Antonia Quell (4), die von knapp 70.000 Personen unterstützt wurde.

Bundesweiter Aktionstag gegen "Catcalling"

Unter dem Motto "Catcalling ist kein Kompliment" (#keinKompliment) fand am 6. Juni 2023 der erste bundesweite Aktionstag gegen Catcalling statt. Teilnehmende Kommunen haben zum Beispiel mit Plakaten und Postkarten auf das Thema aufmerksam gemacht. Geplant ist, dass der Aktionstag jedes Jahr am zweiten Freitag im Juni stattfindet. Der nächste Aktionstag fällt somit auf Freitag, den 14. Juni 2024.

Catcalling - Herkunft

Obwohl der Begriff "Catcalling" ein Problem beschreibt, dass es vermutlich schon immer zwischen den Geschlechtern gab, findet das Wort selbst seinen Ursprung eher in der MeToo-Bewegung und in einem 2014 durchgeführten viralen Videoexperiment. In dem Video, das mittlerweile über 52 Millionen Aufrufe hat, lief die damals 24-jährige Schauspielerin Shoshana Roberts zehn Stunden lang durch New York City und wurde vom Regisseur Rob Bliss mit versteckter Kamera gefilmt.

Im Video wird die Schauspielerin von mehreren Männern angesprochen, während sie wortlos weitergeht. Die Bandbreite der Kommentare ist groß. Einige Situationen wurden dabei auch bedrohlich, als zum Beispiel verschiedene Männer aufgrund der ausbleibenden Reaktionen von Shoshana Robert wütend wurden. Einige Männer verfolgten die Frau sogar für mehrere Minuten. Insgesamt wurde sie von 108 Männern angesprochen.

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Ereignisse der letzten Jahre haben die Debatte rund um den Begriff "Catcalling" auch in Deutschland zusätzlich stark angeheizt. So auch die zahlreichen sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015 in Köln (5), woraufhin etwa 1200 Strafanzeigen wegen Sexualdelikten erstattet wurden. Noch Ende 2016 erfolgten Nachbesserungen zum Gesetzesentwurf für die Verschärfung des bestehenden Sexualstrafgesetzes. Sexuelle Belästigung war bis dahin nicht konkret im deutschen Strafgesetz geregelt (6). Zuvor war diese auch mit Körperkontakt nicht ausdrücklich strafbar.

Catcalling - Was tun?

Doch wie verhalten sich Betroffene bei Catcalling? Situationen können in den meisten Lebensbereichen auftreten und können daher nur individuell beurteilt werden. Ob im Beruf oder in der Öffentlichkeit - empfohlen wird, klar und deutlich zu formulieren, dass man sich belästigt fühlt. Lässt sich eine Catcalling-Situation im Beruf nicht aufklären, sollten Sie sich an Ihren Vorgesetzten wenden.

Obwohl Catcaller in die Schranken gewiesen sollten, sollten Betroffene so reagieren, wie es zu ihnen und ihrem Auftreten passt. In der Öffentlichkeit kann es schwierig sein, Catcalling-Situationen selbstbewusst anzusprechen, wenn die Angst zu groß wird. Dann sollten die Rufe ignoriert und den Catcallern keine Aufmerksamkeit gegeben werden.

Wenn es geht, sollte die Belästigung angesprochen werden. Allerdings sollte man sich nicht in ein Gespräch verwickeln lassen. Ist die Angst zu groß und wird zur Panik, was vorkommen kann, sollten umstehende Personen um Hilfe gebeten werden oder die Polizei gerufen werden.