Als „Eisprinz von Mattsies“ wurde 2021 ein frühmittelalterliches Kindergrab aus dem Allgäu bekannt. Forschungen geben jetzt präzise Einblicke in die Zeit vor 1500 Jahren preis.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Neue Erkenntnisse zum „Eisprinzen von Mattsies“: Experten hatten 2021 das in der 3000-Einwohner-Gemeinde Tussenhausen im schwäbischen Landkreis Unterallgäu in Bayern entdeckte Grab des Jungen aus dem 7. Jahrhundert schockgefrostet. Nun ist es vom Bamberger Fachleuten untersucht worden, wie das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege am Donnerstag (22. Mai) in München mitgeteilt hat.

 
Das Kindergrab in Tussenhausen mit dem Skelett des Kleinkindes. Foto: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

Mit eineinhalb Jahren an Folgen einer Mittelohrentzündung gestorben

Demnach haben die Forscher viele Hinweise auf das Leben des Jungen und auf seine Bestattung erhalten. Er habe vermutlich blaue Augen und helles Haar gehabt und sei bis zu seinem Tod im Alter von etwa eineinhalb Jahren gestillt worden. Gestorben sei er an einer chronischen Infektion, die sich aus einer Mittelohrentzündung entwickelt habe.

„Der Tod des Jungen dürfte seine regional bedeutende Familie erschüttert haben“, sagt Generalkonservator Mathias Pfeil. Sie habe große Anstrengungen unternommen, um dem Jungen ein seinem sozialen Status angemessenes Begräbnis zu bereiten.

Steinerne Grabkammer war Seltenheit

In einem früheren römischen Gutshof sei ein Gebäude speziell als Bestattungs- und Erinnerungsraum eingerichtet worden. „Erfahrene Steinmetze erbauten darin eine steinerne Grabkammer, die mit Kalkmörtel abgedichtet wurde. Eine bemerkenswerte Leistung, da Steingebäude in dieser Zeit unüblich waren“, so der Generalkonservator.

Ein Restauratoren-Team taut das 1300 Jahre alte schockgefrostete Kindergrab auf. Foto: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

Seidenbesätze auf der Kleidung des Jungen deuteten ebenfalls auf einen höheren gesellschaftlichen Status hin, heißt es. Seide habe man damals nur durch Kontakte mit dem Byzantinischen Reich bekommen können. Auch Silberarmringe und silberne Sporen habe der Junge getragen.

Silberarmringe des Jungen. Foto: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

Hinzu kämen aufwendige Goldverzierungen auf der Lederscheide seines Schwertes und ein Tuch mit einem Kreuz aus zwei Goldblechstreifen. Zudem habe man Utensilien gefunden, die bei repräsentativen Gastmählern eine Rolle gespielt hätten, etwa eine Holzschale, ein Trinkbecher und Essensreste.

Aufwendige Goldverzierungen auf der Lederscheide seines Schwertes. Durch Röntgenaufnahmen des Schwertes werden die Verzierungen sichtbar. Foto: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Der Griff des Schwertes, zu sehen am Fundort. Foto: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Goldener Beschlag der Schwertscheide. Foto: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege
Bronzeschale aus dem Grab. Foto: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

Aufwendiges Schockfrosten

Dass das Gebäude nach der Beisetzung zweimal neu überdacht worden sei, deute darauf hin, dass es über einen längeren Zeitraum als Ort der Totenerinnerung gedient habe, heißt es weiter in der Mitteilung.

„Das Landesamt hat mit der Schock-Frostung des Kindergrabes 2021 Neuland betreten. Die Untersuchungsergebnisse zeigen nun eindrücklich, wie viel Information einem so außergewöhnlichen Grabbefund mit adäquaten Bergungsmethoden und einer intensiven Analyse entlockt werden kann“, erklärt Pfeil.

Restauratorinnen und Restauratoren bringen den „Eisprinzen“ unter anderem mit Heißluftfön und Lötkolben zum „Schwitzen“. Foto: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

Das Grab war 2021 in Tussenhausen im Unterallgäu geborgen worden. Den Kammerinhalt hatten Archäologen mit einer eigens entwickelten Methode schockgefrostet, zur Untersuchung nach Bamberg transportiert und dort wieder aufgetaut. Das Grab befinde sich in einem außergewöhnlich guten Zustand, hieß es damals.