Durch Raubbau, Versiegelung, Verschmutzung und Erosion wird der Boden immer mehr ausgelaugt. Schweizer Forscher untersuchen, wie stark Rückstände im Boden zersetzt werden – indem sie Baumwollunterhosen vergraben.
Zürich - In der Schweiz soll landesweit weiße Unterwäsche in der Erde verschwinden. Zur Untersuchung der Bodenqualität verschickt die staatliche Forschungsstelle Agroscope dieser Tage 2000 Baumwollunterhosen an Gartenbesitzer und Bauern.
Die freiwilligen Studienteilnehmer erhalten im Rahmen des Projekts „Beweisstück Unterhose“ jeweils zwei Stück, die im Boden vergraben werden. Danach wird untersucht, wie stark die Textilien von winzigen Lebewesen zersetzt wurden. „Das ist ein Indikator für Bodenqualität“, sagt Projektleiter Marcel van der Heijden.
Versuche mit Teebeuteln
In der Vergangenheit habe es unter anderem schon Versuche mit Unterhosen in Kanada gegeben, aber nicht in dieser Größenordnung, erklärt der Ökologe. Bereits bekannt ist das Vergraben von Teebeuteln als Gradmesser für die Gesundheit des Erdreiches.
Die Freiwilligen, die sich nach dem Aufruf von Agroscope gemeldet haben, sollen deshalb zum Vergleich standardisierte Teebeutel vergraben und zusätzlich Bodenproben nehmen. So wird die Zuverlässigkeit der Unterhosen-Methode getestet.
Aus Wiesen, Beeten und Äckern soll nach einem Monat das eine und nach einem weiteren Monat das zweite Wäschestück ausgegraben und fotografiert werden. Danach wird die Zersetzung der natürlichen Fasern digital analysiert – je löchriger, desto gesünder der Boden.
Gefährdung des Bodens durch Erosion
In einer Pilotstudie sei die private Wäsche der Teilnehmer verbuddelt worden, doch die Textilien seien nicht vergleichbar gewesen, berichtet van der Heijden. Deshalb setze man nun auf standardisierte Unterhosen. „Das ist wissenschaftlicher.“
Die Wäsche-Aktion sei auch dazu gedacht, die Gefährdung des lebenswichtigen Bodens durch Erosion, Überdüngung und Verbauung deutlich zu machen. Laut Agroscope wird weltweit jedes Jahr eine Fläche zweieinhalb mal so groß wie die Schweiz so zerstört, dass sie für die Landwirtschaft unbrauchbar wird.
Zerstörung der Lebensgrundlage
Erosion ist vor allem eine Folge der häufigen und intensiven Bodenbearbeitung, die zweierlei bewirkt: Zum einen wird der Boden selbst mit jeder Bearbeitung ein wenig hangabwärts verlagert, was man Bearbeitungserosion nennt. Zum anderen schafft die Bearbeitung unbedeckte, instabile Böden. Die können bei Starkregen leicht vom Wasser weggespült werden, dann kommt es zur Wassererosion.
Jedes Jahr gehen durch falsche Nutzung rund 224 Milliarden Tonnen fruchtbarer Boden verloren. Nach UN-Angaben wird „alle fünf Sekunden das Äquivalent eines Fußballfeldes des Erde abgetragen“. Allein in Deutschland werden pro Tag mehr als 70 Hektar mit Fabrikhallen, Häusern und Straßen zugepflastert. Das sind über 100 Fußballfelder.
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Laut UN sind bereits mehr als 33 Prozent der Böden der Erde degradiert. 90 Prozent könnten sich bis 2050 verschlechtern. Damit ist Folgendes gemeint: Die Verschlechterung der Bodeneigenschaften durch Erosion oder trockene Sommer ist ein natürlicher geologischer Vorgang. Doch durch Überweidung, Entwaldung, Intensiv-Landwirtschaft sowie Straßen- und Siedlungsbau wird dieser Prozess so stark beschleunigt, dass unsere Lebensgrundlage ernsthaft in Gefahr gerät.