Ignoranz gegenüber Afghanistan ist in westlichen Ländern und Medien weit verbreitet. Aber die Dinge sind komplizierter, als sie auf den ersten Blick scheinen. Unser Autor aus einer afghanischen Familie versucht, sie historisch zu erläutern.

Stuttgart - Im April 2021 verkündete US-Präsident Joe Biden, die verbliebenen Truppen in Afghanistan bis zum 11. September abziehen zu wollen. Damit beschritt er den Pfad seines umstrittenen Amtsvorgängers Donald Trump, der bereits im Jahr zuvor mit dem Abzug begann. Der längste Krieg der Geschichte der Vereinigten Staaten sollte beendet werden – zumindest aus amerikanischer Sicht. Für die meisten Afghanen indes war Washingtons 20-jährige Intervention lediglich eine Fortführung der Kriege und Konflikte, die in ihrem Land bereits seit dem Ende der 1970er Jahre andauern. Das Interesse dafür war allerdings fast immer gering oder kaum vorhanden. Viele Menschen in westlichen Staaten konnten mit Afghanistan wenig bis gar nichts anfangen. Das Land klang für viele Ohren exotisch und mystisch. Der ein oder andere wusste von den Bergen des Hindukusch und dass dort irgendwie Krieg herrscht. Doch damit hatte man selbst nichts zu tun.