Der Frühling lässt die Dirndlbänder flattern: Zum Wasen-Warmup ging’s im Schocken hoch her. Vom Playmate bis zum Abgeordneten: die Vorfreude aufs Krugstemmen steigt. Wer weiß, warum es „Cannstatter Volksfest“ heißt, aber „Stuttgarter Frühlingsfest“?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Mit Anzug, Krawatte und Einstecktuch sieht Uwe Sontheimer nicht nach einer DJ-Legende aus, wie man den einstigen Helden des Boa-Pults nennt. Direkt von der Arbeit ist er zum Wasen-Warmup ins Schocken gekommen. Vor dem Eingang blickt er schräg hinab auf das, was sich ihm an weiblicher Pracht entgegenstreckt. „Oh, die Zeit der Auslagen beginnt“, stellt er trocken fest.

 

Ja, die Dirndl mit ausladenden Dekolletés drängen in dieser Jahreszeit raus wie platzende Knospen. Am 15. April startet das 79. Frühlingsfest auf dem Wasen. Das Trommeln fürs Bierfest zum Ende der Fastenzeit kann keinen schocken, wenn’s in dem dreistöckigen Club, der nach dem Wirtewechsel nur bis Sommer den alten Namen Schocken behalten darf, mit Fassanstich, Trachtenaufmarsch und Wettnageln hoch hergeht. Eingeladen haben die Brüder Fritz und Armin Weeber, die Chefs des Festzelts Wasenwirt, die zunächst „nur“ ihre Geburtstage feiern wollten. Doch jetzt ist daraus ein Wasen-Warmup mit Stadtpromis und anderen Bierfans geworden.

Habt ihr auch einen Hasen?

Stuttgarts bunte Partygesellschaft trifft sich bei Bierzeltmusik der Grafenberger-Partyband, von der DJane Alegra Cole bis zum Rotlicht-Anwalt Hanno H. Haupt, vom Schönheitschirurgen Christian Fitz bis zum MdB Stefan Kaufmann. Dem CDU-Kreisvorsitzenden, der am nächsten Tag mit seinem Mann Rolf Pfander zum Priesterjubiläum von Kardinal Walter Kasper nach Rom fliegt, will man fürs Fotos „ein Häschen“ zur Seite stellen. Der fragt schlagfertig zurück: „Habt ihr auch einen Hasen?“

Ramona Bernhard ist ein ausgewiesenes Häschen. Das Playmate, das kürzlich erneut für den „Playboy“ fotografiert worden ist, diesmal mit Kollegin Micaela Schäfer, schlängelt sich mit Mikro und Kameramann durch die Enge. Für ein Internetprogramm tritt sie an Männer dicht heran und sagt keck: „Ich hab’ ne freche Frage.“ Von Hofbräu-Geschäftsführer Martin Alber will sie wissen, was dessen „Lieblingsstellung“ sei. Dieser verweist auf die „Missionen“ eines Mannes. Ein Metzger soll dem Model verraten, das Moderatorinnen-Talent beweist, ob die Würstchen im Laden größer seien als sein eigenes. Seine Antwort schenken wir uns. Es dürfte auch so klar sein, dass bei Gesprächen wie diesen der Wasen nicht mehr weit sein kann. Kurz darauf meldet sich auch noch Ramonas Mann, der Promi-Agent Oliver Burkhart, als Sieger vom Hämmern zurück: „Ich bin gut im Nageln!“ Beim Biertrinken muss keiner seine intellektuellen Fähigkeiten beweisen. Da steht der Mensch zu seinen archaischen Trieben.

Rathaus war gegen ein „Cannstatter Frühlingsfest

Ein Warmup passt zum Frühlingsfest, das für gute Umsätze warmes Wetter braucht. Ist Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, schon mal aufgefallen, dass es Cannstatter Volksfest heißt, aber Stuttgarter Frühlingsfest, obwohl es am selben Platz gefeiert wird? Dies liegt daran, dass Bad Cannstatt nicht mehr selbstständig war, als der kleine Bruder des Volksfestes zum Wohle der Schausteller nach deren Winterpause in den 1930ern hinzugekommen ist. Das Rathaus bestand darauf, es Stuttgarter Frühlingsfest zu nennen, weshalb manche Cannstatter damals feierlich gelobt haben sollen, es niemals zu besuchen. Besser als das Frühlingsfest an der Isar ist es auf jeden Fall, wie der angereiste Axel Munz, der Chef der Dirndl-Modemarke Angermaier, findet. „Die Frühlings-Wiesn wird in München nicht wahrgenommen“, sagt er.

Stuttgart ist anders drauf. Prost, Ihr Säcke! Jetzt gibt’s wieder Auslagen auch ohne Schaufenster.