Bisher hat er sich Politiker vorgeknöpft, jetzt ist Kabarettist Christoph Sonntag selbst ein Politikum. Bevor sich der Landtag mit ihm am Mittwoch befasst, trat er auf dem Wasen auf. Die Nerven liegen blank: Eine Journalistin warf er raus.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Pfiffe sind nicht zu hören. Dem Kabarettisten Christoph Sonntag geht es besser als so manchen Politikern, die im Bierzelt oft keinen leichten Stand haben. Die Festwirte Daniela und Karl Maier bitten den 57-Jährigen, der sich im öffentlichen Rosenkrieg befindet, auf die Bühne ihres Göckelesmaier-Zeltes, um Gewinne zu verteilen. Es bleibt ruhig am Sonntagabend im Mittelschiff. Kein Beifall ertönt, aber auch keine Klänge der Missbilligung sind zu hören.

 

Sonntag ist kein Politiker, die er sich mit seinen Späßen gern vorknöpft. Längst ist er aber selbst zum Politikum geworden. An diesem Mittwoch, 9 Uhr, werden der Kabarettist und Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) auf Antrag der FDP Debattenthema im Landtag von Baden-Württemberg.

Die „Stiphtung“ ist gar keine echte Stiftung

Die Frage lautet: Sind bei der Vergabe öffentlicher Zuwendungen für ein Projekt von Sonntags „Stiphtung“ (schreibt sich mit „ph“, ist keine echte Stiftung, sondern eine gemeinnützige GmbH) Gelder veruntreut worden? Der Kritisierte sagt, die Landeszentrale für politische Bildung habe ihn rehabilitiert. Doch entscheidend wird sein, was die Staatsanwaltschaft sagt. Die prüft den Fall noch. Wenige Tage, bevor es noch einmal unangenehm für ihn im Landtag werden könnte, bedankt sich Christoph Sonntag beim siebten Wasenkonzil in der Karls Loge von Göckelesmaier bei seinen Spendern, Unterstützern und Freunden, dass sie weiterhin zu ihm halten.

Sebastian Weingarten, der Intendant des Renitenztheaters, etwa sagt: „Ich kenne Christoph seit 30 Jahren und steh’ zu ihm, weil ich mir nicht vorstellen kann, was man ihm vorwirft.“ Der öffentliche Trubel um seine Person nach den schweren Anschuldigungen seiner Noch-Ehefrau hat Sonntag schwer zugesetzt.

Eine ehemalige „Bild“-Journalistin darf ihn nicht mit dem Handy filmen

Mit seiner „Stiphtung“ habe er „alles hinschmeißen“ wollen, sagt er seinen vom Wirtepaar Maier zu Speis und Trank eingeladenen Gästen, während er auf einem Hocker steht: „Wenn du 26 Tage ohne Bezahlung für ein Demokratieprojekt arbeitest und so viel Falsches über dich lesen musst, fragst du dich, was soll das nur?“ Dann seien 30 schwere Jungs, tätowiert, die zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt worden seien, im Keller seines Hauses gesessen, man habe diskutiert und sei sich am Ende „in den Armen gelegen“. Da habe er gespürt, sein Engagement lohne sich. Die Arbeit seiner „Stiphtung“ mit elf Projekten werde er also fortsetzen, kündigt Sonntag unter Beifall an.

Wie angespannt er ist, zeigt sich, als Tina Gaedt, einst „Bild“-Journalistin, ihn mit dem Handy filmt. Dies dürfe sie nicht, poltert Sonntag und schmeißt sie raus. Tina Gaedt versteht das nicht. „Ich hab’ nur quer übers Zelt ganz kurz filmen wollen, wie man das heutzutage halt so macht“, sagt sie. Die Nerven liegen blank. Bei einem Rosenkrieg hört auch für einen Spaßmacher der Spaß auf.