Shisha rauchen ist in – deshalb bieten immer mehr Clubs in Stuttgart Wasserpfeifen an. Gerade Jugendliche stehen auf den Blubber-Dunst. Doch was viele nicht wissen: Die gesundheitlichen Gefahren der Shishas sind noch weitgehend unerforscht.

Stuttgart - Cosimo Citiolo sitzt tief zurückgelehnt auf einem schwarzen Ledersofa in der Shisha-Lounge am Tagblattturm und nimmt einen kräftigen Zug. In der Wasserpfeife, die vor ihm auf dem Boden steht, gluckert es. „Mich entspannt das“, sagt der Musiker, der sich „Checker vom Neckar“ nennt. Er rauche nie Zigaretten, sagt der Stuttgarter, nur Shishas. Einmal am Tag genehmige er sich eine Wasserpfeife mit Cappuccino-Geschmack. „Ich bin ein süßlicher Typ“, erklärt Citiolo, lächelt, und zieht noch mal an der Pfeife.

 

Es ist Donnerstagnachmittag, und es ist vergleichsweise leer in der Shisha-Bar. Abends sei immer deutlich mehr los, sagt die Bedienung. Zwei Jugendliche haben es sich am Nachbartisch bequem gemacht und teilen sich eine Wasserpfeife mit Red-Bull-Geschmack. Ein- bis zweimal in der Woche treffen sie sich hier, um gemeinsam Shisha zu rauchen. „Wir essen etwas, dann kommen wir hierher, was soll man sonst am Nachmittag mit seiner Freizeit auch machen“, sagt der 19-jährige Bledar.

Zahl der Shisha-Bars hat sich in Stuttgart verdoppelt

Seit einigen Jahren werden Shishas immer beliebter – das zeigt sich auch im Stadtbild. „Früher gab es deutlich weniger Shisha-Bars.“ Das ist der Eindruck von Wadi Wadi, einem der Geschäftsführer der Bar L’Oasis an der Theodor-Heuss-Straße. Dort werden seit acht Jahren Shishas geraucht; allerdings ist die Wasserpfeife nur ein zusätzliches Angebot. Und nach 22 Uhr wird auch nicht mehr geraucht. „Trubel und Shishas, das passt nicht zusammen“, sagt Wadi Wadi, der die Shisha aus seiner Heimat Jordanien kennt. In den vergangenen Jahren, so schätzt er, habe sich die Zahl der Shisha-Bars in Stuttgart sicher verdoppelt. Genaue Zahlen gibt es nicht. Die Stadt führt keine Statistik. Wer eine Shisha-Bar aufmacht, meldet sie als normale Wirtschaft an.

Bei der bislang letzten eingehenden Untersuchung zum Rauchverhalten des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2009 griff ein Prozent der Raucher zur Wasserpfeife. Das klingt wenig, allerdings scheint die Shisha besonders unter Jugendlichen beliebt zu sein. Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter Zwölf- bis 17-Jährigen hatten 38 Prozent bereits eine Shisha geraucht, 14 Prozent mindestens einmal in den vergangenen 30 Tagen.

Die Gefahren des Konsums werden verharmlost

Der Wasserpfeifenkonsum wird nach Ansicht des Arbeitskreises Tabakentwöhnung Stuttgart (Akte S) allerdings verharmlost. Vielen seien die Gefahren nicht bekannt. So fand die Weltgesundheitsorganisation heraus, dass eine Wasserpfeife pro Tag im 24-Stunden-Urin einen Cotiningehalt bewirkt, der dem täglichen Rauchen von zehn Zigaretten entspricht. Cotinin ist das Abbauprodukt von Nikotin. „Der kühle Rauch wird wesentlich tiefer eingezogen und macht Schäden an den kleinen Atemwegen, wo sie besonders fatal sind“, warnt der Akte-S-Leiter und Mediziner Alexander Rupp. Auch gelegentliches Rauchen könne gefährlich sein, es gebe schließlich keinen Schwellen- oder Bedenklichkeitswert für die krebserregenden Stoffe im Zigaretten- oder Wasserpfeifen-Tabak.

Akte S ist mit seiner Kritik nicht allein. Das Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Stuttgart stellte in Jahresberichten „Beanstandungen aufgrund der stofflichen Zusammensetzung, beziehungsweise aufgrund von Höchstwertüberschreitungen“ bei Wasserpfeifentabak fest. Zum Beispiel sind maximal fünf Prozent Gehalt an den gesundheitsschädlichen Feuchthaltemitteln in Deutschland erlaubt – bei Importware kann der Anteil jedoch oft bis zu 30 Prozent betragen. Insgesamt sei es ein „Trugschluss“, dass das Shisha-Rauchen weniger gefährlich als der Konsum von Zigaretten sei.

Vorsicht auch bei vermeintlich weniger schädlichen Pfeifen

Die Industrie kontert, man wolle mit Weiterentwicklungen und innovativen Ideen die Risiken reduzieren, beispielsweise mit nikotinfreien Kräutermischungen, mit E-Kohlen und mit Sultana Med, das die Filterung der Schadstoffe verbessern soll. Die Hochschule Niederrhein hat die Wirkung von Sultana Med analysiert. Fazit der Wissenschaftler: Es werde mit „schöngeredeten“ Ergebnissen geworben. Ein positiver Effekt sei wegen der großen Streuung der Resultate nicht verifizierbar.

Weil Wasserpfeifen bei Jugendlichen so beliebt sind, fordert das Bundesinstitut für Risikobewertung eine verstärkte gesundheitliche Aufklärung. Dieser Aufgabe komme man bereits nach, heißt es beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport. „Die Wasserpfeife ist bereits ein Thema bei den Suchtpräventionsmaterialien für die Schule“, sagt eine Sprecherin. So gebe es ein Infoblatt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Warnhinweise würden jedoch kaum abschrecken: „Das reizt die Jugendlichen eher“, sagt sie.

Bledar und sein Freund Chintou zucken mit den Achseln. „Wir rauchen ja nur einmal die Woche“, sagt Bledar. Auch Cosimo Citiolo sind die Gefahren des Wasserpfeifenkonsums gleich: .„Ich ernähre mich gesund, mein Immunsystem ist stark, dadurch belastet mich die Shisha nicht.“