Die Zeiten giftigen Schaums oder giftgrüner Algenteppiche auf den Südwest-Flüssen ist zwar vorbei. Dafür rücken neue Probleme in den Fokus von Gewässerexperten. Zum Beispiel Schmerzmittel im Wasser.

Karlsruhe - Deutschlandweit steigt der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ebenso wie der Konsum von Arzneimitteln - mit Folgen auch für die Flüsse in Baden-Württemberg. Zwar seien die festgestellten Konzentrationen von Medikamenten-Wirkstoffen noch sehr niedrig, sagte Gewässerschutzexperte Markus Lehmann von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) am Dienstag.

 

Nachweisbare Rückstände finden sich aber in den sogenannten Fließgewässern selbst dann, wenn sie in den Kläranlagen bereits zu einem großen Teil abgebaut werden. Als Beispiel nannte Lehmann den entzündungshemmenden und schmerzlindernden Wirkstoff Diclofenac mit einem bundesweiten Jahresverbrauch von etwa 80 bis 90 Tonnen pro Jahr.

Untersuchungen hätten gezeigt, dass sich bei Fischen, die dem Wirkstoff lange Zeit ausgesetzt seien, zum Beispiel die Leber verändere. Auch Rückstände von Röntgenkontrastmitteln, Bioziden oder Weichmachern fänden sich zunehmend in Gewässern wieder und stellten die Wiederaufbereitung von Trinkwasser vor neue Herausforderungen.

Ein bekanntes Problem sei hingegen der Phosphoreintrag in die Oberflächengewässer, sagte LUBW-Experte Uwe Bergdolt. Vor allem durch von Feldern abgeschwemmte Düngemittel der Landwirtschaft verschlechterten die Wasserqualität. Kläranlagen befreiten Abwasser noch nicht ausreichend vom Phosphor.

Die Qualität des Wassers in baden-württembergischen Flüssen ist grundsätzlich zwar gut, der ökologische Zustand der sogenannten Fließgewässer aber nur mäßig bis unbefriedigend. Zu dieser Einschätzung kam Gewässerbiologin Renate Semmler-Elpers. Der Sauerstoffgehalt im Flusswasser habe sich in den vergangenen vier Jahrzehnten dramatisch verbessert - nicht zuletzt deshalb, weil inzwischen nahezu 100 Prozent aller Haushalte an Kläranlagen angeschlossen seien.

Probleme aber sind unter anderem die Strukturen der Gewässer, die fast alle um- oder ausgebaut, begradigt oder mit Wehren und Schleusen versehen sind. Das führe zu monotonen Lebensräumen für die Tiere und Pflanzen und damit zu Artenarmut. Ein recht neues Problem der Flussgewässer ist neben den Spurenstoffen auch die sogenannte Mikroplastik, also Rückstände mikroskopisch kleiner Plastikpartikel. Ergebnisse dazu sollen im Herbst vorliegen.

Die LUBW ist eine Landesanstalt, die sich mit Umwelt- und Naturschutz beschäftigt. Unter anderem werden ständig Daten zur Luft-, Boden- und Wasserqualität erhoben und ausgewertet.