Die Einstellung des Verfahrens gegen zwei Polizeibeamte gilt als so gut wie sicher. Die Staatsanwaltschaft und die Angeklagten haben ihre Zustimmung zu dem Vorschlag des Gerichts bereits signalisiert.
Stuttgart - Es ist so gut wie sicher, dass der Wasserwerferprozess in der kommenden Woche vorbei sein wird. Die Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber der Stuttgarter Zeitung, dass sie dem Vorschlag des Gerichts zustimmen wird, das Verfahren gegen zwei Polizeibeamte gegen eine Geldauflage von je 3000 Euro einzustellen. „Die Argumentation des Gerichts ist für uns nachvollziehbar und begründbar, deswegen stimmen wir zu“, sagt Claudia Krauth, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Auch die Verteidiger sollen gegenüber der Kammer bereits die Zustimmung der Angeklagten signalisiert haben. Das Gericht werde, bevor über die Einstellung entschieden sei, die Gründe nicht näher erläutern, sagte Florian Bollacher, Presserichter am Stuttgarter Landgericht.
Der Entscheidung liegt der Paragraf 153a der Strafprozessordnung zugrunde. Das Gericht sehe nach seiner bisherigen Einschätzung nur eine geringe Schuld bei den Angeklagten. „Dass wir diese Begründung für schlüssig halten, bedeutet aber nicht, dass die Staatsanwaltschaft eine Meinungsänderung vollzogen hat. Wir sind weiterhin der Ansicht, dass strafbare Handlungen vorliegen“, betonte Krauth.
Staatsanwaltschaft: „Strafbare Handlungen liegen vor.“
In dem Verfahren müssen sich zwei hochrangige Polizeibeamte verantworten, die an jenem Tag als Einsatzabschnittsleiter Dienst taten. Am 30. September 2010 lief ein Einsatz der Polizei völlig aus dem Ruder. Eigentlich sollten die Einsatzkräfte einen Teil des Mittleren Schlossgartens für S-21-Bauarbeiten absperren. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten, die den Park nicht frei geben wollten. Durch den Strahl der Wasserwerfer wurden Demonstranten verletzt, einige so schwer, dass sie bis heute an den Folgen leiden. Fünf von ihnen treten als Nebenkläger auf. Den Beamten, einem 42-jährigen Polizeioberrat und einem 48-jährigen Polizeidirektor, wird fahrlässige Körperverletzung im Amt vorgeworfen.
Der Vorstoß des Gerichts hat Verwunderung bis Entsetzen ausgelöst, nachdem die Stuttgarter Zeitung darüber berichtet hatte. „Das ist ein gewaltiger Justizskandal“, wetterte Matthias von Herrmann, der Sprecher der Parkschützer. Vor allem den Zeitpunkt des Vorschlags finde er „mehr als erstaunlich“: schließlich seien noch zwölf Zeugen vorgesehen, neun hätten bereits eine Ladung. Dazu kämen noch Zeugen, deren Aussage die Nebenkläger beantragt hatten oder noch beantragen wollten, etwa die des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der damals noch Fraktionsvorsitzender der Grünen war.
Anwalt: „Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Opfer.“
Auch die Rechtsanwälte der Nebenkläger sind sehr unglücklich über die wohl dräuende Einstellung: „Das ist ein Schlag ins Gesicht für die Nebenkläger“, sagte der Rechtsanwalt Frank-Ulrich Mann. Er vertritt den Rentner Dietrich Wagner, der sein Augenlicht fast vollständig verlor. „Es ist eine Farce und eine sehr unglückliche Entscheidung zu einem sehr unglücklichen Zeitpunkt“, machte Mann seinem Ärger Luft. Schließlich sei ausgerechnet am Mittwoch der Beamte geladen, der am „schwarzen Donnerstag“ als Führungsassistent des Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf im Einsatz war. Aus bisher gehörten Zeugenaussagen ließ sich schließen, dass er den Wasserwerfereinsatz frei gegeben haben könnte, somit ein zentraler Zeuge wäre, finden die Nebenklagevertreter.
Sie können bis zum Montag Stellung nehmen. Nötig ist nur die Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten. Das Gericht will die Entscheidung voraussichtlich am Mittwoch bekanntgeben.