Stuttgart - Seit knapp zehn Jahren ist Volkmar Denner das Gesicht von Bosch. Jetzt bahnt sich ein Wechsel an der Konzernspitze an. Am Donnerstag kommt der Aufsichtsrat zusammen. Indirekt wird die prominente Personalie bereits bestätigt.
Der Wechsel wird zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt vollzogen. Die Autoindustrie steht vor gewaltigen Herausforderungen. Da ist zum einen die Transformation hin zur Elektromobilität und zum anderen die zunehmende digitale Vernetzung der Fabriken – und beide Entwicklungen bringen gravierende Umbrüche mit sich, die so gut wie alle Mitarbeiter betreffen. Hinzu kommen Schwierigkeiten, die mit der Coronakrise und dem Halbleitermangel zusammenhängen. Denn selbst wenn Bosch gerade erst eine Chipfabrik eröffnet hat – nicht alle von den Herstellern benötigten elektronischen Winzlinge werden dort gefertigt. In dieser Gemengelage soll nun also, salopp formuliert, der Kapitän von Bord gehen. Ein Neuer soll nun all diese Baustellen beackern. Kann das überhaupt funktionieren?
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Kein gewöhnliches Unternehmen
Es kann. Denn Bosch ist durchaus kein gewöhnliches Unternehmen. Nicht nur, dass die Entscheidung über Nachfolger frühzeitig fallen. Es hat auch mit der besonderen Struktur zu tun, die, abgesehen vom Wirken einzelner fähiger Manager, für die nötige Kontinuität auch in herausfordernden Zeiten sorgt. Dabei geht es hier vor allem um die Industrietreuhand. Diesem Spitzengremium, dem namhafte Persönlichkeiten auch aus der Bosch-Familie angehören, steht derzeit Franz Fehrenbach vor, der Vorgänger Denners an der Spitze des Technologiekonzerns. Es wäre gute Bosch-Kultur, wenn der promovierte Physiker Denner nun Fehrenbach nachfolgen würde. Dass in der Industrietreuhand ein Wechsel ansteht, ist auch festgelegt: In dem Gremium gilt die Altersobergrenze von 72 Jahren. Und Fehrenbach feiert im Juli eben diesen Geburtstag.
Und damit würde sich der Kreis schließen: Auch als Nicht-Mehr-Bosch-Chef würde Denner dann wichtige Fäden in der Hand halten. Schließlich ist die Industrietreuhand das Gremium, in dem die strategischen Weichen gestellt werden.