Der neue Adidas-Chef kommt von Henkel: Kasper Rorsted führt von Oktober an die Geschäfte des Sportartikelherstellers. Vom Aufsichtsrat wird er mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht.

Düsseldorf/München - An der Spitze der beiden Dax-Unternehmen Adidas und Henkel kommt es zum Wechsel. Mit Adidas-Chef Herbert Hainer nimmt der dienstälteste Vorstandsvorsitzende eines deutschen Dax-Konzerns nun überraschend vorzeitig den Hut. Anfang Oktober wird der 61-Jährige vom acht Jahre jüngeren, heutigen Henkel-Chef Kasper Rorsted abgelöst, teilte der fränkische Sportartikler nach einer Aufsichtsratssitzung mit. Hainers Vertrag wäre eigentlich noch bis März 2017 gelaufen. Weil der Däne Rorsted schon Anfang August in den Adidas-Vorstand wechseln kann, habe sich der seit 15 Jahren an der Adidas-Spitze stehende Hainer bereit erklärt, sein Amt vorzeitig niederzulegen, heißt es. Hainer werde Adidas aber noch bei der Fußball-Europameisterschaft und den Olympischen Spielen repräsentieren.

 

Auch Rorsted geht vorzeitig. Er verabschiedet sich im April auf der Hauptversammlung von Henkel. Die Gesamtverantwortung bei dem Konsumgüterkonzern übernimmt am 1. Mai der Belgier Hans Van Bylen (54). Als die Ablösung bekannt wurde, fiel der Aktienkurs von Henkel; die Adidas-Papiere verteuerten sich dagegen deutlich.

Rorsted war Europachef von HP in Böblingen

Rorsted kam 2005 als ehemaliger Europachef von Hewlett-Packard aus Böblingen nach Düsseldorf und wurde dort zunächst einfaches Mitglied im Vorstand. 2008, im Jahr der Wirtschaftskrise, rückte er zum Vorsitzenden des Vorstandes auf. Sein Vorgänger Ulrich Lehner sagte damals, Rorsted sei ein exzellenter Mann und er werde Henkel erfolgreich in die Zukunft führen. Zum Abschied bestätigte ihm nun die Vorsitzende des Aufsichtsrates und der Gesellschafterversammlung, Simone Bagel-Trah, Rorsted habe viel für Henkel erreicht und das Unternehmen in einem schwierigen Marktumfeld sehr erfolgreich entwickelt. Umsatz und Profitabilität seien deutlich gestiegen und die Topmarken seien gestärkt worden. Der Börsenwert sei um mehr als das Dreifache gestiegen.

Allerdings hat das Unternehmen durchaus Baustellen. So belastet etwa die Russland-Krise den Konsumgüterhersteller. Im US-Geschäft musste Rorsted nach Problemen hart durchgreifen. Außerdem schwächelte zuletzt das Wachstum in der wichtigen Klebstoffsparte. Im Oktober kündigte der Konzern den Abbau von 1200 Stellen in diesem Bereich an. Auch im Übernahmekampf um die Friseurmarke Wella, die vom US-Konsumgüterriesen Procter & Gamble zum Verkauf gestellt worden war, kam Henkel nicht zum Zuge.

Der Nachfolger kommt aus dem Hause

Schon im vergangenen Jahr war bekannt geworden, dass Rorsted sich nach einem neuen Führungsposten umsah. Das spreche für seine Qualität, kommentierte das die Aufsichtsratsvorsitzende damals. Rorsted war der erste Ausländer und die erste branchenfremde Führungskraft an der Spitze des Familienunternehmens Henkel. Sein Nachfolger Van Bylen ist seit 1984 bei Henkel und leitet derzeit als Vorstandsmitglied den Unternehmensbereich Beauty Care.

„Kaspar Rorsted ist der perfekte Kandidat“, lobte Adidas-Aufsichtsratschef Igor Landau den Hainer-Nachfolger. Er verfüge mit Stationen bei den US-Konzernen Oracle und Compaq über internationale Erfahrung bei Unternehmen, die – wie die Herzogenauracher – für Nachhaltigkeit bekannt seien. Tatsächlich weisen Konsumgütermärkte wie die von Henkel einige Ähnlichkeiten mit der Sportartikel-Industrie auf. Als leidenschaftlicher Läufer, Skifahrer und Fußball-Fan passt Rorsted auch von seinem sportlichen Hintergrund her zu den Franken.

Adidas ist nicht sorgenfrei

Rorsted übernimmt kein ganz sorgenfreies Unternehmen. Adidas konnte im vergangenen Jahr zwar ein furioses Comeback im Dax feiern, wo kein Papier im Vorjahr mehr an Wert gewonnen hatte. Zuvor war es aber 2014 steil bergab gegangen. Den Vergleich mit Nike verlieren die Franken weiterhin klar und der für Adidas drittgrößte Markt Russland liegt am Boden. Dazu ist mit der Golfsporttochter Taylor Made ein ausgesprochenes Sorgenkind im Haus, dessen Verkauf nicht mehr ausgeschlossen ist. Kommt es zur Trennung, könnte das Problem vom Tisch sein, bevor Rorsted im Oktober übernimmt. Nicht zuletzt deswegen war Hainer in den vergangenen Jahren nicht mehr unumstritten.

Er hatte sich den Unmut diverser Aktionärsgruppen zugezogen, weil Adidas hinter Weltmarktführer Nike herhinkt. Offiziell haben kritische Adidas-Großaktionäre wie der ägyptische Milliardär Nassef Sawiris oder die vom US-Investor Mason Hawkins geführte Fondsgesellschaft Southeastern Asset Management nichts mit dem vorzeitigen Chefwechsel zu tun. „Kaspar Rorsted ist der perfekte Kandidat“, lobte Adidas-Aufsichtsratschef Igor Landau denn auch den Hainer-Nachfolger. Der Adidas-Aufsichtsrat verlangt von dem neuen Konzernchef nun, eine dynamische Wachstumsstrategie fortzusetzen. Reformen dazu hat Hainer bereits auf den Weg gebracht. Nike scheint allerdings bis auf Weiteres uneinholbar.

Lob für Hainer

Hainer wird indessen mit warmen Worten verabschiedet. Er habe für Adidas Enormes geleistet, lobte Landau. In seiner Ära hätte sich der Konzernumsatz auf 14,5 Milliarden Euro verdreifacht, die Mitarbeiterzahl auf 54 000 Beschäftigte vervierfacht, und der Börsenwert von Adidas habe sich von drei auf 18 Milliarden Euro erhöht. Durch den überraschenden Abgang des langjährigen Vorstandschefs ist nun noch mal rund eine Milliarde Euro dazugekommen. Ab August wird der scheidende Adidas-Boss seinen Nachfolger zwei Monate lang einarbeiten, um so einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten.