Manchester City gewinnt den englischen Ligapokal, aber in England wird vor allem über den Verlierer gesprochen. Beim FC Chelsea sorgt der Eklat um Torhüter Kepa für Wirbel und schwächt Trainer Maurizio Sarri. Die Beteiligten spielen den peinlichen Vorfall herunter.

London - Maurizio Sarri war nach dem Wechsel-Eklat bemüht, die Wogen zu glätten. „Ich habe das Problem missverstanden und die Situation erst später begriffen, als der Arzt zur Bank kam“, sagte der Chelsea-Coach nach der Niederlage im Ligapokal-Finale gegen Manchester City.

 

Doch das nahm ihm in England niemand ab. Denn keine 15 Minuten zuvor hatte Sarri getobt, weil Torwart Kepa kurz vor dem Elfmeterschießen, das Man City mit 4:3 gewann, die angeordnete Auswechslung verweigert hatte.

Für den ohnehin schon angezählten Sarri war es wie eine öffentliche Demütigung. Er habe nicht nur die Endspiel-Niederlage zu verdauen, resümierte BBC Sport, „sondern auch jedes bisschen Autorität und ein großes Stück Glaubwürdigkeit als Chelsea-Trainer verloren durch einen schändlichen Akt der Gehorsamsverweigerung“. Die Zeitung „Telegraph“ sah „einen Trainer, der sich bewusst ist, dass seine Zeit abgelaufen ist“. Sarri habe „weder Kontrolle noch Einfluss“.

Ersatzkeeper Willy Caballero stand schon bereit

Mehrfach hatte der Italiener seinen Torhüter wild gestikulierend und wütend ermahnt, den Platz zu verlassen. Ersatzkeeper Willy Caballero, der im Ligapokal-Finale 2016 drei Elfmeter gehalten hatte, stand bereit. Doch auch Teamkollege David Luiz und Co-Trainer Gianfranco Zola konnten Kepa nicht umstimmen. Der Torwart, der während der Partie zweimal wegen Krämpfen behandelt worden war, blieb stur.

Schiedsrichter John Moss war ebenfalls machtlos. Im Regelwerk des internationalen Fußball-Gremiums IFAB heißt es: „Weigert sich ein Spieler, der ausgewechselt werden soll, das Spielfeld zu verlassen, läuft das Spiel weiter.“ Kepa blieb, und Sarri wütete. Kurz vor dem Elfmeterschießen zwinkerte der spanische Torhüter sogar noch in die Fernsehkameras. Von den Fans wurde er lautstark ausgebuht.

Verteidiger Antonio Rüdiger musste seinen Coach beruhigen, damit der sich Kepa nicht sofort vornahm. Der mit einer Ablösesumme von rund 80 Millionen Euro teuerste Torwart aller Zeiten ignorierte das für alle sichtbar, doch auf Twitter sprach auch Kepa später von einem großen Irrtum. Der Vorfall werde falsch dargestellt, behauptete er. Er habe Sarri nur signalisieren wollen, dass er fit sei. „Ich habe vollsten Respekt für den Trainer und seine Autorität“, schrieb der 24-Jährige.

Maurizio Sarris Zukunft in London ist offen

Doch die Geschichte von einem vermeintlichen Missverständnis wollte nicht mal David Luiz glauben. „Wenn der Coach einen Wechsel will, egal ob wegen einer Verletzung oder etwas anderem, das hat er ja verstanden, dann muss er runter“, sagte der Brasilianer direkt nach dem Spiel. Der frühere Chelsea-Profi John Terry sah es genauso. „Wenn deine Nummer genannt wird, musst du runterkommen“, sagte Terry beim Sender Sky Sports. „Wie soll das sonst in der Premier League laufen? Dass die Spieler sich in Zukunft weigern, den Platz zu verlassen?“

Maurizio Sarris Zukunft in London ist offen, obwohl Chelsea im Finale eine gute Leistung gezeigt und Manchester City fast am Rande der Verzweiflung hatte. In seiner Wut über Kepas Ungehorsam war der 60-Jährige zwischenzeitlich in Richtung des Spielertunnels gestürmt, als wolle er das Stadion vorzeitig verlassen. Dann drehte er um. Womöglich hat Sarri seinen Abschied nur vertagt.