Im Reich der Mitte wollen Eltern ihr Kind möglichst nach dem kommenden Montag auf die Welt bringen. Denn dann wechselt das Tierzeichen von der eigenbrötlerischen Ziege zum führungsstarken Affen.

Peking - Liao Xiaomei ärgert sich ein wenig. „Jetzt ist es doch noch auf dem Schwanz der Ziege geboren“, sagt die 31-Jährige über ihr Baby, das sie natürlich trotz des ungünstigeren Tierzeichens abgöttisch liebt. Mit dem „Schwanz der Ziege“ meint sie die letzten Tage des alten Jahres nach dem chinesischen Mondkalender, das im Zeichen der Ziege steht. Es endet am 8. Februar – dann beginnt das günstigere Affenjahr. Bei dem Ärger über die haarscharf zu frühe Geburt geht es ihr vor allem um das Glück ihrer Tochter. „Affen haben es leichter, sie sind extrovertierter und lustiger“, sagt sie überzeugt.

 

Der traditionelle Kalender ist in China nicht vergessen. Die mehr oder minder abergläubischen Bewohner des Landes feiern Anfang Februar nicht nur mit wilder Knallerei ihr eigenes Neujahrsfest, sie läuten auch jedes Mal eine Zeitenwende im Charakter der Neugeborenen ein. Statt an monatlich wechselnde Sternzeichen glauben sie an jährlich wechselnde Tierzeichen. Diese bestimmen die Wesensart des Kindes. Der Zyklus dauert zwölf Jahre.  

Ziegen sind Eigenbrötler und neigen zu Depressionen

Das Jahr 2015 hat einen Geburtenrückgang mit sich gebracht, den Demografen auf die Nachteile des Charakters der Ziege zurückführen. Ziegen, so sagen die Astrologen, sind Einzelgänger und Eigenbrötler. Sie schweifen leicht vom Weg ab, sind schlecht organisiert, verhalten sich nervös und unsicher. Sie neigen zu Depression, brauchen viel Liebe und Unterstützung. Die positive Seite klingt aus Sicht erfolgsgieriger Eltern auch nicht überzeugend: Ziegen ergreifen oft kreative Berufe, werden Künstler und Freigeister. Das klingt nach einem Leben am Rande der Pleite. Sie sind schüchtern, aber ausdauernd.  

Affen dagegen, ja, Affen sind aus einem ganz anderen Sternzeichen geschnitzt. Sie gelten als frech, neugierig und kontaktfreudig, sind aber dennoch gute Zuhörer. Affen sind laut und aktiv. Sie ergreifen gerne die Initiative und brechen eher die Herzen anderer, als selbst enttäuscht zu werden. Ihr Sinn für Moral ist zwar nur schwach ausgeprägt, aber das dürfte im heutigen Geschäftsleben eher nützen. Obwohl dafür statistische Beweise fehlen, heißt es, dass Affen oft in Führungspositionen aufsteigen. Sie lieben es jedenfalls, andere herumzukommandieren und den Boss zu spielen. Dennoch haben sie häufig Gutes im Sinn und gelten als unbefangen.  

Wer wählen konnte, brachte im Jahr 2014 ein verlässliches Pferd auf die Welt – oder wartet vom 8. Februar 2016 an auf einen lustigen Affen, anstatt eine depressionsanfällige Ziege auf den Lebensweg zu schicken. Wer Pech hat, bringt das Kind knapp zu früh auf die Welt – im ersten Monat des Jahres, der nach dem westlichen Kalender schon im neuen Jahr liegt. Das meinte auch die Mutter Liao Xiaomei mit dem „Schwanz der Ziege“.

Eltern freuen sich auf führungsstarken Nachwuchs

Die Eltern sollten indessen aufpassen und das Kleingedruckte der Astrologie-Handbücher aufmerksam lesen. Die Tierkreiszeichen sind nämlich jeweils mit Elementen gepaart. Das kommende Jahr wird demnach ein „Jahr des Feueraffen“. Das Element Feuer macht den Affen besonders leidenschaftlich und energiegeladen. Affen scheuen generell keine Konkurrenzsituation, doch Feueraffen können allzu ehrgeizig ausfallen. Sie wollen stets im Mittelpunkt stehen, sagt die chinesische Astrologie. Wenn die Eltern daran glauben, könnten sie glatt etwas Bammel vor ihrem kleinen Feueraffen bekommen. Immerhin gelten sie als besonders führungsstark.  

Doch nicht nur für Chinas Eltern bringt das Affenjahr allerlei Neues. Es handelt sich dem Horoskop zufolge um eine Zeit, in der große Ereignisse anstehen, die mit Metall zu tun haben. Astrologen deuten das als Veränderung oder Verwerfung an den Finanzmärkten: Metall gleich Gold gleich Geld. Das ist kein so gutes Omen in einer Zeit, da die Börse wackelt und der Immobilienmarkt als überhitzt gilt.   Im Jahr des verspielten, unberechenbaren Affen kann alles passieren – im guten wie im schlechten Sinne. So gilt es auch als gute Gelegenheit für Neuanfänge und als Zeit für zündende Ideen.

Witzigerweise geben die Ereignisse in China diesen Vorhersagen gar nicht so selten recht. Im Drachen-Jahr 2012 beispielsweise kam Xi Jinping an die Macht, der sich als durchsetzungsfähigster und rücksichtslosester Regierungschef seit Langem erwies.   Ob aber die Ankündigung von Turbulenzen im Affenjahr jetzt konkret bedeutet, dass der Anleger Aktien kaufen soll oder doch besser verkaufen, das ist bei alledem leider nicht ganz klar.

Chinas säumige Schuldner könnten indessen in zusätzliche Bedrängnis geraten, zumindest, wenn sie sich alten Redensarten verpflichtet fühlen. Denn man sagt hier auch: „Im Monat des Pferds im Jahr des Affen“, wenn man einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft bezeichnen will, beispielsweise für die Rückgabe einer geliehenen Summe. Nun, in diesem Jahr ist es so weit. Vom 5. Juni bis zum 3. Juli erstreckt sich der Pferde-Monat nach dem traditionellen Mondkalender. Dann wird es Zeit, alle geliehenen Bücher zurückzugeben!