Patrick Giboin geht ins Fässle nach Degerloch, sein Sous-Chef wird Nachfolger in der Krone in Waldenbuch. Die Stuttgarter Gourmets dürfen sich zudem auf frische Impulse freuen

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Wenn sich eine Veränderung an bedeutender Position in einem Betrieb anbahnt, gibt es zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: dies entweder so früh wie möglich zu kommunizieren und somit einen sanften, nahtlosen Übergang zu schaffen. Oder so wenig wie möglich darüber zu sprechen, damit der bisherige Betreiber ungestört sein Werk zu Ende bringen kann. So hält es Rudolf Schmölz, der nach 24 Jahren als Inhaber und Küchenchef das Fässle verlassen wird. Er will sich noch nicht zu seinen weiteren Plänen äußern, ist aber mit 56 Jahren noch kein Mann für den Ruhestand. Schmölz sagt, er wolle den „Ball flach halten“, müsse sich um die vielen Gäste und 15 Mitarbeiter im laufenden Betrieb kümmern, sich auf seine Arbeit konzentrieren und brauche dazu vor allem eines: „Ruhe“.

 

Der Stern soll gehalten werden

Dennoch wird die Traditionsadresse in Degerloch von 1. Juli an unter einer neuen Leitung stehen, unter der von – und diese Nachricht ist mindestens genauso wichtig – Patrick Giboin. An dessen derzeitiger Wirkungsstätte, der Krone in Waldenbuch, hat man großes Interesse daran, so transparent wie möglich mit dem Wechsel umzugehen. Denn bei diesem Betrieb handelt es sich um einen vom „Guide Michelin“ mit einem Stern ausgezeichneten. Und dieser Stern soll nahtlos auch im laufenden Jahr und also für die Ausgabe 2017 gehalten werden. Das ist bei einem Wechsel im Sommer, wenn wenige Monate darauf die Gourmetführer erscheinen, keine Selbstverständlichkeit, denn die Auszeichnungen kommen und gehen mit den Küchenchefs.

Mit Patrick Giboin verliert der Krone-Geschäftsführer Matthias Gugeler nicht nur seinen Küchenchef und einen echten Franzosen, sondern auch einen Gesellschafter, mit dem er 2008 den Neustart der Krone begonnen hat, die sich seitdem äußerst erfolgreich entwickelt hat – bis hin zum Stern vor zweieinhalb Jahren und nun 15 Punkten im „Gault Millau“. Gugeler sagt, „nach dem ersten Schock, auf dem ich ein bisschen kauen musste“, habe er sich sortiert, einen Nachfolger gefunden und die Nachricht so schnell wie möglich – auch an die Gourmetführer – herausgegeben.

Patrick Giboin will „etwas Neues“

Der Geschäftsführer hat sich für die naheliegende Lösung entschieden, die für Kontinuität steht, und auf den bisherigen Sous-Chef Erik Metzger zurückgegriffen. Er wird zum Juli Küchenchef und Gesellschafter, und obwohl Metzger, der seit bald zwei Jahren in der Krone ist, mit seinen 23 Jahren noch sehr jung ist, traut Gugeler ihm viel zu. Sollte es ihm gelingen, den Michelinstern nahtlos zu halten – alles andere wäre „ein Einbruch fürs Haus“ –, wäre er einer der jüngsten Sterneköche überhaupt. Gugeler spricht von einem „herausragenden Talent, eines der besten im Südwesten in diesem Alter“. Metzger selbst, der auch schon Chef de Partie im Landhaus Feckl in Ehningen war, ist „guter Dinge“ und wolle im vierköpfigen Küchenteam der Krone nichts Grundlegendes ändern: französisch geprägte Ausrichtung mit vielen Produkten aus der Region zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Das „Grand Menü“ mit sechs Gängen kostet 76 Euro – ein Sternemenüpreis, den man in Stuttgart lange suchen kann.

Aber was will Patrick Giboin nun in Stuttgart? Der in Montargis geborene und auch in Frankreich ausgebildete Koch will mit seinen 44 Jahren „einfach noch mal etwas Neues“. Als ihn der Besitzer des Fässle-Hauses kontaktierte, habe er nicht lange gezögert, denn Giboin ist in Degerloch kein Unbekannter: ab 2002 war er anderthalb Jahre als Sous-Chef im Fässle tätig – wie übrigens auch in der Zirbelstube im Hotel am Schlossgarten. Hinzu kommt, dass seine Familie in Stuttgart wohnt. Einen Stern peile er im Fässle aber nicht an, er wolle „eine gute Küche“, mehr erst mal nicht. Auch in Waldenbuch gilt für Giboin: „Viel Geschmack, wenig Effekte. Was zählt, ist das auf dem Teller und nicht am Rand.“

Frische Impulse für die Gourmets

Der frühzeitig bekannte Wechsel an gleich zwei Traditionsadressen bedeutet also, dass die Gäste sowohl in der Krone mit ihren bis zu 40 Plätzen als auch im Fässle mit seinen 60 Plätzen weiterhin in Ruhe genießen sollen. Die Stuttgarter Gourmets aber dürfen sich zudem auf frische Impulse freuen, die dem Fässle – Name und Konzept sollen bleiben – ganz guttun könnten. Der aus Pfronten stammende Rudolf Schmölz hat zwar ebenfalls Erfahrungen aus der Sterneküche, war einst sogar Demi-Chef unter Heinz Winkler im Münchner Tantris und hat in Stuttgart als Küchenchef einen Stern für das Herzog Carl Eugen auf Schloss Solitude geholt. Aber trotz des „Bib Gourmand“ vom „Guide Michelin“ für das gute Preis-Leistungs-Verhältnis (konkret: ein Dreigangmenü für maximal 37 Euro) ist das Fässle nach früheren Höhenflügen heute eher eine gutbürgerliche Adresse. Für den Gourmetführer „Gault Millau“ zumindest ist es schon lange kein Thema mehr, wurde Jahr für Jahr abgewertet und mit zuletzt elf Punkten in der Ausgabe 2011 aus der Topliga verabschiedet.