Andreas Maurer wird 2017 neuer Vorstand und Hauptgeschäftsführer der Paulinenpflege. Seine erste Pfarrstelle hatte der 56-Jährige in Beirut. Kontakte zum nahen Osten pflegt der ehemalige Nahostreferent des Evangelischen Missionswerks Südwestdeutschland (EMS) bis heute.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden - Eigentlich müssen Pfarrer erst einmal mindestens sechs Jahre lang Berufserfahrung haben, bevor sie eine Stelle im Ausland antreten dürfen. „Die Landeskirche dachte wohl, dass meine Aufenthalte im Nahen Osten während des Studiums ein Ausgleich dazu wären“, erinnert sich Andreas Maurer und lacht. Seine erste Pfarrstelle war dann eine deutsche Gemeinde in Beirut, eine Aufgabe, die sich doch als ziemlich anspruchsvoll erwies. „Da gab es niemanden, den man mal schnell fragen konnte, keine kirchliche Infrastruktur, wie wir sie hier kennen“, sagt der 56-Jährige, der dieser Tage vom Aufsichtsrat der Paulinenpflege zum Nachfolger Thomas Weinmanns gewählt wurde, der seit 23 Jahren die Geschicke der diakonischen Einrichtung als Hauptgeschäftsführer verantwortet.

 

Theologe und Sozialmanager in einer Person

Die Übergabe der Geschäfte soll von langer Hand vorbereitet werden, auch wenn Andreas Maurer bereits seit fünf Jahren im Vorstand der Paulinenpflege arbeitet und sich bereits gut auskennt. Die Aufgabe, die ihn nun erwartet, ist ebenfalls sehr anspruchsvoll. Er wird der Chef von 1400 Mitarbeitern, die in unterschiedlichsten Aufgaben in der über die Landesgrenzen bekannten Einrichtung tätig sind. „Allein mit einem Theologiestudium ist die Aufgabe nicht mehr zu bewältigen“, ist sich Maurer sicher. Die Paulinenpflege sei unter der Leitung Weinmanns sehr stark gewachsen und ist heute ein modernes Unternehmen, dessen Vorstand betriebswirtschaftliche Aufgaben fordern. Deshalb habe er berufsbegleitend den Masterstudiengang in Sozialmanagement absolviert. Außerdem kann der begeisterte Musiker auf umfangreiche Führungserfahrung zurückgreifen.

Nach der Rückkehr aus dem Nahen Osten im Jahr 1999 trat er die Stelle des Nahostreferenten des Evangelischen Missionswerks Südwestdeutschland (EMS) und des Geschäftsführers des Evangelischen Vereins für die Schneller-Schulen (EVS) an und blieb so weiter in Kontakt mit dem Osten, wo der EVS Schulen unterhält, die in der Jugendhilfe tätig sind. „Nach fünf Jahren nach Europa zurückzukehren, war damals schon ein Erlebnis. Vor allem, dass viele Dinge des Alltags wieder selbstverständlich waren, die in Beirut nach dem Bürgerkrieg oft ausfielen, Strom zum Beispiel. Und Beirut war damals schon Stau-hauptstadt. Das war kein Vergleich zu den Verhältnissen in Stuttgart, was den Verkehr angeht“, sagt er und lacht wieder.

In kürzester Zeit Hilfe für junge Flüchtlinge organisiert

So schnell lässt sich dieser Mann nicht aus der Fassung bringen. Das hat Andreas Maurer im vergangenen Jahr unter Beweis gestellt, als die Paulinenpflege als Träger der Jugendhilfe minderjährige Flüchtlinge aufnahm, die allein in Deutschland angekommen waren. Als Beauftragter für die Entwicklung neuer Angebote in der Paulinenpflege war Andreas Maurer auch mit dieser Aufgabe gefordert. In Zusammenarbeit mit anderen Profis der Paulinenpflege entwickelte er ein Konzept, das neben der Betreuung Schulunterricht für die aus Afrika und dem Nahen Osten stammenden jungen Männer vorsieht. „Durch die Flüchtlinge haben wir unsere Jugendhilfe in kurzer Zeit verdoppelt“, sagt Maurer.

Auf die Paulinenpflege kämen in den nächsten Jahren weitere Veränderungen zu. „Sie wird nicht mehr so stark wachsen wie in den vergangenen 23 Jahren, aber die Angebote werden sich ändern“, sagt Maurer. Durch moderne Medizintechnik gehe die Zahl der Hörbehinderten zurück. „Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer mehr dem Autismus zugewandt.“

Der Hauptgeschäftsführer kann sich auf eine zufriedene Belegschaft verlassen

Um betroffenen Menschen eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt zu geben, wurde unter anderem die Firma Auticon gegründet, die – verkürzt gesagt – eine Leiharbeitsfirma für autistische IT-Consultants ist. Diese werden für solche Aufgaben ausgebildet und vermittelt. „Soweit es möglich ist. Je nachdem, wie der Autismus ausgeprägt ist, sind Grenzen gesetzt, die wir berücksichtigen müssen.“

Bei den kommenden Aufgaben könne er sich auf eine Belegschaft verlassen, die sich durchaus zufrieden zeige. Dennoch müsse auch die Paulinenpflege attraktive Jobangebote machen. „Die Konkurrenz durch die Industrie in der Region Stuttgart ist groß.“