Wechselkurse Anleger vertrauen dem Euro mehr als dem Dollar

Der Euro gewinnt immer weiter an Stärke – das liegt nicht nur am schwachen Dollar Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Der Euro ist so stark wie seit Jahren nicht mehr, das liegt nicht nur an der Schwäche der US-Währung.

Frankfurt - Der seit einigen Wochen anhaltende Höhenflug des Eurokurses ist am Donnerstag leicht gebremst worden. Die europäische Gemeinschaftswährung rutschte wieder unter die Marke von 1,23 US-Dollar, nachdem sie am Mittwoch mit 1,2349 Dollar den höchsten Stand seit April 2018 erreicht hatte. Dies sei jedoch nur eine „vorübergehende Ablenkung“ sage Esther Reichelt, Devisenexpertin der Commerzbank.

 

Die Fed steht hinter Anleihekäufen

Weitaus nachhaltiger wird das Verhältnis der beiden Währungen derzeit eher von der unterschiedlichen Einschätzung der wirtschaftlichen Zukunft in Europa und den USA bestimmt. Experten rechnen damit, dass unter dem neuen amerikanischen Präsidenten Joe Biden neue Hilfsprogramme verabschiedet werden, die zu höheren Staatsausgaben führen. Zudem rechnen sie mit eher steigenden Preisen in den USA als in Europa. Beides spräche dafür, dass sich die Schwäche des Dollar auch in den kommenden Monaten fortsetzen wird. Am Mittwochabend war nach der Veröffentlichung des Protokolls der jüngsten Zinssitzung der US-Notenbank Fed deutlich geworden, dass die Vertreter der US-Notenbank hinter der Politik der Anleihekäufe im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise stehen. „Alle Teilnehmer waren der Meinung, dass es angemessen wäre, diese Käufe zumindest im derzeitigen Tempo fortzusetzen, und fast alle befürworteten die Beibehaltung der aktuellen Zusammensetzung der Käufe“, heißt es in der Mitschrift.

Künftig will die Fed Inflationsraten von mehr als zwei Prozent über einen gewissen Zeitraum akzeptieren. „Diese Entscheidung hat zu einer Schwächung des Dollar geführt“, sagt Thu-Lan Nguyen, Devisen-Analystin bei der Commerzbank. Dadurch dürfte der Realzins weiter sinken, wodurch der Dollar noch unattraktiver werde, sagt sie. Allerdings sind sich die Experten nicht einig darüber, wie lange die Schwäche des Dollar anhalten wird. Die Volkswirte der US-Großbank Citigroup sehen für 2021 ein Abwärtspotenzial des Dollars gegenüber den Währungen der wichtigsten Handelspartner der USA – darunter der Eurozone – von bis zu 20 Prozent. Das heißt: Der Euro könnte auf 1,45 Dollar steigen. Auch Commerzbank-Analystin Nguyen hält eine weitere Aufwertung des Euro über 1,40 Dollar für möglich, weil die Kaufkraft des Dollars noch immer höher sei als der aktuelle Wechselkurs. Andere Experten sind deutlich vorsichtiger. So sieht die Deutsche Bank den Euro in einem Jahr bei 1,15 Dollar. Die Schweizer Bank UBS erwartet einen Eurokurs von 1,12 Dollar bis 1,25 Dollar.

Eurokurs ist relevant für Geldpolitik

Einig sind sich die Experten aber darin, dass die Europäische Zentralbank (EZB) einer weiteren Aufwertung der Gemeinschaftswährung nicht tatenlos zusehen wird. Zwar verfolgt die Notenbank kein Wechselkursziel, doch weisen die Währungshüter darauf hin, dass der Euro-Kurs relevant ist für die Geldpolitik der EZB. Die Volkswirte der großen Banken sind überzeugt, dass die Notenbank noch deutlicher eingreifen werde, falls der Euro in Richtung 1,30 Dollar oder 1,40 Dollar klettern sollte. Die EZB könne es nicht zulassen, dass die Aufwertung der Gemeinschaftswährung die Exporte aus Europa weiter verteuert - auch wenn andererseits die Importe billiger werden und die Gefahr steigender Preise in weite Ferne rücke.

Auf der anderen Seite spricht aber auch die wirtschaftliche und politische Entwicklung in Europa für eine Stärke des Euro. Die Reaktionen auf die Corona-Pandemie, allen voran das Hilfspaket für die europäische Wirtschaft in Billionenhöhe, hat bei den Investoren die Hoffnung auf eine europäische Fiskalunion geweckt. Dies war schon einmal der Fall, als 2017 der französische Präsident Emmanuel Macron eine Fiskalunion vorantreiben wollte. Diese Pläne hatten den Euro Anfang 2018 binnen eines Jahres mit 1,255 Dollar auf ein neues Mehrjahreshoch getrieben – ein Plus von knapp 20 Prozent. Erst der Beginn der Regierungskrise in Italien im Frühjahr 2018 setzte dieser Rally ein Ende.

Der Wechselkurs spielt eine Rolle

Das Verhältnis des Euro zum Dollar sei 2020 bei aller Bewegung etwas aus dem Blickfeld geraten, meint Marko Behring, Experte der Fürts Fugger Privatbank. Die Pandemie, die US-Wahlen und der Brexit hätten das Geschehen am Devisenmarkt überlagert. Im März habe der Euro noch mit 1,065 Dollar auf seinem Jahrestief gelegen. „Seit März haben sich aber nicht nur die Börsen dynamisch entwickelt, sondern auch die Notierungen der beiden Währungen zueinander“, sagt Behring. Gemeinhin gilt ein starker Euro insbesondere für das exportlastige Deutschland als problematisch. Marko Behring glaubt auch, dass dies spätestens in diesem Jahr wieder ein Thema sein wird: „Wenn die Corona-Verwerfungen schrittweise zurückgehen, wird der Einfluss des Wechselkurses auf die Geschäftszahlen der Unternehmen wieder sichtbarer.“

Noch halten sich die Klagen der Unternehmen in Grenzen, wohl auch weil 60 Prozent der deutschen Ausfuhren in andere Länder der Eurozone gehen und somit der Wechselkurs eine geringere Rolle spielt als vor der Einführung der Gemeinschaftswährung. Allerdings lässt sich nach Meinung der meisten Volkswirte eine weitere Aufwertung des Euro um bis zu 20 Prozent wirtschaftlich kaum noch abfedern. Sie würde viele von Exporten in den Dollarraum abhängige Unternehmen in Bedrängnis bringen.

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