Die Weltraumsonde „Rosetta“ hat ihren Wecker gehört und ist wieder wach. Sie hat einen Kometen als Ziel. Ein ausgesetztes Minilabor soll dort die Kinderstube des Sonnensystems erforschen helfen.

Stuttgart - Mit dem Ausschlag einer grünen Kurve auf dem Monitor hat sich die Raumsonde Rosetta aus ihrem 30-monatigen Tiefschlaf zurückgemeldet. Eine Antenne in Kalifornien empfing am Montagabend um 19.17 Uhr das Signal – eine Dreiviertelstunde später als erwartet. Es war 45 Minuten unterwegs, da Rosetta derzeit mehr als 800 Millionen Kilometer von der Erde entfernt ist.

 

Mit dem Signal bestätigt die Sonde, dass sie in den Stunden zuvor korrekt hochgefahren ist. Womöglich hat das Aufheizen der Instrumente länger gedauert als gedacht. Das bange Warten im Kontrollzentrum der Europäischen Raumfahrtagentur (Esa) in Darmstadt beschreibt der Missionsleiter Andrea Accomazzo in einem Videokanal als die „längste Stunde seines Lebens“. Die 1,3 Milliarden Euro teure Mission wäre verloren gewesen, wenn sich die Sonde nicht gemeldet hätte. Das Missionsteam hatte in den vergangenen 30 Monaten keinen Kontakt zu Rosetta.

Public Viewing im Raumfahrtzentrum der Uni Stuttgart

Im Kontrollzentrum und auch beim Public Viewing im Raumfahrtzentrum der Universität Stuttgart fallen sich die Wissenschaftler in die Arme. In den kommenden Monaten werden die Techniker der Esa nach und nach die Instrumente testen, bevor die Sonde im Sommer beginnt, den Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko zu umkreisen. Derzeit folgt sie ihm in einem Abstand von 8,6 Millionen Kilometern. Nachdem Rosetta den nur vier Kilometer großen Brocken aus Eis und Dreck kartiert hat, wird sie einen kleinen Landeroboter absetzen.

Das Gerät mit dem Namen Philae soll am 11. November um 11 Uhr zu seiner Mission starten. „Das muss sich ein Kölner ausgedacht haben“, sagte Berndt Feuerbacher kurz zuvor bei einem Vortrag im Stuttgarter Raumfahrtzentrum. Feuerbacher, der heute im Ruhestand ist, hat Entwicklung und Bau von Philae geleitet. Da sich Kometen seit der Geburt des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren kaum verändert haben, könnten Rosetta und Philae „Schlüsselinformationen zur Entstehung unseres Planetensystems, der Erde und des Lebens liefern“, wie er es ausdrückt.

Der Tiefschlaf war nötig, weil sich die Esa Anfang der 90er Jahre dagegen entschieden hatte, Rosetta mit einer radioaktiven Energiequelle auszustatten, wie es bei anderen Langzeitmissionen üblich ist. Solche Energiequellen sind ein Risiko beim Start und außerdem eine Belastung für die Instrumente an Bord. Stattdessen hat die Esa Solarzellen entwickeln lassen, die bei sehr tiefen Temperaturen funktionieren und mit besonders wenig Sonnenlicht auskommen. Aber auch sie liefern zu wenig Strom, wenn die Sonde wie zuletzt mehr als fünfmal so weit von der Sonne entfernt ist wie die Erde.

In den vergangenen Monaten hatte bloß eine Heizung den Treibstoff vor dem Einfrieren bewahrt, ansonsten trieb die Sonde ohne Steuerung durchs All. Am Montag um 11 Uhr mitteleuropäischer Zeit setzte jedoch ein interner Wecker die Sonde wieder in Gang. Als erstes wärmte Rosetta die Instrumente auf, mit denen sie die Sterne beobachtet und so ihre Position bestimmt. Anschließend stoppte sie ihre Rotation, die sie auf ihrem Flug stabilisieren sollte, richtete ihre Solarzellen zur Sonne und ihre Antenne zur Erde aus. Berndt Feuerbacher, der am Ebelu in Stuttgart sein Abitur abgelegt hat, bezeichnet den Tiefschlaf als einmalig in der Raumfahrtgeschichte. Das gelte auch für den Plan, einen Kometen bei seinem Flug um die Sonne herum zu begleiten und auf ihm zu landen: „Dagegen ist eine Marslandung ein Kinderspiel.“