Am Rems-Murr-Klinikum in Winnenden wird ein Systembau hochgezogen. Warum Klinik und Landratsamt den temporären Bau für nötig halten und was das Coronavirus damit zu tun hat, lesen Sie hier.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Winnenden - Noch sind nur pinke, fadenkreuzartige Markierungen auf dem Boden neben dem Rems-Murr-Klinikum in Winnenden zu sehen. Doch wenn es nach dem Landkreis und der Klinikleitung geht, soll dort so bald wie möglich eine Infektionsstation entstehen. Am Donnerstag wurde der Bauantrag für das Gebäude der Stadt Winnenden übergeben.

 

Bis zum Ende des Jahres soll die Station in Modulbauweise hochgezogen werden. Der Plan sieht bis zu 72 zusätzliche Betten vor – ein komplett vom normalen Klinikbetrieb abgetrennter Bereich. Nun hat es in den vergangenen sieben Tagen laut dem Landratsamt Rems-Murr im Kreis gerade einmal 18 neue Corona-Fälle gegeben. Der Landrat Richard Sigel betont: „Wir stehen nicht unmittelbar vor einer zweiten Welle, aber wir sind bisher immer gut damit gefahren, vorausschauend zu planen.“ Der Landkreis als Gesellschafter der Kliniken sei bereit, bis zu vier Millionen Euro in die neue Station zu investieren.

Patienten mit Corona, aber auch mit MRSA

Er verweist auf die Corona-Teststation, die zu Beginn der Infektionswelle in Schorndorf eingerichtet worden war, und den Vorstoß des Kreises, unabhängig von der Landeshilfe Schutzausrüstung für medizinisches Personal zu beschaffen. Auch hier war der Landkreis in Vorleistung gegangen. „Die Infektionsstation ist jetzt der letzte Baustein“, so Sigel. Durch die Nähe zur Notaufnahme könnte die Aufnahme neuer Patienten beschleunigt und der Weg zur Diagnostik verkürzt werden.

Der Geschäftsführer der Rems-Murr-Kliniken, Marc Nickel, betont, dass in der Station nicht nur Corona-Verdachtsfälle und -Infizierte, sondern auch Patienten mit anderen ansteckenden Krankheiten, etwa dem Krankenhauskeim MRSA, untergebracht werden können. Die Gefahr, dass Patienten mit anderen, ernsten Beschwerden die Klinik aus Angst vor Ansteckung meiden könnten, sinke. „Und damit haben wir jetzt auch die Kapazitäten, Patienten einer möglichen zweiten Welle behandeln zu können, ohne den Regelbetrieb einzuschränken.“

Im Herbst beginnt die Influenza-Welle

Nickel rechnet damit, dass gerade im Herbst und Winter wieder mehr Menschen in die Krankenhäuser strömen. Einerseits wegen Urlaubsrückkehrern, andererseits wegen des Beginns der jährlichen Influenzawelle. „Die Symptome werden sich mit denen von Covid-19 vermischen, da erwarten wir eine große Unsicherheit bei vielen Menschen“, sagt er. Die dann auflaufenden Verdachtsfälle könne die Klinik mit der neuen Station ebenfalls besser „abarbeiten“.

Mehr Betten sind die eine Sache – ihre Betreuung ist eine andere. Zusätzliche Krankenpfleger- oder Ärztestellen werden die Rems-Murr-Kliniken für die neue Station nicht schaffen. „Wir liegen aber momentan weit über dem Stellenplan“, sagt der Geschäftsführer Nickel.

Ein Erweiterungsbau wird den Systembau ablösen

Die Module der 17 auf 55 Meter großen, zweistöckigen Station sind nicht brandneu, sondern bereits gebraucht und wiederaufbereitet. Die Bauteile seien bereits im fränkischen Kulmbach im Einsatz gewesen, erklärt Nickel. Die zerlegte Station werde, wenn es soweit sei, innerhalb weniger Tage mit Schwertransporten angeliefert und schnellstmöglich aufgebaut. Sie wird nahe der Notaufnahme hochgezogen. In dem Zusammenhang verrät der Landrat Sigel, dass auch die Rettungswagenhalle zu Hochzeiten der Corona-Krise als potenzielle Station mit Betten im Gespräch war. Gebraucht wurde sie dann doch nicht.

Auch wenn die temporäre Infektionsstation, wie Nickel betont, in „hochwertiger Modulbauweise“ errichtet werde und innen wie außen von einem normalen Krankenhausgebäude nicht zu unterscheiden sei: Eine Lösung für die Ewigkeit ist sie dennoch nicht. Die Leitung der Rems-Murr-Kliniken hofft, in vielleicht fünf Jahren einen Erweiterungsbau der Klinik hochziehen zu können. Dort könnte ein Stockwerk als Infektionsstation vorgehalten werden. Dieser Ausbau, so Sigel, sei durch die temporäre Station jedoch nicht gefährdet.

Die Stadt plant eine Infoveranstaltung

Das Modulbauwerk könnte dann weichen – und die Halle, in der bislang die Rettungswagen halten und parken, wieder aufgebaut werden. Denn diese wird für das neue Gebäude teilweise abgebaut, ihre Teile werden bis zum Tag X, an dem sie wieder gebraucht werden, eingelagert. Nickel sagt, die Anfahrt der Rettungswagen sei trotzdem noch möglich.

Die Stadt Winnenden prüft den Antrag nun – so rasch wie möglich, sagt der Bürgermeister Norbert Sailer. Da damit zu rechnen ist, dass Anwohner hinsichtlich des Projekts Fragen haben, ist für den 26.  August eine Informationsveranstaltung in der Hermann-Schwab-Halle geplant. „Da es sich um einen einfachen Modulbau handelt, werden sich Baulärm und Schmutz in Grenzen setzen“, verspricht Sailer. Da die Interimsstation auch auf bestehenden Flächen der Klinik hochgezogen wird, wächst das Krankenhaus zumindest noch nicht in die Fläche.