Der Leiter des Stuttgarter Gesundheitsamts rechnet mit einem starken Anstieg der Infektionen durch die Omikron-Variante. Derzeit erlebe man die „Ruhe vor dem Sturm“. Die Impfquote ist in der Landeshauptstadt kaum gestiegen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Am Mittwoch machte die Sieben-Tage-Inzidenz in der Landeshauptstadt einen Sprung um 55 auf nunmehr 331 Infektionsfälle pro 100 000 Einwohner. Und der Leiter des städtischen Gesundheitsamts nimmt stark an, dass es weitere Zuwächse dieser Art in Stuttgart geben wird. „Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden wir bald vierstellige Inzidenzen haben“, sagt Stefan Ehehalt, „und ich gehe davon aus, dass sie auch so weitergehen wird“.

 

Der Amtsleiter glaubt, dass auch die aktuelle Inzidenz nicht ganz realistisch ist und etwas höher sein dürfte. Das schließt er unter anderem aus der Tatsache, dass die Positivrate bei den Schnelltests von 0,23 Prozent im Dezember auf 0,58 Prozent im Januar stark gestiegen ist. Auch in Stuttgart setze sich die Omikron-Variante des Coronavirus „in großen Schritten durch“, sagt Stefan Ehehalt. So haben die bisher sequenzierten Proben des Virus, das sind etwa zehn Prozent aller Fälle, zu 82,2 Prozent eine Infektion mit der Omikron-Variante ergeben. Angesichts der zu erwartenden Entwicklung sei er „angespannt und in Sorge“, sagt Ehehalt. Das Virus breite sich mit einer „bisher nicht gekannten Schnelligkeit“ aus.

Hospitalisierungsrate ist gesunken

Auch dass die Omikron-Variante eher weniger schwere Krankheitsverläufe verursache, findet der Leiter des Gesundheitsamts „nicht beruhigend“. Zwar sei die Hospitalisierungsrate von Corona-Infizierten, die ins Krankenhaus mussten, von 2,42 Prozent im Dezember, als noch die Delta-Variante dominierte, auf 1,45 Prozent gesunken. Aber wenn die Inzidenz so stark zulege wie befürchtet, „dann sind auch 1,45 Prozent viel“, so Ehehalt. Er rät den Menschen, „sich nicht darauf zu verlassen, dass Omikron weniger krank macht“, und erwartet, dass es in absehbarer Zeit zwar „zu keiner Überlastung, aber doch zu einer starken Belastung“ der Krankenhäuser in Stuttgart kommen wird.

Trotz dieser wenig beruhigenden Einschätzung sieht der Gesundheitsamtsleiter auch positive Entwicklungen in der Pandemie. Zwar stammt die jüngste Auswertung der Inzidenzen nach Altersgruppen noch aus der ersten Januarwoche, sodass die Zahlen für Kitakinder und Schüler, die Weihnachtsferien hatten, nicht mehr realistisch sein dürften, dennoch lässt sich an den Werten einiges ablesen. So lag Inzidenz bei den über 80-Jährigen bei nur 34 Fällen pro 100 000 Personen, die der 60- bis 79-Jährigen bei 48,3. „Diese relativ geringe Inzidenz ist bemerkenswert“, sagt Stefan Ehehalt.

Bisher 592 Todesfälle durch Corona

Die Älteren seien durch die Impfkampagne mit Booster, durch das Tragen von Masken und das Testen in den Heimen „deutlich besser geschützt“ als noch vor einem Jahr, als die Inzidenzen nur halb so hoch waren. Dennoch seien Inzidenz und Sterberate auch jetzt „nicht völlig entkoppelt“, betont der Amtsleiter. Wenn die Inzidenz in der fünften Coronawelle steigt wie befürchtet, werde auch die Zahl der Sterbefälle wieder etwas zunehmen (bisher sind es 592 Todesfälle, bei bisher 61 630 registrierten Infizierten). Eine Übersterblichkeit verzeichne man aber weiter nicht, sondern „eine gewisse Vorverlagerung“ des Sterbens um Wochen oder Monate, was vor allem ältere Menschen betrifft. Es gebe allerdings auch bei Jüngeren sehr schwere Verläufe, weiß Stefan Ehehalt, „auf geringem Niveau“.

Als wirksam haben sich die strengeren Coronamaßnahmen des Landes aber auch bei den Jüngeren erwiesen. So ist die Inzidenz bei den Drei- bis Fünfjährigen von Mitte Dezember bis Anfang Januar von 404,4 auf 126,7 Fälle gesunken, bei den Sechs- bis Neunjährigen von 752,6 auf 149,5 Fälle pro 100 000 Personen. In den Schulen gebe es derzeit nur „vereinzelt positive Schnelltests“, seit Montag seien sechs Kitagruppen wegen Omikron-Infektionen in Quarantäne.

Impfquote leicht auf 66,2 Prozent gestiegen

Kaum vorangekommen ist die Impfquote in Stuttgart, trotz der vielen Angebote und trotz der seit Wochen laufenden Kinderimpfungen. Mitte Dezember lag der Anteil der zweimal Geimpften bei 64,1 Prozent, jetzt sind es 66,2 Prozent. Die Drittimpfungen haben von 28,5 auf 38,6 Prozent zugenommen.

Der Gesundheitsamtsleiter setzt jetzt darauf, dass die Menschen weiter die „extrem wichtigen Basismaßnahmen“ gegen das Coronavirus beherzigen, „die das normal Leben auch nicht einschränken“. Weshalb er etwa die nun geltende Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken im Handel begrüßt. Man müsse das Virus aber auch im Privaten „weiter ernstnehmen, ohne in Angst zu verfallen“. Die aktuelle Lage beschreibt Stefan Ehehalt als „Ruhe vor dem Sturm“.