Ein Ditzinger Unternehmer wird wegen mehrerer Wirtschaftsstraftaten zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.

Ditzingen/Ludwigsburg - Was den 58-jährigen Unternehmer 2016 in eine Depression getrieben hat, weiß er bis heute nicht genau. Die Folgen waren allerdings verheerend: „Ich wollte keinen Kontakt mehr zu Menschen und habe jahrelang auf dem Sofa gelegen und an die Decke gestarrt“, erzählte der Ditzinger kürzlich vor dem Ludwigsburger Amtsgericht, wo er wegen zahlreicher Wirtschaftsstraftaten angeklagt war.

 

Zwei Jahrzehnte lang hatte der gelernte Werkzeugmacher und Maschinenbautechniker zusammen mit einem Freund eine Firma geführt, die Bauteile für CNC-Fräsmaschinen produziert hatte. 16 000 Euro betrug sein monatliches Bruttogehalt. Doch zwischen 2016 und 2019 entnahm der Ditzinger immer häufiger Gelder von Firmenkonten – unter anderem, um seine Schulden bei Online-Casinos zu begleichen. „Einmal waren es 30 000 Euro in drei Wochen“, gab eine Polizeibeamtin Einblick in die Dimensionen.

Ex-Frau und Sohn ziehen die Notbremse

Anfang September 2019 zogen der Co-Geschäftsführer, der Sohn des Angeklagten, der inzwischen als Nachfolger fungierte, und die Ex-Ehefrau des Angeklagten, die für die Buchhaltung zuständig war, die Notbremse: Sie räumten die Büroräume der Firma aus, setzten den Angeklagten als Geschäftsführer ab und entzogen ihm seine Gesellschafteranteile. Dagegen wehrte sich der 58-Jährige, unter anderem mit Klagen bei Gericht, und erstattete Anzeige bei der Polizei.

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Was diese dann ermittelte, führte zum Prozess vor dem Ludwigsburger Amtsgericht. Die Anklage lautete auf Untreue, Insolvenzverschleppung, vorsätzlichen Bankrott, Betrug sowie Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt.

70 000 Euro auf privates Konto überwiesen

So kam heraus, dass der Mann sich zwischen 2017 und 2019 fast 70 000 Euro an Firmengeldern auf sein Privatkonto überwiesen hatte. Zudem hatte er, nachdem er als Geschäftsführer abberufen worden war, bei einem Notar ein notarielles Schuldanerkenntnis gegen die Firma über 4,9 Millionen Euro erwirkt und die Vollstreckung veranlasst. Diese scheiterte letztlich an formalen Hürden, allerdings waren bis dahin Kosten von mehr als 100 000 Euro angefallen.

Laut der Anklage soll er zudem für die Firma keinen Insolvenzantrag gestellt haben, obwohl diese im Juli und August 2019 keine Gehälter mehr zahlen konnte. Und bei mehreren Krankenkassen waren Beitragsrückstände in Höhe von 30 000 Euro aufgelaufen. Ein Insolvenzverfahren wurde nur eröffnet, weil der Vorsitzende des Betriebsrates einen entsprechenden Antrag gestellt hatte.

Angeklagter wies sich in psychiatrische Klinik ein

Diese Vorwürfe räumte der 58-Jährige vor Gericht im Wesentlichen ein. „Ich war der Meinung, dazu berechtigt zu sein“, erklärte er. Das notarielle Schuldanerkenntnis habe er beantragt, da er einen Ausgleich für die hochwertigen 40 000 Kundendaten wollte, die er in die Firma eingebracht habe.

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In den Jahren auf dem Sofa habe er fast keine Post mehr geöffnet und 30 bis 35 Kilogramm zugenommen. „Die Abberufung als Geschäftsführer und die Scheidung von meiner Frau haben mich endgültig ins Nirwana katapultiert“, erklärte er drastisch. Erst Ende Oktober 2021 habe er sich in ein psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen. „Ich habe mir überlegt, ob ich das tue oder mich vor eine S-Bahn werfe“, sagte er.

Schließlich verurteilte das Amtsgericht den Ditzinger zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Zudem muss er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und sich um eine weitere Behandlung seiner Krankheit kümmern.