Brüssel - Die EU-Kommission will die Wegwerfkultur bekämpfen. Sie schlägt Vorschriften vor, damit weniger Müll entsteht, Produkte länger halten und einfacher instand gesetzt werden können. Derzeit produziert jeder Bürger der EU im Durchschnitt eine halbe Tonne Haushaltsabfälle im Jahr. Der Verpackungsmüll nimmt ebenfalls permanent zu. Je EU-Bürger fallen im Schnitt 173 Kilogramm Verpackungsmüll an. Schätzungen gehen davon aus, dass sich innerhalb der nächsten zwanzig Jahre ohne Gegenmaßnahmen die Plastikproduktion verdoppeln würde. Ein Fünftel der produzierten Nahrungsmittel wird EU-weit weggeworfen oder verdirbt. Gegen diese Trends will die EU-Kommission vorgehen. Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten müssen noch zustimmen.
Wie soll die Langlebigkeit gesteigert werden?
Die Kommission will konkrete Vorgaben zu den Produkten machen, die neu auf den Markt kommen. Das soll nach dem gleichen Mechanismus geschehen, der bereits seit Jahren für Stromfresser unter Elektrogeräten angewendet wird: Angefangen hat es mit dem Verbot der klassischen Glühbirne. Die Vorgaben zum Energieverbrauch wurden dann über die Jahre auf viele andere Produkte ausgeweitet. Im Fachjargon heißt es, dass Brüssel Vorgaben zum Ökodesign eines Produkts macht. Brüsseler Regeln zum Ökodesign sollen in Zukunft ergänzt werden um Vorgaben zur Haltbarkeit eines Produkts, Wiederverwendbarkeit, Aufrüstbarkeit sowie die Tauglichkeit, repariert zu werden. Dieser Ansatz basiert auf dem Gedanken, dass der Umwelteinfluss, den ein Produkt im Laufe des Lebenszyklus entwickelt, zu achtzig Prozent durch seine Konstruktion bestimmt wird.
Was bedeutet das Recht auf Reparatur?
Handys, Tablets und Laptops sind faktisch Wegwerfprodukte. Wenn sie technisch überholt oder kaputt sind, wandern sie in den Müll. Es soll Vorgaben geben, damit die mobilen Endgeräte künftig so konstruiert werden, dass sie reparierbar werden. Es soll ein Rücknahmesystem für Handys und Ladegeräte aufgebaut werden. Nutzer sollen zudem den verbrieften Anspruch gegenüber dem Hersteller bekommen, ein Software-Update zu erhalten. Derzeit werden schätzungsweise nur rund 40 Prozent der Handys und ähnlicher Geräte recycelt.
Was ist bei Textilien geplant?
Für die Produktion von Textilien werden besonders viele Rohstoffe und Wasser eingesetzt. Bei ihrer Produktion werden zudem viele Treibhausgase freigesetzt. Weltweit werden weniger als ein Prozent der Textilprodukte recycelt. Brüssel plant Vorgaben, damit Textilien wiederverwendbar werden. Zudem wird über ein Verbot nachgedacht, dass Internetversandhäuser Textilretouren vernichten. Mitgliedstaaten sollen bis 2025 verpflichtet werden, Sammelsysteme für Textilabfälle aufzubauen.
Wie soll der Verpackungsmüll reduziert werden?
Der Verpackungsmüll pro Kopf hat Rekordstände erreicht. Bis 2030 will die Kommission dafür sorgen, dass der gesamte Verpackungsmüll entweder wiederverwendbar oder wiederverwertbar ist. Der Trend zur Überverpackung soll durch Vorschriften der EU gestoppt werden. Es könnte dazu kommen, dass Brüssel bestimmte Verpackungsmaterialien für gewisse Produkte ganz verbietet, bei denen es Alternativen gibt oder die auch unverpackt in den Handel kommen können. Es könnten neue Regeln eingeführt werden für das Recycling von Altplastik zu sicheren Lebensmittelverpackungen. Außerdem soll dafür gesorgt werden, dass an öffentlichen Plätzen Leitungswasser verfügbar ist, um das Aufkommen von Einwegplastikflaschen einzudämmen.
Wie soll die Plastikflut eingedämmt werden?
Der Einsatz von recyceltem Plastik und nachhaltigem Plastik soll gesteigert werden. Dazu soll es in der Produktion von Verpackungs- und Baumaterialien sowie von Fahrzeugen Weisungen für den Einsatz von recyceltem Plastik sowie zur Abfallreduzierung geben. Außerdem soll das Aufkommen an Mikroplastik gezielt reduziert werden. Dazu sollen die Bereiche eingeschränkt werden, in denen absichtlich Mikroplastik zugesetzt wird. Dies soll nach Absprache mit der EU-Chemikalienagentur geschehen. Zudem sind Vorgaben geplant, die die unbeabsichtigte Freisetzung von Mikroplastik eindämmen sollen. Auch Maßnahmen zum Einsammeln von Mikroplastik sind in Planung. Plastik, das aus natürlichen Stoffen hergestellt wird, sowie kompostierbares Plastik sollen gefördert werden.
Was kommt auf die Baubranche zu?
Die Bauindustrie ist besonders müllintensiv. Sie steht für das Aufkommen von 35 Prozent des gesamten Mülls in der EU. Ein besserer Umgang mit den Ressourcen könnte den Ausstoß von Klimagasen in diesem Bereich um 80 Prozent senken. Die EU-Kommission will Vorgaben zum Einsatz von nachhaltigen Baustoffen sowie zur Abfallvermeidung beim Bau machen. Denkbar ist auch, für bestimmte Baumaterialien vorzugeben, dass sie zumindest in Teilen aus recycelten Materialien bestehen müssen.