Jagertee und Willy waren gestern, die Russen auf der Skipiste von Ischgl trinken Schampus und edle Weine! Hat unser Weinkolumnist Michael Weier beim Pistenspaß erlebt. Er selbst konzentrierte sich auf österreichische Weine – die er sich zuvor allerdings nach Deutschland hat schicken lassen.

Der Weinkolumnist gönnt sich ja selten etwas, zum Jahresbeginn war ich jedoch Ski fahren. Da fällt es wenigstens nicht schwer, nur in Länder zu gehen, in denen Wein angebaut wird. Im speziellen Fall war dies Österreich, die Tropfen unserer Nachbarn schmecken mir schon länger viel besser als die Kommentare der Ösis über die Piefkes. Aber was sich liebt, neckt sich eben.

 

Und ich liebe den österreichischen Wein. Auf den Hütten im Skigebiet gibt allerdings längst nicht nur Anton aus Tirol die Geschmacksrichtung vor. Das hat die zahlungskräftige Kundschaft übernommen, die immer öfter aus Russland stammt. Neben dem wunderbaren Schlumberger Sekt darf also der Champagner von Moët & Chandon (für ungefähr 65 Euro die Flasche, meine ich) in keinem Selbstbedienungsrestaurant fehlen. Auf Schweizer Seite hat meine Frau in einer Hütte (ebenfalls Selbstbedienung) sogar eine Kollektion von sechs verschiedenen Champagnern entdeckt. Ausnahmsweise lohnt sich in diesem Fall die Fahrt über die Grenze finanziell: Die Flasche Taittinger war für 50 Euro zu haben, was auf 2000 Höhenmetern ein Schnäppchen ist! Mangels adäquat trinkfester Begleitung ist meine Frau aber nicht in diesen Genuss gekommen, was sie mir noch immer vorwirft (weil ich fehlte).

In Ischgl erkennt der Weinliebhaber zudem, dass der russische Skifahrer ein Etikettentrinker ist. Zu den Spaghetti Bolognese gibt es eine kleine Flasche Tignanello für läppische 42 Euro, sofern ich mich richtig erinnere. Und den dicken Germknödel kann man mit einem Pinot Grigio von Silvio Jermann runterspülen, der mit 0,75 Liter für 32 Euro beinahe so billig wie der Champagner in der Schweiz ist. Auf Jermann hat mich mal Siegfried Keck gebracht, Altmeister der Stuttgarter Köche – ich bin ihm heute noch dankbar dafür! Aber das ist eine andere Geschichte.

Was ich sagen will: Die Zeiten von Bier und Williams vergehen, Genussskifahren setzt sich immer mehr durch. Der Wandel liegt vermutlich daran, dass der eigentliche Sport derart teuer geworden ist, dass sich die Menschen, die ihn ausüben, beim Essen und Trinken ebenfalls etwas Besseres leisten können. In Ischgl werden auf der Idalpe am Rand der Piste auch ein halbes Dutzend Austern zu 46 Euro serviert und in den Schaufenstern der edlen Weinbars Flaschen mit Ornellaia und Sassicaia ausgestellt. Vorsichtshalber habe ich nicht nach dem Preis gefragt, es wäre zu deprimierend gewesen.

Ich hingegen habe mich in Tirol selbst versorgt. Das hat auch seine Vorteile, man kauft selbst. Im Gastland, versteht sich, wer würde schon Eulen nach Athen oder Veltliner nach Österreich schleppen? Ich! Da ich für die Versorgung von vielen Menschen verantwortlich war, wollte ich auf der Fahrt ins Skigebiet einkaufen, das wurde aber ein logistisch derart komplizierter Vorgang, dass ich umgeplant habe.

Ich habe vor dem Urlaub einfach bei dem österreichischen Internethändler Wein & Co. aus dem Schlussverkauf ein paar Flaschen gekauft. Veltlinsky zum Beispiel. Oder GrüVe. Ordentliche Weine. Vom Mayer aus Wien sogar einen prima gemischten Satz, diese Spezialität der Wiener. Dazu noch diverse Proben von Blaufränkischem. Die Kartons wurden korrekt nach Stuttgart geliefert (wegen der Umweltbelastung schäme ich mich, das gebe ich zu), dann auf fünf verschiedene Fahrzeuge verteilt und wieder nach Tirol transportiert. Meine Mitreisenden fanden die Idee während des Urlaubs übrigens ganz gut. Und wir haben nur eine einzige Flasche wieder zurück nach Deutschland gefahren – als Souvenir.

Tipp der Woche:

Ein Experte: Josef Kern, österreichischer Chef von Kern’s Pastetchen, der Weine aus seiner Heimat im eigenen Shop verkauft.

Johann und Christine Bäuerl, Grüner Veltliner Federspiel trocken, 9,50 Euro.