Um auch im Winter Besucher anzulocken, setzt der Europa-Park bei Rust ganz auf Weihnachtsstimmung. Manche Hartgesottenen fahren aber auch Achterbahn – man muss es wollen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Was ein echter Schweizer ist, der schreckt auch an diesem kühlen Novembertag vor ein paar Wasserspritzern nicht zurück. Klaus Achermann, aus dem Urkanton Nidwalden, ist so etwas wie ein Dauergast im Europa-Park. Alle zwei Monate schaue er mit der Familie vorbei – wegen des guten Essens in den Hotels, wie er sagt. Und natürlich ist er auch diesmal in die Wildwasserbahn gestiegen. „Das ist sehr cool“, sagt der 40-Jährige. Ja, und kalt war es auch, „aber man kann sich ja trocknen“. Föhnkabinen stehen bereit, um hinterher nicht einzufrieren.

 

Wie kam es zur Winteröffnung?

Seit 21 Jahren öffnet Deutschlands größer Freizeitpark auch zur Winterzeit. „Das hat damals Mut bedurft“, sagt der Chef des Ruster Familienunternehmens, Roland Mack. Ein Freizeitpark im Winter, wer will das eigentlich, hieß es damals in der Branche. Doch das Angebot hat sich etabliert. Heute sind es selten weniger als 10 000 Menschen, die in den Europa-Park kommen. In den Weihnachtsferien steigt die Besucherzahl an guten Tagen auf mehr als 30 000 Besucher, das sind fast so viele wie in der Hochsaison im Sommer. Viele verbinden den Besuch mit einer Nacht im Hotel. Die 5800 Betten in den parkeigenen Beherbergungsbetrieben seien bis zum Ende der Wintersaison am 10. Januar bereits annähernd ausgebucht. Erst dann geht der Park in den Stand-by-Betrieb. Die Sommersaison beginnt traditionell eine Woche vor Ostern.

Was erwartet die Besucher?

„Wir haben aus unserem Produkt gelernt“, sagt Mack. Denn natürlich sind die Wünsche der Besucher im Winter völlig andere als im Sommer. „Für uns ist das heute ein komplett anderes Produkt“, sagt Volker Klaiber vom Bereich Operation und Service der Geschäftsleitung. Die vergangenen Tage waren deshalb von einer umfangreichen Neudekorierung geprägt. Rund 1000 Mitarbeiter und externe Kräfte waren im Einsatz, um den Europa-Park auf Winter- und Weihnachtsstimmung zu trimmen. 3000 Weihnachtsbäume wurden aufgestellt, 10 000 Christbaumkugeln aufgestellt, Feuerstellen eingerichtet und die Fassaden winterlich geschmückt. Auch die Europapark-typische Musik hat zu weihnachtlichen Klängen gewechselt.

Fahren die Achterbahnen?

Mira, 31, und Simon, 27, aus Basel schätzen am Winter vor allem die kurzen Schlangen. „Man kann bei Silver Star in der ersten Reihe sitzen, ohne lange anzustehen“, sagt Mira. Wenn man durch das Anstehlabyrinth einfach so durchlaufe, erzeuge dies ein richtiges Hochgefühl. Für Achterbahnfans ist der Geschwindigkeitsrausch auch im Winter garantiert. Fast alle Bahnen seien im Betrieb, sagt Klaiber – sofern sie nicht vereist sind. Eine prominente Ausnahme ist das Fjord Rafting im norwegischen Themenbereich. „Das wäre einfach zu nass“, sagt Klaiber. Dort, auf dem skandinavischen See, wurde stattdessen eine große Eisfläche zum Schlittschuhlaufen installiert. An einem Schneehügel können Kinder Skikurse belegen und Schlitten fahren.

Welche speziellen Attraktionen gibt es?

Auch dies war schnell klar. „Im Winter brauchen wir mehr Indoor-Attraktionen“, sagt Roland Mack. Es gibt ein Märchendorf, eine Eisrevue, ein Wasserfeuerwerk und ein ganzes Zirkusprogramm. Eine Ausstellung mit Scherenschnitten des Märchenautors Hans Christian Andersen wurde gerade eröffnet. Im portugiesischen Themenbereich wurde außerdem ein Riesenrad aufgestellt, das im Sommer wieder verschwindet.

Was macht den besonderen Winterflair aus?

Vor allem abends hat man von dort oben einen schönen Blick auf das üppige Lichtermeer des Parks, der wegen der besonderen Stimmung im Dunkeln morgens erst um 11 Uhr öffnet, dafür abends mindestens bis 19 Uhr aufbleibt. Bei der Beleuchtung will Roland Mack trotz Energiekrise auch keine Abstriche machen. „Ohne diese Beleuchtung würde die Weihnachtsöffnung nicht funktionieren.“ Immerhin habe man sämtliche Leuchtmittel ausgetauscht. „Wenn wir das Licht an allen Christbäumen ausschalten, würde der Verbrauch gerade mal um 50 Kilowatt nach unten gehen“, sagt Mack. Das entspricht 60 modernen Staubsaugern.

Was ist besser: Sommer oder Winter?

Jonas, 20, und Simon, 19, aus Karlsruhe kommen gerade aus dem „Fluch der Kassandra“ zum Aufwärmen, denn auch das ist innen. Trotzdem frieren sie. „Achterbahnfahren ist jetzt viel zu kalt“, sagen sie. Und auch darin sind sie sich einig: Der Winter im Europa-Park ist schön – aber der Sommer ist viel besser.

Sind die Tickets im Winter günstiger?

Bei den Eintrittspreisen gilt: Es ist wie im Sommer. Besonders nachgefragte Tage kosten mehr als andere. Immerhin ist die Chance auf den günstigsten Tarif größer: Er liegt für Erwachsene bei 55 Euro. Zudem gibt es eine günstigere Abendkarte.

Und was sagt die Konkurrenz?

Im Erlebnispark Tripsdrill bei Cleebronn (Kreis Heilbronn) ist eine Winteröffnung hingegen bislang kein Thema. „Bei uns befindet sich das Angebot fast ausschließlich unter freiem Himmel“, sagt der Sprecher Birger Meierjohann. Deshalb würde eine Winteröffnung wohl nur an wenigen Tagen gut funktionieren. „Wir müssten aber immer das volle Personal bereitstellen.“ Der Europa-Park fährt seinen Park im Winter mit annähernd der gleichen Personalstärke wie im Sommer. Zudem, so Meierjohann, müsste der komplette Betriebsablauf geändert werden. „Im Winter werden die Bahnen gewartet, teilweise in Einzelteile zerlegt und Verschleißteile ausgetauscht.“ Gerade für die Techniker gebe es dann viel zu tun. Weihnachtsstimmung gibt es dafür im angeschlossenen Wildtierpark, der seit einigen Jahren auch im Winter täglich geöffnet ist. Von Ende November bis Ende Januar verwandelt er sich in einen „Winterwunderwald“ mit Lagerfeuern und Stockbrot. „Die Nachfrage ist da“, sagt Meierjohann. Der Erlebnispark öffnet dann wieder im April.