Das Stadtmuseum Esslingen präsentiert mit „O Tannenbaum“ filigranen Christbaumschmuck aus früheren Zeiten.

Pausbäckig schwebt der kleine Wachsengel vom Vitrinen-Himmel, ein Krönchen im rotblonden Lockenhaar. Andächtig schaut er auf die weihnachtliche Entourage, die sich unter ihm tummelt: ein Schwebeengel mit Lametta, ein winziges Krippen-Jesulein in der Walnussschale aus den 1970er Jahren und ein 120 Jahre altes Jesuskind in der Pappmaschee-Krippe.

 

In vier Vitrinen und hinter zwei Glaswänden präsentiert das Esslinger Stadtmuseum im Gelben Haus insgesamt 153 außergewöhnliche Exponate der Remshaldener Sammlerin Katharina Bauer-Dürr unter dem Titel „O Tannenbaum“. Was zwischen 1850 und 1970 an den Christbaum gehängt wurde, das sind heute wertvolle historische Schätze, wie das filigrane Sebnitzer Stanniolkörbchen. Aus Glas, Draht und gefärbtem Gras wurde das Kästchen mit Oblaten-Engel vor 150 Jahren sorgfältig in Handarbeit hergestellt.

Christbaumketten aus Lauscha

Die Springerlemodeln aus der Mitte des 19. Jahrhunderts sind eine Rarität, ebenso wie die mundgeblasenen Christbaumketten aus Lauscha in Thüringen, durch die sich der Spruch, behängt wie ein Christbaum, erschließt. Die kunstvoll verspiegelten und mit Gelatinefarbe dekorierten Glasketten würden sich auch als Halsschmuck gut machen.

Die wunderbar nostalgische Kabinettausstellung ist nach verschiedenen Techniken und Materialien aufgeteilt und zwar in die Bereiche Papier, Holz, Glas, Wachs und essbarer Weihnachtsschmuck. Neben prachtvollen Reflexkugeln aus Lauscha wird weihnachtliche Glaskunst aus Gablonz im heutigen Tschechien gezeigt. Filigrane Fahrräder, Windmühlen und Schubkarren sind aus winzigen Perlensträngen mit feinem Draht zu kunstvollem Christbaumschmuck verbunden. Essbare Weihnachtsbaum-Deko fertigte man um Mitte des 19. Jahrhunderts mit handgeschnitzten Springerlemodeln aus Birnbaum-Holz. Ausstecherle in Form eines Eisernen Kreuzes aus Weißblech spiegelt den Zeitgeist zwischen 1914 und 1918. In der Zeit des Ersten Weltkriegs wurde der Tannenbaum zum Symbolträger nationaler Begeisterung, indem man kleine, bemalte Kanonen aus gedrechseltem Holz an die Zweige hängte, aber auch technische Errungenschaften in Form von Dampfschiffen und Zeppeline.

Der Baum im Gelben Haus trägt weiß

Eine treue Stütze des Tannenbaums in der Biedermeierzeit war das „Paradiesgärtlein“. Der Name verweist auf die ursprüngliche Bedeutung des Weihnachtsbaumes als „Baum der Erkenntnis“ und sollte an den Sündenfall am 24. Dezember erinnern, dem Namenstag von Adam und Eva. Der augenfällige Christbaumständer ist als umzäuntes Gärtlein gestaltet mit Krippenfiguren und Tieren auf Heu.

Damals wie heute ist Weihnachtsschmuck der Mode unterworfen. Nach dem Motto: „Weniger war mehr“, wurden im Jugendstil als Reaktion auf den überladenen Weihnachtsbaum im Historismus ausschließlich silberne Kugeln, weiße Kerzen und Lametta dekoriert und sollten so an einen verschneiten Baum im Winter erinnern. Der Baum im Gelben Haus trägt weiß. Er ist zwar nur aufgemalt, zeigt die schlichte Idee mit realem Schmuck aber deutlich.

Leihgeberin Katharina Bauer-Dürr ist nicht nur eine leidenschaftliche Sammlerin, sie hängt an den bilderbuschschönen Exponaten, die teilweise aus Familienbesitz stammen und sie hängt sie vor allem auch auf. Deshalb müssen sich Interessierte sputen. „O Tannenbaum“ ist bis Sonntag, 18. Dezember, öffentlich zu sehen. Danach nur noch privat im Wohnzimmer von Katharina Bauer-Dürr.

Kabinettausstellung im Gelben Haus

Weihnachtliches Basteln
Ein stimmiges Begleitprogramm fordert die Besucherinnen und Besucher zum Mitmachen auf. Am Donnerstag, 15. Dezember, um 15 Uhr findet eine Bastelaktion statt, die mit einer Kurzeinführung startet und 90 Minuten dauert. Die Kosten belaufen sich auf einen Euro für das Material, das benötigt wird, um Faltkörbchen herzustellen. Anmeldung unter Telefon 07 11/35 12-32 40 oder per E-Mail an museen@esslingen.de.

Andere Zeiten
Seit Anfang des 19. Jahrhunderts diente Christbaumschmuck der bürgerlichen Selbstdarstellung. Damit wird er zu einer interessanten kulturhistorischen Quelle, in der sich der jeweilige Zeitgeist spiegelt. Die ersten Weihnachtsbäume waren noch nicht mit Kerzen bestückt. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Weihnachtsbaum zum Lichterbaum und Mittelpunkt des Festes der großen Bescherung der bürgerlichen und adligen Gesellschaft.