Wegen der Energiekrise hat der Gewerbeverein Birkach aktiv beschlossen, dass es in diesem Jahr keine Weihnachtsbeleuchtung im Stadtteil geben soll. Doch der Widerstand ist groß.
Schneeflöckchen, Weißröckchen, wann kommst du geschneit? Über diese Frage hat sich in Birkach ein handfester Streit entwickelt, der die Gewerbetreibenden im Stadtbezirk zu entzweien droht.
Zwar geht es dabei nicht um die weiße Pracht, die vom Himmel fällt, sehr wohl aber um jene leuchtenden Schneeflocken, die Jahr für Jahr im Advent die Birkhecken- und Welfenstraße in weihnachtlichen Glanz hüllen. Kürzlich hatte der Gewerbeverein Birkach aktiv angekündigt, wegen der Energiekrise in diesem Jahr auf die feierliche Straßenbeleuchtung zu verzichten. Die Entscheidung hat in Birkach nun massiven Unmut ausgelöst.
Im Hintergrund hat es heftig gegärt
Kurz und knapp hatte Birkachs Bezirksvorsteherin Andrea Lindel in der jüngsten Beiratssitzung über die Entscheidung des Gewerbevereins informiert. Spontane Wortmeldungen dazu: keine. Doch im Hintergrund muss es seitdem heftig gegärt haben. Zuerst hatte sich der ehemalige Vorsitzende des Bürger- und Kulturvereins Birkach, Günter Seyfferth, an den Vorsitzenden des Gewerbevereins, Kurt Lunke, gewandt. Seine Forderung: Die Entscheidung müsse rückgängig gemacht werden. In Zeiten, die Menschen mit Sorgen erfüllen, so Seyfferth, seien „Zeichen und Symbole wichtig, die Mut machen und für frohe Stimmung sorgen“.
Er rechnet vor, dass die LED-Lichterketten, die üblicherweise im Advent über der Birkacher Einkaufsstraße sowie an einigen Laternenmasten hängen, keine nennenswerte Menge an Strom verbrauchen. Seyfferth vergleicht den Gesamtverbrauch der Beleuchtung mit der eines Zwei-Personen-Haushalts in einer Woche. Die Entscheidung sei daher „eher symbolisch“. Was Seyfferth ärgert: Die Schneeflocken waren einst für rund 18 000 Euro mit Hilfe von Spenden und Zuschüssen aus dem Bezirksbeirat angeschafft worden und zwar in der Erwartung, dass diese auch jedes Jahr aufgehängt werden.
Wieso sollte ausgerechnet Birkach verzichten?
Eine leidenschaftliche Mitstreiterin findet Seyfferth in der Bezirksbeirätin Anna Ventouri (Freie Wähler), die einst selbst Vorsitzende bei Birkach aktiv war, inzwischen aber ausgetreten ist. „Die Weihnachtsbeleuchtung war ursprünglich mein Baby“, betont Ventouri, die 2017 federführend bei der Anschaffung der Lichterketten war. Sie weist darauf hin, dass die benachbarten Bezirke Sillenbuch und Degerloch auch in diesem Jahr auf die weihnachtliche Beleuchtung nicht verzichten. Wieso also Birkach?
Auf Nachfrage verteidigt Lunke seine Haltung: „Der Strom wird derzeit woanders dingender benötigt“, sagt der Fliesenlegermeister. Im Vorstand sei die Entscheidung zum Verzicht einstimmig ausgefallen. Auch mit den Firmen sei Kontakt aufgenommen worden.
Letzteres bezweifelt Ventouri entschieden. Sie hat kurz entschlossen unter den Mitgliedern des Gewerbevereins eine Unterschriftensammlung durchgeführt, mit der sie belegen will, dass eine Mehrheit der Vereinsmitglieder die Entscheidung ablehnt. Das Ergebnis, so Ventouri: 24 Mitglieder von Birkach aktiv sprechen sich für die Weihnachtsbeleuchtung aus. „Das sind mehr als die Hälfte.“ Die Bezirksbeirätin weiß zudem, dass der Verein über finanzielle Mittel für das Aufhängen der Beleuchtung verfügt. Laufende Kosten entstehen vor allem, weil die Lichterketten über der Straße von der EnBW installiert werden müssen.
Birkach aktiv will mit dem Verzicht ein Zeichen setzen
Auch der Birkacher Bezirksbeirat Jürgen Holzwarth (CDU) zeigt wenig Verständnis für die Entscheidung von Birkach aktiv. „Wir sind bei einer so hohen Investition des Bezirks davon ausgegangen, dass Birkach aktiv alles tun wird, die Beleuchtung jedes Jahr zu installieren“, sagt Holzwarth. Der Stromverbrauch könne bei LED-Leuchten nicht als Grund angeführt werden.
Überraschenderweise finden sich sogar bei den Grünen Fürsprecher für die elektrischen Schneeflocken: Alexander Fischer erklärt, man solle die Kirche im Dorf lassen: „Ich habe Birkach aktiv angesprochen und nach einer einvernehmlichen Lösung gefragt.“ Auf diese E-Mail habe er bis heute keine Antwort erhalten. „Das ist nicht nachvollziehbar“, sagt Fischer. Bei der Bezirksbeirätin Brigitta Haak von der FDP schlagen „zwei Herzen in der Brust“. Sie könne das Argument Energiesparen zwar verstehen. Doch eigentlich hält sie die Beleuchtung „für vertretbar“.
Lunke betont, dass Birkach aktiv mit dem Verzicht schlichtweg „ein Zeichen setzen will“. Im Gewerbeverein werde derzeit darüber hinaus diskutiert, mit Spenden Menschen zu unterstützen, die durch die hohen Stromkosten in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Der Verein sei dazu auch im Gespräch mit der Bezirksvorsteherin Lindel.