Die Stimmung der Händlerinnen und Händler im Südwesten für das Weihnachtsgeschäft ist bescheiden – dennoch sollen die Erlöse steigen. Was steckt dahinter?
Zumindest für den Modehandel meinte es das Wetter gut. Der November war lange nasskalt und ließ die Kundinnen und Kunden schon früh zu Pullovern, Stiefeln und Mänteln greifen, so auch im Tübinger Modehaus Zinser. Wie kaum ein anderer Handelszweig hängt der Textilhandel von der Witterung ab – dabei wirkt sich diese im umsatzstarken Weihnachtsgeschäft besonders stark auf die Erlöse aus. „Momentan sind wir mit unserem Geschäft zufrieden“, sagt Zinser-Geschäftsführer Christian Klemp. „Im vergangenen Jahr hatten wir ja bis Ende Oktober noch sommerliche Temperaturen.“
Die Konsumlaune war schon einmal besser
Wenn Ende November mit der Rabattwoche rund um den Black Friday und der Eröffnung der Weihnachtsmärkte das Weihnachtsgeschäft in seine Hochphase kommt, spielt neben dem Wetter auch die Konsumlaune der Verbraucherinnen und Verbraucher eine entscheidende Rolle. Und die ist derzeit wegen der Kriege in der Ukraine und Israel, der politischen Hängepartie in Berlin sowie den Abbau-Programmen in der Automobilindustrie bescheiden – trotz niedrigerer Inflation.
All das spiegelt sich auch in der Umfrage wider, die der Handelsverband Baden-Württemberg jährlich zum Weihnachtsgeschäft erstellt: In der dritten Novemberwoche gab ein knappes Drittel der befragten Händler an, dass die Stimmung ihrer Kunden schlecht bis sehr schlecht sei, nur rund jeder Fünfte bezeichnete sie als gut bis sehr gut. Ähnlich fallen auch die Erwartungen zum Weihnachtsgeschäft aus: Mehr Händler rechnen im Vorjahresvergleich mit geringeren Umsätzen.
Dennoch prognostiziert der Handelsverband zur Präsentation der Umfrage am Montag ein leichtes Wachstum von 1,3 Prozent im Vorjahresvergleich. 16,1 Milliarden Euro solle das Weihnachtsgeschäft einbringen, sagt Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann. Man habe genauere Zahlen des Handelsverbands Deutschland (HDE) auf Baden-Württemberg heruntergerechnet. Ganz scheint Hagmann den Aussagen der Händlerinnen und Händler im Land nicht zu trauen. „Bei den Schwaben ist es so, dass sie zurückhaltender prognostizieren, und wenn es nachher besser kommt, ist es gut.“
Das Kaufverhalten hat sich verändert
Andererseits gaben die Südwest-Händler laut Umfrage auch an, dass sich das Kaufverhalten verändert. Rund vier von zehn sagen, dass die Kunden günstigere Produkte kauften, nur jeder achte greife dagegen zu hochwertigeren Waren. Mehr als die Hälfte gab an, dass weniger eingekauft werde.
Es ist ein Trend, der auch Zinser-Geschäftsführer Klemp beunruhigt: Verkaufte sich die Mode in den Jahren vor Corona in dem einen Monat nicht gut, zogen die Geschäfte im Monat darauf meist wieder an, sagt er. „Das hat sich geändert. Wenn das Geld wahrscheinlich an anderer Stelle ausgegeben wurde, kauft man nichts nach. Das ist eine branchenweite Entwicklung.“
Aber es gebe auch Stabilität – so bleibe Kleidung ein Klassiker bei den Einkäufen. „Als Weihnachtsgeschenk – oder um selbst gut auszusehen und sich etwas Gutes zu gönnen“, meint Klemp. In der Damenmode sei der Leo-Look, den viele noch aus den 1980er Jahren kennen, als Muster angesagt – ob auf Taschen, Hosen oder der Unterwäsche.
Am beliebtesten sind laut einer HDE-Umfrage Geschenkgutscheine und Spielwaren, gefolgt von Kosmetik, Büchern und eben Bekleidung. Deutlich weniger häufig werden hochwertige Lebensmittel, Konzert- und Theaterkarten, Uhren und Schmuck und Haushaltswaren verschenkt. 297 Euro im Schnitt planen die Bürgerinnen und Bürger für Geschenke im Bundesschnitt ein. Das sind zwei Euro mehr als im Vorjahr – obwohl im Vorjahresvergleich mehr von sich sagen, weniger Geld für Geschenke auszugeben.
Die Schere zwischen Arm und Reich geht auch bei den Geschenken auf
Daraus lässt sich ablesen, dass ein Umfrageschnitt immer weniger über die individuelle Konsumlaune und das Kaufverhalten aussagt: Wer es sich leisten kann, gibt mehr für Geschenke aus. Andere dagegen müssen sparen.
Die zunehmende Spaltung scheint auch für die baden-württembergischen Händler zu gelten. Manche verdienen mehr als in den Vorjahren, während andere um die Zukunft ihres Ladens kämpfen. Es gebe im Südwesten auch große Unterschiede zwischen den Städten, wie das Weihnachtsgeschäft laufe, meint Hermann Hutter, Präsident des Handelsverbands im Land. Eins aber gelte immer: Ein schöner Weihnachtsmarkt helle überall die Konsumlaune auf.